Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Anlass für ein Verteilungsverfahren
Rz. 379
Das Verteilungsverfahren findet Anwendung in den Fällen der §§ 827 Abs. 2, 853, 854, 858 Abs. 5 ZPO. Ihnen liegt stets die gleiche Sachlage zugrunde: Mehrere Gläubiger haben einen Gegenstand pfänden lassen, der zur Befriedigung aller nicht ausreicht. Ist mindestens einer der Gläubiger mit der Auskehr des Erlöses nach der Rangfolge des § 804 ZPO nicht einverstanden, hat der Gerichtsvollzieher den Erlös beim Amtsgericht unter Anzeige des Sachverhaltes zu hinterlegen.
Rz. 380
Damit der Drittschuldner bei der Pfändung derselben Forderung durch mehrere Gläubiger nicht das Risiko eingehen muss, an den falschen zu leisten, gibt das Gesetz ihm die Möglichkeit, den Schuldbetrag unter Anzeige der Sachlage beim Amtsgericht zu hinterlegen; auf Verlangen eines Gläubigers, dem der gepfändete Anspruch überwiesen worden ist, ist er dazu auch verpflichtet. Eine entsprechende Situation kann sich bei der Pfändung eines Schiffsparts ergeben.
b) Verfahren beim Amtsgericht
Rz. 381
Das Amtsgericht muss in all diesen Fällen sodann von Amts wegen ein Verteilungsverfahren gemäß §§ 872 ff. ZPO durchführen. Es hat nach Eingang der Anzeige über die Sachlage an jeden der beteiligten Gläubiger die Aufforderung zu erlassen, binnen zwei Wochen eine Berechnung der Forderung an Kapital, Zinsen, Kosten und sonstigen Nebenforderungen einzureichen. Nach Ablauf der Frist fertigt das Amtsgericht einen Teilungsplan und bestimmt Termin zur Ausführung der Verteilung. Soweit im Termin kein Widerspruch erhoben wird, ist der Verteilungsplan auszuführen.
Rz. 382
Wird von einem Gläubiger Widerspruch erhoben, der nicht von allen anderen anerkannt wird, muss dieser Gläubiger binnen eines Monats Klage erheben, ansonsten wird das Verfahren auch hinsichtlich des streitigen Teils fortgesetzt. Aufgrund des erlassenen Urteils wird die Auszahlung oder das anderweitige Verteilungsverfahren von dem Verteilungsgericht angeordnet.
c) Gebühren
Rz. 383
Für die Tätigkeit im Verteilungsverfahren erhält der Rechtsanwalt die Verfahrensgebühr VV 3309 und für die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin im Verteilungsverfahren die Terminsgebühr nach VV 3310. Teilweise wird allerdings die Auffassung vertreten, das Verteilungsverfahren gemäß §§ 872 ff. ZPO falle nicht unter VV 3309, 3310, sondern unter VV 3333. Dafür könnte sprechen, dass nach VV Vorb. 3.3.3 die Bestimmung der VV 3309 nur gilt, "soweit nachfolgend keine besonderen Gebühren bestimmt sind" und VV 3333 generell das Verteilungsverfahren außerhalb der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung betrifft.
Rz. 384
In der Gesetzesbegründung zu VV 3333 wird jedoch nur auf § 71 BRAGO Bezug genommen, während das Verteilungsverfahren gemäß §§ 872 ff. ZPO in § 60 BRAGO geregelt war. Zudem verweist die Anm. S. 1 zu VV 3333 hinsichtlich des Gegenstandswertes auf § 26, während der Gegenstandswert für das Verteilungsverfahren gemäß §§ 872 ff. ausdrücklich in § 25 geregelt ist. Das spricht für die Anwendung der VV 3309 und 3310, zumal es nach der Anm. 2 zu VV 3333 dort keine Terminsgebühr gäbe.
d) Gegenstandswert
Rz. 385
Der Gegenstandswert für die Tätigkeit im Verteilungsverfahren gemäß §§ 858 Abs. 5, 872 bis 877, 882 ZPO ergibt sich aus § 25 Nr. 1, 4. Hs. Auf die Erläuterungen zu § 25 wird verwiesen (siehe § 25 Rdn 56 ff.).
e) Angelegenheit
aa) Verteilungsverfahren und übrige Zwangsvollstreckung
Rz. 386
Das Verteilungsverfahren nach §§ 858 Abs. 5, 872 bis 877 und 882 ZPO bildet nach § 18 Abs. 1 Nr. 10 eine besondere Angelegenheit in der Zwangsvollstreckung. Die Gebühren VV 3309, 3310 entstehen daher gesondert. Auf andere als die angeführten Verteilungsverfahren, z.B. im Zwangsversteigerungs-, Zwangsverwaltungs- oder Insolvenzverfahren, ist die Vorschrift nicht anzuwenden. Da das Verteilungsverfahren gemäß §§ 872 ff. ZPO zur Zwangsvollstreckung gehört, würde der Anwalt infolge der Regelung in § 18 Abs. 1 Nr. 1 ohne die Vorschrift der § 18 Abs. 1 Nr. 10 nur eine Gebühr nach VV 3309 erhalten. Der Gesetzgeber hat dies angesichts der Besonderheiten des Verteilungsverfahrens als nicht sachgerecht angesehen und durch die Schaffung des § 18 Abs. 1 Nr. 10 dafür gesorgt, dass im Verteilungsverfahren auch für den schon vorher in der Zwangsvollstreckung tätigen Rechtsanwalt besondere Gebühren nach VV 3309, 3310 entstehen. Abgegolten wird die gesamte Tätigkeit des Anwalts in dem Verteilungsverfahren, wobei eine Antragstellung ausscheidet, weil das Verfahren von Amts wegen betrieben wird.
bb) Widerspruchs- und Bereicherungsklage und Verteilungsverfahren
Rz. 387
Nicht zu den genannten Verteilungsverfahren gehört das Verfahren der Widerspruchs- bzw. Bereicherungsklage selbst (§§ 878 bis 881 ZPO). Das Verfahren der Widerspruchs- bzw. Bereicherungsklage stellt eine beson...