Rz. 36
Die Höhe der Gebühr hängt davon ab, ob Wertgebühren (§ 2 Abs. 1) oder Betragsrahmengebühren (§ 3 Abs. 1 S. 1) gelten.
a) Wertgebühren
aa) Grundsatz
Rz. 37
Nach VV 3400 erhält der Verkehrsanwalt eine Gebühr in Höhe der dem Verfahrensbevollmächtigten zustehenden Verfahrensgebühr, höchstens jedoch 1,0. Diese Kappung beruht auf der gesetzlichen Beschränkung des Pflichtenkreises; Prozessführung und die damit verbundene Beratung sind ja vom Prozessbevollmächtigten wahrzunehmende Aufgaben. Die Vorschrift stellt damit eine Akzessorietät zur Verfahrensgebühr des Prozessbevollmächtigten her. Entgegen dem Wortlaut gilt diese Abhängigkeit jedoch nicht uneingeschränkt.
Rz. 38
So erhält der Verkehrsanwalt die Gebühr nach VV 3400 auch dann, wenn noch gar kein Verfahrensbevollmächtigter bestellt ist, sondern dieser erst noch bestellt werden soll. Der Verkehrsanwalt erhält dann eine Gebühr in der Höhe, in der ein bereits bestellter Verfahrensbevollmächtigter die Verfahrensgebühr erhalten hätte, allerdings entsteht diese Gebühr wegen vorzeitiger Erledigung gemäß VV 3405 Nr. 1 nur zur Hälfte.
Beispiel: Die in München wohnende Partei beauftragt einen Anwalt, für einen vor dem LG Köln zu führenden Rechtsstreit dort einen Prozessbevollmächtigten zu bestellen und zu unterrichten. Bevor es zur Bestellung des Kölner Prozessbevollmächtigten kommt, erledigt sich die Angelegenheit.
Der Münchener Anwalt war bereits als Verkehrsanwalt beauftragt. Da sein Auftrag sich vorzeitig erledigt hat, erhält er nach VV 3405 Nr. 1 eine 0,5-Verkehrsanwaltsgebühr.
Rz. 39
Im Übrigen ist für Gebühren erhöhende oder Gebühren mindernde Merkmale danach zu unterscheiden, ob es sich um persönliche oder sachliche Merkmale handelt.
bb) Sachliche Merkmale, VV 3101 Nr. 1 und 2, VV 3201 Nr. 1 und 2, Anm. zu VV 3207
Rz. 40
Sachliche Merkmale sind solche, die die Höhe der Gebühr unabhängig von der Person des Anwalts betreffen. Nach Wegfall des § 11 Abs. 1 S. 4 und 5 BRAGO ist nur noch ein sachliches Merkmal vorhanden, nämlich die Ermäßigung der Verfahrensgebühr bei vorzeitiger Erledigung und bei bloßer Protokollierung.
Rz. 41
Da der Verkehrsanwalt lediglich eine Gebühr in Höhe der dem Verfahrensbevollmächtigten zustehenden Verfahrensgebühr verdient, kommt es also darauf an, ob die Verfahrensgebühr des Verfahrensbevollmächtigten in voller Höhe entsteht oder nur ermäßigt. Dies wiederum richtet sich nach den Vorschriften der VV 3101 Nr. 1 und 2, VV 3201 Nr. 1 und 2, Anm. zu VV 3207 und vergleichbarer Ermäßigungstatbestände. Sind die Voraussetzungen dieser Vorschriften gegeben, so erhält der Verkehrsanwalt ebenfalls nur eine ermäßigte Verfahrensgebühr. Er kann keinen höheren Gebührensatz erhalten als der Verfahrensbevollmächtigte, ausgenommen, es liegen persönliche Merkmale vor, die den Gebührensatz erhöhen (siehe Rdn 42 ff.).
cc) Persönliche Merkmale
Rz. 42
Persönliche Merkmale sind solche, die die Höhe der Verfahrensgebühr individuell beeinflussen.
(1) Vertretung mehrerer Auftraggeber, VV 1008
Rz. 43
Im Falle der Vertretung mehrerer Auftraggeber erhöht sich die Verfahrensgebühr nach VV 1008. Dies gilt auch für die Gebühr des VV 3400. Dennoch steht dem Verkehrsanwalt nicht schon deshalb die erhöhte Verfahrensgebühr zu, weil der Verfahrensbevollmächtigte mehrere Auftraggeber vertritt, vielmehr muss auch er für mehrere Auftraggeber tätig sein.
Beispiel: Der in München wohnende Versicherungsnehmer ist gesamtschuldnerisch mit seinem Kfz-Haftpflichtversicherer vor dem LG Bremen aufgrund eines Verkehrsunfalls verklagt worden, der sich in Bremen ereignet hat. Der Versicherer beauftragt in Bremen – auch im Namen des Versicherungsnehmers – einen Prozessbevollmächtigten. Der Versicherungsnehmer beauftragt einen Münchener Anwalt als Verkehrsanwalt.
Der Prozessbevollmächtigte verdient die nach VV 1008 erhöhte Verfahrensgebühr (1,6); der Verkehrsanwalt erhält dagegen nur die einfache Gebühr (1,0).
Rz. 44
Umgekehrt kann der Verkehrsanwalt mehrere Auftraggeber vertreten, während der Verfahrensbevollmächtigte nur eine Partei vertritt.
Beispiel: Die in München ansässigen beiden Beklagten lassen sich in einem Rechtsstreit vor dem LG Berlin jeweils durch eigene Prozessbevollmächtigte vertreten. Mit der Korrespondenz beauftragen sie jedoch denselben Anwalt in München.
Die Prozessbevollmächtigten in Berlin erhalten jeweils nur eine 1,3-Verfahrensgebühr; der Verkehrsanwalt erhält dagegen die nach VV 1008 erhöhte Verfahrensgebühr i.H.v. 1,3.
(2) Revisionsverfahren vor dem BGH, VV 3208, 3209
Rz. 45
Im Revisionsverfahren vor dem BGH muss sich die Partei durch einen dort zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dieser erhält, soweit Postulationszwang besteht, eine 2,3-Verfahrensgebühr. Der Verkehrsanwalt erhält dagegen auch hier nur die 1,0-Gebühr. Abgesehen davon, dass der Verkehrsanwalt im Revisionsverfahren in der Regel ohnehin nicht am BGH zugelassen ist und daher das persönliche Merkmal der VV 3208, 3209 nicht erfüllt, wären auch die Voraussetzungen nicht gegeben, da für die Tätigkeit als Verkehrsanwalt im Revisionsverfahren die Zulassung am BGH n...