1. Erhöhung der Verfahrensgebühr

 

Rz. 20

Wird der Anwalt im Rahmen der Zwangsvollstreckung für mehrere Auftraggeber tätig, erhöht sich der Gebührensatz für die Verfahrensgebühr nach VV 3309 unter den Voraussetzungen der VV 1008 für jeden weiteren Auftraggeber um 0,3; mehrere Erhöhungen dürfen jedoch den Betrag von 2,0 nicht übersteigen. Dabei ist es gleichgültig, ob die mehreren Auftraggeber Gläubiger oder Schuldner sind; es erhält aber nur derjenige Anwalt die Erhöhung der Verfahrensgebühr, der für die mehreren Auftraggeber tätig wird. Sind auf der Gläubigerseite zwei Auftraggeber, so erhält nur deren Anwalt die erhöhte Gebühr, nicht der für den einzelnen Schuldner tätige Anwalt.[17] Erhöht wird nur die Verfahrensgebühr, nicht auch eine evtl. zusätzlich anfallende Terminsgebühr nach VV 3310.

[17] OLG Frankfurt JurBüro 2004, 196.

2. Bedeutung von § 7

 

Rz. 21

VV 1008 findet Anwendung, wenn mehrere Personen Auftraggeber i.S.v. § 7 sind und dementsprechend die Vergütung schulden, aber auch dann, wenn nur ein Auftraggeber i.S.v. § 7 existiert, dieser aber mehrere Personen vertritt und der Anwalt daher für mehrere Personen tätig wird (vgl. VV 1008 Rdn 6 ff.). Denn auch bei dieser Konstellation fällt für den Anwalt Mehrarbeit an und es besteht ein erhöhtes Haftungsrisiko.

 

Beispiel: Ein Elternteil beauftragt den Anwalt, Ansprüche seiner beiden Kinder gegenüber Dritten wahrzunehmen.

3. WEG-Gemeinschaft

 

Rz. 22

Da die Wohnungseigentümergemeinschaft als GbR nach der Rechtsprechung des BGH teilrechtsfähig ist, nämlich soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt,[18] kommt es bei deren Vertretung zu keiner Erhöhung, weil es sich nur um eine Person handelt, wenn der Titel auf die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst lautet und der Anwalt in deren Namen vollstreckt.

 

Rz. 23

Lautet der Titel hingegen auf die einzelnen Wohnungseigentümer, sind nur diese berechtigt, aus dem Titel zu vollstrecken. Es fällt dann eine Mehrvertretungsgebühr nach VV 1008 an.[19] Auf VV 1008 Rdn 29 ff. wird verwiesen.

[18] BGH 2.6.2005 – V ZB 32/05, AGS 2005, 427 = NJW 2005, 2061; BGH 10.12.2009 – VII ZB 88/08, AGS 2010, 152 = RVGreport 2010, 77 = NJW 2010, 1007; BGH 15.3.2007 – V ZB 77/06, AGS 2007, 373 = RVGreport 2007, 278 = NJW-RR 2007, 955.
[19] BGH 10.12.2009 – VII ZB 88/08, AGS 2010, 152 = RVGreport 2010, 77 = NJW 2010, 1007; BGH 15.3.2007 – V ZB 77/06, AGS 2007, 373 = RVGreport 2007, 278 = NJW-RR 2007, 955.

4. Berechnung der Erhöhung

 

Rz. 24

Der Erhöhungsfaktor von 0,3 erhöht jede Gebühr unabhängig von ihrem Gebührensatz um diesen Faktor.[20] Die Erhöhung beträgt also 0,3 und nicht 0,3 von 0,3 (= 0,09).[21]

Daher erhöht sich die Gebühr nach VV 3309 bei der Vertretung von zwei Mandanten von 0,3 um 0,3 auf 0,6. Die Gebühr kann jedoch gemäß Anm. Abs. 3 zu VV 1008 maximal um 2,0 erhöht werden, was bei acht und mehr Auftraggebern dann zu einem Gebührensatz von 2,3 und nicht 0,9 führt (0,3 x 7 = 2,1, max. jedoch 2,0 + 0,3 = 2,3[22]).

[20] OLG Stuttgart AGS 2007, 33; LG Hamburg AGS 2005, 497; OLG München AGS 2006, 475 = RVGreport 2006, 307 = NJW-RR 2006, 1727; LG Frankfurt AGS 2005, 18 = RVGreport 2005, 65 = NJW 2004, 3642; AG Solingen DGVZ 2015, 154; Hansens, RVGreport 2005, 162, 169; Volpert, RVGreport 2004, 450, 452; ders., ZAP Fach 24, 907, 910.
[21] OLG München AGS 2006, 475 = RVGreport 2006, 307 = NJW-RR 2006, 1727; AG Solingen DGVZ 2015, 154; so aber unzutr. AG Recklinghausen RVGreport 2005, 226 = DGVZ 2005, 30.
[22] Vgl. BT-Drucks 15/1971, S. 205 zu VV 1008; BGH 7.11.2007 – VIII ZR 341/06, AGS 2008, 107 = MDR 2008, 351; KG JurBüro 2007, 543; LG Düsseldorf JurBüro 2007, 480; LG Köln MDR 2005, 1318; LG Hamburg AGS 2005, 497 = DGVZ 2005, 142; LG Köln MDR 2005, 1318; AG Solingen DGVZ 2015, 154; Schneider, NJW-Spezial 2010, 731; Hansens/Braun/Schneider/Volpert, Teil 18 Rn 18 f.; Volpert, RVGreport 2004, 450, 452; Mayer/Kroiß/Dinkat, RVG, VV 1008 Rn 6. Mit dem eindeutigen Gesetzestext nicht im Einklang und daher offensichtlich verfehlt: LG Frankfurt/M. AGS 2005, 18; AG Recklinghausen AGS 2005, 154 = JurBüro 2005, 30; AG Offenbach AGS 2005, 198 = JurBüro 2005, 43; diese Entscheidungen zutr. ablehnend Schneider, DGVZ 2005, 91. Die Erhöhung gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO bezog sich demgegenüber noch auf die jeweilige Ausgangsgebühr, also die Gebühr, die der Anwalt bei Vertretung nur eines Mandanten erhalten hätte. Das bedeutete für die Zwangsvollstreckung bei der Vertretung von zwei Gläubigern eine Erhöhung um 3/10 von 3/10 = 9/100 oder 0,9/10, sodass eine Vollstreckungsgebühr von 3,9/10 anzusetzen war.

5. Gegenstandsidentität

 

Rz. 25

Da es sich bei der Verfahrensgebühr VV 3309 um eine Wertgebühr handelt,[23] setzt die Anwendung von VV 1008 voraus, dass der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist (Anm. Abs. 1 zu VV 1008). Die Erhöhung wird nach dem Betrag der gemeinschaftlichen Beteiligung der mehreren Personen berechnet (Anm. Abs. 2 zu VV 1008).

 

Rz. 26

Betrifft die anwaltliche Tätigkeit für mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit dagegen verschiedene Gegenstände, erfolgt keine Gebührenerhöhung nach VV 1008, sondern ggf. Werta...

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