Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Mehrere Angelegenheiten
Rz. 247
Richtet sich die Vollstreckung gegen mehrere (Gesamt-)Schuldner, so stellt nach h.M. die Vollstreckung gegen jeden einzelnen Schuldner grundsätzlich (zu einer Ausnahme siehe Rdn 249) eine eigene Angelegenheit dar, und zwar auch dann, wenn nur ein einziger Vollstreckungsantrag gestellt wird und nur ein Vollstreckungstitel vorliegt. Das gilt auch bei der Abnahme der Vermögensauskunft.
Rz. 248
Dieser Auffassung ist zu folgen, weil es sich bei den Schuldnern nicht um Streitgenossen handelt und jeder einzelne von ihnen in einem gesonderten Vollstreckungsrechtsverhältnis zum Gläubiger steht. Der Gläubiger ist grundsätzlich auch nicht verpflichtet, zunächst die Vollstreckung nur gegen einen der Schuldner durchzuführen. Die Möglichkeit der Fruchtlosigkeit dieser Vollstreckung und die stets gegebene Gefahr, dass bei der späteren Vollstreckung gegen den anderen Schuldner kein pfändbares Vermögen mehr vorhanden ist, dieser in Insolvenz gefallen ist oder ein anderer Gläubiger ein vorrangiges Pfändungspfandrecht erworben hat, stehen dem entgegen.
Rz. 249
Etwas anderes ergibt sich nur dann, wenn der Gläubiger im konkreten Fall weiß, dass die Vollstreckung bei dem einen Schuldner zur vollen Befriedigung führen wird, oder umgekehrt von vornherein feststeht, dass bei diesem Schuldner die Vollstreckung fruchtlos verlaufen wird. Solche Fälle sind aber mehr aus dem Lehrbuch als aus der Praxis. Erteilt der Gläubiger in den zuletzt genannten Fällen trotz Aufklärung durch den Rechtsanwalt diesem gleichwohl den Vollstreckungsauftrag, gegen alle Schuldner gleichzeitig tätig zu werden, erhält der Anwalt die Gebühren nach VV 3309, 3310 mehrfach. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Gläubiger solche Kosten vom Schuldner erstattet verlangen kann. Das wird man allerdings verneinen müssen, weil es sich um nicht notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung handelt (§ 788 ZPO).
b) Unterlassungsansprüche
Rz. 250
Eine Ausnahme wird gemacht bei Unterlassungsansprüchen, wenn die Zuwiderhandlung nur von allen Schuldnern gemeinsam und zugleich begangen werden kann, somit auch nur alle zusammen die Unterlassung schulden.
c) Zahlungsaufforderungen mit Vollstreckungsandrohungen/Räumung
Rz. 251
Mehrere Angelegenheiten liegen wiederum vor, wenn der Anwalt, statt einen Vollstreckungsauftrag gegen mehrere Schuldner zu erteilen, mehreren Schuldnern Zahlungsaufforderungen mit Androhung der Zwangsvollstreckung übersendet, allerdings nur dann, wenn die Voraussetzungen der Entstehung einer Gebühr nach VV 3309 insoweit überhaupt vorliegen (vgl. Rdn 455 ff.).
d) Räumung
Rz. 252
Nach richtiger Auffassung ergibt sich bei der Vollstreckung eines Räumungstitels gegen mehrere Schuldner (auch Eheleute) nichts anderes. Die Argumente der abweichenden Auffassung, es handele sich doch nur um ein einziges Vollstreckungsobjekt und eine einheitliche Amtshandlung des Gerichtsvollziehers, überzeugen nicht. Die Tatsache, dass trotz eines einheitlichen Auftrags und nur eines Vollstreckungsobjektes mehrere Vollstreckungsrechtsverhältnisse entstehen, wird dabei völlig außen vor gelassen. So stünde jedem der Schuldner ein Schadensersatzanspruch gegen den Gläubiger gemäß § 717 Abs. 2 ZPO zu. Zudem kann die Räumungsvollstreckung gegen den einzelnen Schuldner höchst unterschiedlich verlaufen: Es könnte beispielsweise einer von drei Schuldnern – alle Mit-Mieter einer Wohnungsgemeinschaft – nach Bekanntgabe des Räumungstermins noch freiwillig räumen, der andere müsste unter Zuhilfenahme der Polizei geräumt werden, während der Dritte schließlich einen Aufschub des Gerichtsvollziehers gemäß § 765a Abs. 2 ZPO erreichen könnte.