I. Allgemeines
Rz. 1
Weist das erstinstanzliche Gericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder eines Arrestes ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurück, so ist hiergegen die einfache Beschwerde gegeben (§§ 567 Abs. 1, 569 ZPO). Dieses Beschwerdeverfahren stellt eine eigene Angelegenheit dar (§ 17 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 3).
Rz. 2
Der Anwalt erhält für das Beschwerdeverfahren – im Gegensatz zu sonstigen Beschwerden gegen Entscheidungen in Eilverfahren – nur die Verfahrensgebühr nach VV 3500. Daneben kann er die 0,5-Terminsgebühr nach VV 3513 verdienen, etwa für Besprechungen mit dem Gegner außerhalb des Gerichts (VV Vorb. 3 Abs. 3, S. 3 Nr. 2). Diese Gebühr kann sich nach VV 3514 unter den dort genannten Voraussetzungen auf 1,2 erhöhen.
Rz. 3
Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Beschwerdegericht gibt es zwei Möglichkeiten:
(1) Das Gericht kann im Beschlussverfahren ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Dann bleibt es bei der Anwendung der VV 3513.
(2) Das Beschwerdegericht kann aber auch eine mündliche Verhandlung anordnen; in diesem Fall gelten die allgemeinen Regeln für das Urteilsverfahren. Am deutlichsten bringt dies Vollkommer zum Ausdruck:
Zitat
"Ordnet das Beschwerdegericht mündliche Verhandlung an, so hat es zu verfahren, als sei in 1. Instanz auf mündliche Verhandlung ein Urteil erlassen und dagegen Berufung eingelegt worden."
Folglich – und dies ist in der gesamten ZPO-Literatur unstrittig – ergeht nach mündlicher Verhandlung die Entscheidung des Gerichts nicht durch Beschluss, sondern durch Urteil. Diesem zivilprozessualen "Kuriosum", dass ein Verfahren als Beschwerdeverfahren eingeleitet und vom Beschwerdegericht in ein Urteilsverfahren umgewandelt wird, für das dann nicht die Vorschriften der §§ 567 ff. ZPO gelten, sondern die allgemeinen Regeln für das Urteilsverfahren, muss auch gebührenrechtlich Rechnung getragen werden, indem nämlich dann ebenfalls nicht die Vorschriften für das Beschwerdeverfahren anzuwenden sind, sondern die Gebührentatbestände für das Urteilsverfahren.
Rz. 4
Um den nach der BRAGO zur Abrechnung bestehenden Streit über die Abrechnung in diesen Fällen zu klären, hat der Gesetzgeber mit dem RVG reagiert und in VV 3514 für diesen Fall eine Sonderregelung geschaffen. Die gesetzliche Regelung war allerdings zunächst misslungen, da sie nur den Fall der Entscheidung durch Urteil erfasste und damit viele Lücken ließ, die zu Ungleichbehandlungen führten. Diese Lücken hat der Gesetzgeber mit der Neufassung durch das 2. KostRMoG dann geschlossen.
II. Regelungsgehalt
1. Entscheidung durch Urteil nach mündlicher Verhandlung
Rz. 5
Entscheidet das Beschwerdegericht nach mündlicher Verhandlung durch Urteil, so galt immer schon VV 3514. Die Terminsgebühr der VV 3513 beläuft sich jetzt nicht mehr auf 0,5, sondern wird nach VV 3514 auf 1,2 angehoben. Hinsichtlich der Verfahrensgebühr der VV 3500 bleibt es dagegen bei 0,5.
Beispiel: Das LG lehnt den Erlass einer einstweiligen Verfügung (Wert: 5.000 EUR) ab. Der Antragsteller legt dagegen Beschwerde ein. Im Beschwerdeverfahren beraumt das OLG Termin zur mündlichen Verhandlung an und entscheidet hiernach durch Urteil.
Im Verfügungsverfahren entsteht die Verfahrensgebühr nach VV 3100. Im Beschwerdeverfahren entsteht neben der Beschwerdegebühr nach VV 3500 die Terminsgebühr der VV 3513, jetzt allerdings in der Höhe der VV 3514, also in Höhe von 1,2. Dies war auch nach dem bisherigen Wortlaut der Fall.
I. Verfügungsverfahren vor dem LG (Wert: 5.000 EUR)
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
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434,20 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
454,20 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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86,30 EUR |
Gesamt |
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540,50 EUR |
II. Beschwerdeverfahren vor dem OLG (Wert: 5.000 EUR)
1. |
0,5-Verfahrensgebühr, VV 3500 |
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167,00 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3513, 3514 |
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400,80 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
587,80 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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111,68 EUR |
Gesamt |
|
699,48 EUR |
2. Anderweitige Erledigung nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung (Neufassung)
a) Überblick
Rz. 6
Ausweislich seiner Begründung zu VV 3514 wollte der Gesetzgeber mit der Regelung der VV 3514 die nach der BRAGO bestehende Streitfrage i.S.d. bis dato h.M. gegen die Auffassung des BGH regeln. Dabei hatte er jedoch übersehen, dass nach h.M. die höheren Gebühren auch dann anfielen, wenn es nach mündlicher Verhandlung nicht mehr zum Erlass eines Urteils kam, etwa wenn der Verfügungsantrag oder die Beschwerde im Termin zurückgenommen wurde, sich die Parteien dort geeinigt hatten oder sich das Verfügungsverfahren in der Hauptsache erledigte. Dem hat der Gesetzgeber durch die jetzige Fassung Rechnung getragen und erstreckt VV 3514 auf alle Fälle, in denen eine Terminsgebühr entsteht, nachdem das Gericht Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt hat, also insbesondere wenn
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im Termin eine Einigung geschlossen wird, |
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die Parteien im Termin die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklären und das Gericht nach § 91a ZPO durch Beschluss entscheidet, |
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die Pa... |