Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
I. Terminsgebühr
Rz. 503
Zur Terminsgebühr VV 3310 in der Vollstreckung wird auf die Erl. zu VV 3310 verwiesen.
II. Einigungsgebühr, VV 1000
1. Überblick über die Problematik
Rz. 504
Im Zwangsvollstreckungsverfahren kann grundsätzlich eine Einigungsgebühr anfallen, weil die Einigungsgebühr in VV Teil 1 Allgemeine Gebühren geregelt ist und nach VV Vorb. 1 die Gebühren dieses Teils neben den in anderen Teilen bestimmten Gebühren entstehen. Gleichwohl war und ist der Anfall der Einigungsgebühr in der Zwangsvollstreckung, insbesondere für Ratenzahlungsvereinbarungen, umstritten.
Rz. 505
Die Gebühr entsteht nach Abs. 1 der Anm. zu VV 1000 für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den
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der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird (Nr. 1) oder |
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die Erfüllung des Anspruchs bei gleichzeitigem vorläufigen Verzicht auf die gerichtliche Geltendmachung und, wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt, bei gleichzeitigem vorläufigen Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen geregelt wird (Zahlungsvereinbarung; Nr. 2). |
Die Gebühr entsteht nicht, wenn sich der Vertrag ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht beschränkt.
Durch das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht und zur Änderung weiterer Vorschriften wird VV 1000 ab 1.10.2021 wie folgt gefasst:
Die Gebühr entsteht nach Abs. 1 der Anm. zu VV 1000 für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags,
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Nr. 1: durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird oder |
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Nr. 2: durch den die Erfüllung des Anspruchs geregelt wird bei gleichzeitigem vorläufigen Verzicht auf seine gerichtliche Geltendmachung oder, wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt, bei gleichzeitigem vorläufigen Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen (Zahlungsvereinbarung). |
Die Gebühr nach Nr. 1 entsteht nicht, wenn der Hauptanspruch anerkannt oder wenn auf ihn verzichtet wird. In den Fällen der Nr. 1 beträgt der Gebührensatz 1,5 oder 1,0 nach VV 1003, im Falle der Nr. 2 stets nur 0,7.
Rz. 506
Aus den Motiven zur Neufassung von Abs. 1 der Anm. zu VV 1000 ergibt sich, dass der Übergang von der Vergleichsgebühr der BRAGO zur Einigungsgebühr des RVG durch das 1. KostRMoG den Anwendungsbereich der Einigungsgebühr erweitern sollte. Dabei sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Einigungsgebühr auch für die Mitwirkung bei einer Ratenzahlungsvereinbarung anfalle. In Rechtsprechung und Literatur werde die Ratenzahlungsvereinbarung insbesondere dann unterschiedlich behandelt, wenn bereits ein Titel vorliege. Mit der Neufassung solle die Frage im Sinne des gesetzgeberischen Willens gelöst werden.
Rz. 507
Daraus ergibt sich, dass eine Einigungsgebühr auch dann anfallen kann, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Vergleichs gemäß § 779 BGB – insbesondere also das gegenseitige Nachgeben – nicht vorliegen.
Auf die entsprechenden Erl. zu VV 1000 wird verwiesen. Vgl. zur gütlichen Erledigung gemäß § 802b ZPO auch Rdn 531 ff.
2. Streit/Ungewissheit
a) Vorläufig vollstreckbarer Titel
Rz. 508
Erforderlich für die Einigungsgebühr ist, dass durch den Vergleich der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt werden soll. Solange das Urteil nicht rechtskräftig ist und die Parteien unterschiedliche Auffassungen zum Bestehen des materiell-rechtlichen Anspruchs haben, ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn die Parteien sich hinsichtlich des streitigen Anspruchs letztlich einigen.
b) Rechtskräftiger Titel
Rz. 509
Aber auch bei einem rechtskräftigen Urteil kann es Ungewissheit geben, z.B. hinsichtlich der Auslegung oder darüber, ob der Beklagte hinsichtlich der Erfüllung des titulierten Anspruchs ausreichend wirtschaftlich leistungsfähig ist bzw. eine Zwangsvollstreckung von daher genügend sicher erscheint. Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist. VV 1000 nimmt anders als früher § 23 BRAGO nicht auf § 779 BGB und damit auch nicht auf dessen Abs. 2 Bezug, wonach es der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis gleichsteht. Damit sollte der im Rahmen der BRAGO heftig geführte Streit darüber vermieden werden, welche Abrede noch ein gegenseitiges Nachgeben darstellt und welche nicht. Die Änderung sollte den Anwendungsbereich der VV 1000 gegenüber § 23 BRAGO erweitern, nicht aber ihn verring...