Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Geltung von § 91 Abs. 2 ZPO
Rz. 575
Im Rahmen der Prüfung der Erstattungsfähigkeit kann sich die Frage stellen, ob die Beauftragung eines Rechtsanwalts zu der konkreten Maßnahme notwendig war (z.B. Zahlungsaufforderung, Gerichtsvollzieherauftrag, Hebegebühr). Zutreffend geht die wohl h.M. davon aus, dass die Kosten für einen mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung beauftragten Rechtsanwalt grundsätzlich erstattungsfähig sind. Denn § 788 Abs. 1 ZPO verweist uneingeschränkt auf § 91 ZPO und damit auch auf § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO. Deshalb sind auch die Kosten des sich in der Vollstreckung selbst vertretenden Rechtsanwalts zu erstatten (§ 91 Abs. 2 S. 3 ZPO; § 1 Rdn 50 ff.).
Rz. 576
Das gilt für die Durchführung der Zwangsvollstreckung auch für Großunternehmen, wenn nicht die konkreten Umstände ausnahmsweise etwas Anderes ergeben. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts wegen einer schlichten Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung wird jedenfalls bei juristischen Personen oder Kaufleuten kaum notwendig sein. Ist der Rechtsanwalt hingegen zu Recht mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung beauftragt worden, begnügt er sich jedoch zunächst mit einer Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung und zahlt der Schuldner sodann, verbleibt ihm die durch die Auftragserteilung und anschließende Tätigkeit einmal entstandene Gebühr nach VV 3309.
2. Anwaltswechsel
Rz. 577
Gemäß §§ 788, 91 Abs. 2 S. 2 ZPO sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. Mehrkosten fallen immer dann an, wenn im Verhältnis zur Hauptsache ein neuer Rechtsanwalt bestellt wird oder der Rechtsanwalt nach einer Vollstreckungsmaßnahme gewechselt wird. Denn für den neuen Rechtsanwalt liegt stets eine neue gebührenrechtliche Angelegenheit vor, die deshalb die Gebühren nach VV 3309 f. auslöst.
Rz. 578
Beispiel: Rechtsanwalt A beauftragt für den Mandanten M den Gerichtsvollzieher mit der Mobiliarvollstreckung, die erfolglos bleibt. Zwei Monate später beauftragt Rechtsanwalt B für den Mandanten M den Gerichtsvollzieher erneut mit der Mobiliarvollstreckung.
Weil zwei verschiedene Anwälte in der Zwangsvollstreckung tätig geworden sind, liegen verschiedene Angelegenheiten vor mit der Folge, dass die Gebühren doppelt entstehen.
War eine Vollstreckung erfolglos oder nur teilweise erfolgreich, sind die Kosten einer erneuten Vollstreckung aber nur dann notwendig, wenn der Gläubiger entweder aufgrund konkreter Anhaltspunkte von einer positiven Veränderung der Vermögensverhältnisse ausgehen durfte oder ein gewisser Zeitraum seit dem letzten Vollstreckungsversuch verstrichen ist, der frühestens mit drei Monaten angesetzt werden kann.
Rz. 579
Die Regelungen zur vollstreckungsrechtlichen Angelegenheit in §§ 18 und 19 gelten nur für den Rechtsanwalt, der bereits im Erkenntnisverfahren oder bereits zuvor in der Vollstreckung tätig war. Auf Rdn 92 ff. wird insoweit verwiesen. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines weiteren Rechtsanwalts beurteilt sich auch in der Vollstreckung nach § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO.
Rz. 580
Besteht ein anerkennungswürdiges Interesse, die einstweilige Verfügung so schnell wie möglich zuzustellen, kann neben der für die Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers, die ihren Sitz in einer anderen Stadt als die Schuldner haben, anfallenden Verfahrensgebühr für das Erkenntnisverfahren die Gebühr nach VV 3309 für die Einschaltung eines weiteren Rechtsanwaltsbüros erstattungsfähig sein, das nur mit der Zustellung der einstweiligen Verfügung beauftragt ist.