Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 364
Ergeben die von den Dritten gemäß § 802l ZPO erteilten Auskünfte weitere Vollstreckungsmöglichkeiten und wird deshalb vom Anwalt insoweit eine Vollstreckungsmaßnahme beantragt, entsteht gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 eine neue gebührenrechtliche Angelegenheit und eine neue Verfahrensgebühr VV 3309. Es handelt sich um eine neue Vollstreckungsmaßnahme mit einem anderen Befriedigungsziel. Die Drittauskunft dient der Auskunftseinholung bei einem Dritten, der aufgrund der Auskunft erteilte Vollstreckungsauftrag dient einem anderen Ziel.
Rz. 365
Beispiel 1: Der Rechtsanwalt hat wegen einer Vollstreckungsforderung über 5.050 EUR die Vermögensauskunft des Schuldners und anschließend eine Drittauskunft bei dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung des Schuldners eingeholt, aus der sich der Arbeitgeber des Schuldners ergibt. Deshalb wird vom Anwalt hinsichtlich des Arbeitseinkommens des Schuldners ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt.
Die beiden Auskunftsverfahren einerseits und der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss andererseits bilden gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 drei verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten, so dass eine Verfahrensgebühr VV 3309 nach einem Wert von 2.000 EUR (§ 25 Abs. 1 Nr. 4) und zwei Verfahrensgebühren VV 3309 jeweils nach einem Wert von 5.050 EUR (§ 25 Abs. 1 Nr. 1) anfallen.
Rz. 366
Nach der abzulehnenden Gegenauffassung bildet ein sich aus einer Drittauskunft gemäß § 802l ZPO ergebender weiterer Vollstreckungsauftrag mit dem Auftrag auf Einholung der Drittauskünfte dieselbe Angelegenheit und löst keine neue Gebühr aus, weil die Drittauskunft die weitere Maßnahme vorbereitet hat. Das anschließende Verfahren auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses im obigen Beispiel 1 (Rdn 365) bildet nach der Gegenauffassung mit dem Verfahren auf Einholung der Drittauskunft dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit, so für den Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses keine neue Verfahrensgebühr VV 3309 anfällt. Denn die Drittauskunft habe hier die anschließende Vollstreckungsmaßnahme vorbereitet, so dass die Drittauskunft und die anschließende Vollstreckungsmaßnahme dieselbe Angelegenheit bilden.
Rz. 367
Beispiel 2: Der Rechtsanwalt hat wegen einer Vollstreckungsforderung über 5.050 EUR die Vermögensauskunft des Schuldners und anschließend Drittauskünfte bei dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung des Schuldners sowie beim Kraftfahrt-Bundesamt eingeholt. Deshalb wird vom Anwalt hinsichtlich des Arbeitseinkommens des Schuldners ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt. Weil sich aus der Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamts ergibt, dass der Schuldner Eigentümer eines bislang nicht bekannten Pkw ist, beantragt der Rechtsanwalt beim Gerichtsvollzieher dessen Pfändung.
Die beiden Auskunftsverfahren gemäß §§ 802c, 802l ZPO, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sowie der Mobiliarvollstreckungsauftrag bilden gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 vier verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten, so dass eine Verfahrensgebühr VV 3309 nach einem Wert von 2.000 EUR für die Abnahme der Vermögensauskunft und drei Verfahrensgebühren VV 3309 nach einem Wert von 5.050 EUR anfallen.
Rz. 368
Beispiel 3: Der Rechtsanwalt hat wegen einer Vollstreckungsforderung über 5.050 EUR die Vermögensauskunft des Schuldners und anschließend Drittauskünfte bei dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung des Schuldners sowie beim Kraftfahrt-Bundesamt eingeholt. Die beiden Drittauskünfte verlaufen negativ. Anschließend wird auf Antrag des Anwalts ein Bankkonto des Schuldners durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gepfändet.
Nur wenn alle eingeholten Drittauskünfte negativ verlaufen, können nach der Gegenaufffassung (siehe Rdn 366) dieser Auffassung mit diesen Drittauskünften nicht im Zusammenhang stehende Vollstreckungsmaßnahmen (hier: Bankkonto) eine neue Gebühr VV 3309 auslösen. Diese Auffassung erscheint allerdings schon wenig praktikabel. Das Vollstreckungsorgan bzw. das Vollstreckungsgericht müsste hierfür bei Überprüfung der Vollstreckungskosten anlässlich einer beantragten Vollstreckungsmaßnahme nämlich wissen, ob und mit welchem Ergebnis zuvor Drittauskünfte eingeholt worden sind.
Rz. 369
Außerdem bleibt unklar, warum bei der Vermögensauskunft des Schuldners gemäß § 802c ZPO und den sich aus dem Vermögensverzeichnis ergebenden Vollstreckungsmöglichkeiten die insoweit ergriffenen Vollstreckungsmaßnahmen dann eine besondere Angelegenheit bilden sollen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass bei der zu einer anschließenden Vollstreckungsmaßnahme führenden Drittauskunft (z.B. Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamts mit anschließender Vollstreckung in den Pkw des Schuldners) der den Gegenstand der Vollstreckung bildende Vermögensgegenstand konkret aus der Auskunft hervorgeht. Bei der Vermögensauskunft erteilt der Schuldner eine umfassende Selbstauskunft und der Gerichtsvollzieher wird beauftragt, die Pfändung und Verwertung von aus dem Vermögensverzeichnis hervorge...