Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Hauptsacheverfahren
Rz. 81
Das Verwaltungsverfahren lässt sich in mehrere Abschnitte unterteilen: Das Verfahren bis zum Erlass bzw. zur Ablehnung eines beantragten Verwaltungsaktes; das nicht gerichtliche Nachprüfungsverfahren (Vor-, Einspruchs-, Beschwerde- bzw. Abhilfeverfahren); das nicht gerichtliche Verfahren auf Aussetzung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung sowie zur Sicherung von Maßnahmen zur Sicherung der Rechte Dritter; das gerichtliche Verfahren auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, auf Aufhebung der Vollziehung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes; das gerichtliche Verfahren zur Nachprüfung eines Verwaltungsaktes bzw. seiner Ablehnung. Jedes dieser Verfahren stellt nach § 17 Nr. 1a und Nr. 4 eine verschiedene Angelegenheit dar und führt für jede Angelegenheit zu einem eigenen Vergütungsanspruch des beauftragten Anwalts.
2. Verwaltungszwang/Verwaltungsvollstreckung
a) Angelegenheit
Rz. 82
Daneben besteht das Verfahren zur Vollstreckung solcher Verwaltungsakte (Verwaltungsvollstreckungsverfahren – §§ 167 ff. VwGO, §§ 1 ff. VwVG; Verwaltungszwangsverfahren, §§ 6 ff. VwVG). Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 bildet jede einzelne Vollstreckungsmaßnahme bzw. Verwaltungszwangsmaßnahme eine besondere Angelegenheit. Es gelten die in Rdn 92 ff. aufgezeigten Grundsätze. Nach § 172 VwGO kann z.B. das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen eine Behörde ein Zwangsgeld bis 10.000 EUR durch Beschluss androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken, wenn die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 S. 2 und Abs. 5 und des § 123 VwGO der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt, Deshalb entsteht bereits für die Androhung der Zwangsgeldfestsetzung auch für den im vorhergehenden Hauptsacheverfahren tätigen Rechtsanwalt die Verfahrensgebühr VV 3309, weil Vollstreckungsmaßnahmen nach § 172 VwGO gegenüber dem titelschaffenden Verfahren eine besondere Angelegenheit bilden.
b) Gegenstandswert
Rz. 83
Der Gegenstandswert bei der Tätigkeit im Rahmen der Vollstreckung in Verwaltungssachen (§§ 167 ff. VwGO) bzw. in Verfahren des Verwaltungszwangs (§§ 6 ff. VwVG) richtet sich nach § 25. Das ergibt sich ausdrücklich aus der Überschrift von § 25. Auf die Erl. zu § 25 wird verwiesen (siehe § 25 Rdn 2 ff.).
3. Gebühren
a) Verwaltungsvollstreckung/Verwaltungszwang
Rz. 84
In den Verfahren der Verwaltungsvollstreckung und des Verwaltungszwangs entstehen die Gebühren nach VV 3309 f. Das ergibt sich aus VV Vorb. 3.3.3 Abs. 1 Nr. 2 und 3. Für die außergerichtliche Tätigkeit im Verwaltungszwangsverfahren erhält der Rechtsanwalt keine Gebühren nach VV Teil 2 (VV 2300 ff.), sondern in entsprechender Anwendung ebenfalls nach VV 3309, vgl. VV Vorb. 2.3 Abs. 1.
Rz. 85
Weil die entsprechende Anwendbarkeit angeordnet worden ist, wird für die Terminsgebühr VV 3310 teilweise der Schluss gezogen, dass diese für die Wahrnehmung eines Termins vor der vollstreckenden Behörde entsteht.
Rz. 86
Die Gebühren schließen die Tätigkeit in einem evtl. Widerspruchsverfahren gegen einen Vollstreckungsakt mit ein.
Rz. 87
Soll gegen eine Behörde die Zwangsvollstreckung betrieben werden (§ 170 VwGO), entstehen für den Rechtsanwalt, der den Gläubiger vertritt, die Gebühren nach VV 3309 f.
b) Anfechtung einer Maßnahme
Rz. 88
Wird der Anwalt mit der Anfechtung einer Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung vor Gericht beauftragt (gerichtliches Verfahren über einen Akt der Zwangsvollstreckung [des Verwaltungszwangs]), erwachsen für ihn dafür ebenfalls die Verfahrens- bzw. Terminsgebühr der VV 3309, 3310. Der im Verhältnis zu den Gebühren nach VV 2300 ff. niedrigere Gebührensatz erklärt sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers aus einem vermeintlich geringeren Arbeitsaufwand, weil die Rechtmäßigkeit des der Vollstreckung zugrunde liegenden Verwaltungsaktes nicht Gegenstand der Überprüfung ist, sondern nur die des Vollstreckungsaktes.
c) Außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeit
Rz. 89
Wird der Anwalt sowohl im (nicht gerichtlichen) Verwaltungsvollstreckungsverfahren als auch im sich anschließenden gerichtlichen Verfahren über einen Akt der Zwangsvollstreckung tätig, erhält er die Gebühren für jedes Verfahren gesondert. Das ...