Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Arten der Beendigung
Rz. 8
Die vorzeitige Beendigung des Auftrags kann u.a. durch Kündigung des Mandats durch den Auftraggeber, durch Niederlegung des Mandats durch den Rechtsanwalt, durch Erledigung der Angelegenheit (z.B. durch Antragsrücknahme), durch den Tod des Prozessbevollmächtigten oder Rückgabe seiner Zulassung erfolgen. Dieser Zeitpunkt ist objektiv bestimmbar (z.B. durch Zugang der Kündigung, Zeitpunkt des Todes des Prozessbevollmächtigten oder Endigung seiner Zulassung). Wird der Auftrag auf andere Weise als durch eine Kündigung seitens des Auftraggebers oder durch Niederlegung des Mandats beendet, wird auf die Kenntnis des Rechtsanwalts abgestellt. Hier ist der in § 674 BGB zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke heranzuziehen, nach dem ein Auftrag selbst bei einem durch objektive Umstände bewirkten nachträglichen Erlöschen gleichwohl zugunsten des Beauftragten als fortbestehend gilt, bis der Beauftragte von dem Erlöschen Kenntnis erlangt oder das Erlöschen kennen muss. Entfaltet der Bevollmächtigte nach dem Erlöschen, d.h. der Erledigung des Auftrages, in Unkenntnis dessen eine Tätigkeit, z.B. Einreichen eines Schriftsatzes mit Sachanträgen, erwächst ihm die Verfahrensgebühr in voller Höhe von 0,5. Folgerichtig erhält der Prozessbevollmächtigte keine weiteren Gebühren, wenn er nach Erhalt einer Kündigung seitens seines Auftraggebers noch irgendeine Tätigkeit entfaltet.
b) Erledigung der Hauptsache
aa) Erledigung der Hauptsache vor Antragstellung
Rz. 9
Erledigt sich der Auftrag nur hinsichtlich der Hauptsache, so kann die volle 0,75- bzw. 1,0-Verfahrensgebühr nach dem Wert der Kosten erwachsen.
Beispiel: Der Anwalt wird beauftragt, ein Aufgebot wegen Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs in Höhe von 10.000 EUR gerichtlich zu beantragen. Der Auftrag endigt noch vor Antragseinreichung.
Streitwert: 10.000 EUR
1. 0,5-Verfahrensgebühr, VV 3337 |
307,00 EUR |
bb) Erledigung der Hauptsache nach Antragstellung
Rz. 10
Kündigt der Anwalt des Gegners schriftsätzlich einen Sachantrag an, wird dann jedoch die Hauptsache in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt, erhält er die volle 0,75- bzw. 1,0-Verfahrensgebühr. Die volle Gebühr wird selbst dann verdient, wenn beide Parteien schriftsätzlich die Erledigung der Hauptsache ankündigen, da die Parteien trotz der angekündigten Erledigungserklärungen nicht gehindert sind, in der mündlichen Verhandlung den Antrag und den Antragsabweisungsantrag zu stellen. Dazu das OLG Hamm:
Zitat
"Die Parteien sind nicht gehindert, trotz der angekündigten Erledigungserklärung in der mündlichen Verhandlung den Klageantrag oder den Klageabweisungsantrag zu stellen. Zwar kann dadurch eine Vertagung erforderlich werden; doch das ist ebenfalls unschädlich, weil die mündliche Verhandlung als eine Einheit gilt. Bleibt aber die Hauptsache anhängig, so erwächst dem Anwalt, der sich vor wirksamer Erledigungserklärung mit einem Schriftsatz meldet, welcher einen Sachantrag enthält, die volle Prozeßgebühr nach dem Wert der ursprünglichen Hauptsache."
In der Praxis ist daher grundsätzlich der Antragsabweisungsantrag auch dann zu stellen, wenn von der Antragstellerseite die Erledigung angekündigt worden ist. Nur bei dieser Verfahrensweise erhält der Rechtsanwalt des Gegners eine volle 0,75- bzw. 1,0-Verfahrensgebühr nach dem vollen Gegenstandswert, selbst wenn in der mündlichen Verhandlung die Erledigungserklärungen übereinstimmend abgegeben werden sollten.