1. Allgemeines
Rz. 76
Der Partei kann nach § 121 Abs. 4 ZPO, § 78 Abs. 4 FamFG neben ihrem Prozessbevollmächtigten auch ein Verkehrsanwalt im Wege der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe beigeordnet werden. Voraussetzung hierfür sind besondere Umstände (siehe Rdn 81).
2. Vergütungsansprüche
Rz. 77
Wird der Anwalt beigeordnet, so erhält er seine Vergütung aus der Staatskasse nach den Gebührenbeträgen des § 49. Eine Abrechnung unmittelbar mit dem Auftraggeber ist auch für ihn ausgeschlossen (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, § 76 Abs. 1 FamFG).
Rz. 78
Neben der Vergütung nach VV 3400 kann der beigeordnete Verkehrsanwalt aus der Staatskasse auch die Vergütungen nach VV 3401, 3402 erhalten. Insoweit ist allerdings ein weiter gehender Beiordnungsbeschluss erforderlich (§ 121 Abs. 3 ZPO; § 48 Abs. 1).
Rz. 79
Auch die Einigungsgebühr (VV 1000, 1003) kann dem Verkehrsanwalt aus der Staatskasse zustehen. Einer besonderen Beiordnung bedarf es hier nicht; es genügt, wenn die Tätigkeit des Verkehrsanwalts mitursächlich war. Die gegenteilige Auffassung, ein nach § 121 Abs. 4 ZPO, § 78 Abs. 4 FamFG beigeordneter Rechtsanwalt könne grundsätzlich nur die Verfahrensgebühr nach VV 3400 beanspruchen; eine weitergehende Tätigkeit, wie z.B. Mitwirkung am Abschluss eines Vergleichs sei vom Beiordnungsbeschluss regelmäßig nicht mit umfasst, lässt sich mit dem Gesetz nicht begründen, sondern allenfalls mit fiskalischen Interessen. Die Einigungsgebühr entsteht nicht für eine Tätigkeit, sondern für einen Erfolg, nämlich die Mitwirkung an der Einigung. Wenn aber die Verkehrsanwaltstätigkeit von der Beiordnung erfasst ist, dann muss auch ein durch ihre Mitwirkung eingetretener Erfolg gedeckt sein.
Rz. 80
Insoweit gilt auch die Erstreckung des § 48 Abs. 3 für den Verkehrsanwalt. Er braucht für die Vermittlung des Verkehrs in den dort genannten Familiensachen nicht gesondert beigeordnet werden.
3. Voraussetzung der Beiordnung
Rz. 81
Neben dem Prozessbevollmächtigten kann auf Antrag der Partei nach § 121 Abs. 4 ZPO, § 78 Abs. 4 FamFG unter besonderen Umständen ein Anwalt zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden. Unter welchen besonderen Voraussetzungen ein Verkehrsanwalt beizuordnen ist, führt der BGH in seiner Grundsatzentscheidung ausführlich aus. Insbesondere sind dabei auch die Grundsätze zu beachten, die für die Kostenerstattung nach § 91 ZPO gelten.
Rz. 82
Voraussetzung ist nach § 121 Abs. 4 ZPO, § 78 Abs. 4 FamFG, dass besondere Umstände dies erfordern. Denn, wenn der Partei – wie es dem Regelfall des § 121 Abs. 1 und 3 ZPO, § 78 Abs. 1 und 3 FamFG entspricht – ein Rechtsanwalt am Ort des Prozessgerichts beigeordnet wurde, kann es in nur besonders gelagerten Einzelfällen erforderlich sein, ihr einen zusätzlichen Rechtsanwalt zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Hauptbevollmächtigten beizuordnen.
Rz. 83
Kein Bedarf besteht, wenn ein nicht am Ort des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter ohne Einschränkung beigeordnet worden ist. Dann ist dieser auswärtige Rechtsanwalt berechtigt, zu den Terminen anzureisen und seine Reisekosten abzurechnen, so dass kein Bedarf für einen zweiten Anwalt besteht.
Rz. 84
Bei der Prüfung, ob die Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO, § 78 Abs. 4 FamFG wegen besonderer Umstände erforderlich ist, ist auf die rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten des Rechtsstreits und die subjektiven Fähigkeiten der Partei abzustellen. Solche besonderen Umstände können etwa dann vorliegen, wenn die Partei schreibungewandt ist und ihr auch eine Informationsreise zu ihrem Rechtsanwalt am Sitz des Prozessgerichts nicht zugemutet werden kann. Gleiches ist der Fall, wenn der Partei eine schriftliche Information wegen des Umfangs, der Schwierigkeit oder der Bedeutung der Sache nicht zuzumuten ist und eine mündliche Information unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde.
Rz. 85
Nach der Auffassung des BGH ist ferner im Rahmen der verfassungsgemäßen Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der besonderen Umstände eine zusätzliche Beiordnung nach § 121 Abs. 4 ZPO, § 78 Abs. 4 FamFG auch dann geboten, wenn die Kosten des weiter beizuordnenden Rechtsanwalts die sonst entstehenden Reisekosten des nicht am Prozessgericht zugelassenen Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen. Im Rahmen der durch Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip gebotenen weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung ihres Rechtsschutzes ist bei der Auslegung auch die neuere Rechtsprechung des BGH zur Erstattung der Kosten für Verkehrsanwälte zu beachten. Danach ist im Falle d...