1. Hauptverhandlungstag
Rz. 16
Die Terminsgebühr der VV 4108 deckt die gesamte Tätigkeit des Verteidigers in der Hauptverhandlung und die Vorbereitung des Termins ab.
Rz. 17
Sonstige Tätigkeiten außerhalb der Hauptverhandlung, also insbesondere die Vorbereitung der Hauptverhandlung wenn es nicht zur Gebühr nach VV 4108 kommt – etwa wegen des Ausfalls des Termins – oder Tätigkeiten nach der Hauptverhandlung, werden nicht durch VV 4108 erfasst, sondern durch die jeweilige Verfahrensgebühr. Insbesondere vorbereitende Schriftsätze im gerichtlichen Verfahren und Erwiderungen auf die Anklageschrift werden durch die Verfahrensgebühr nach VV 4106 abgegolten und sind bei der Terminsgebühr über die Hauptverhandlung nach VV 4108 nicht zu berücksichtigen.
Rz. 18
Werden mehrere Hauptverhandlungstermine an einem Tag abgehalten, bleibt es bei einer Gebühr. Die Terminsgebühr entsteht je Hauptverhandlungstag, nicht je Hauptverhandlung. Soweit das AG Cottbus der Auffassung ist, dass zwei Terminsgebühren anfallen, wenn die Hauptverhandlung nach § 228 StPO ausgesetzt und am selben Tage noch ein neuer Hauptverhandlungstermin stattfindet, weil der Verteidiger auf die Einhaltung der Ladungsfristen verzichtet, ist dies mit dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht zu vereinbaren. Der Mehraufwand kann nur im Rahmen des § 14 Abs. 1 berücksichtigt werden.
Rz. 19
Anders verhält es sich, wenn das Verfahren (z.B. gegen einen Angeklagten) abgetrennt wird. Denn vom Zeitpunkt der Verfahrenstrennung an stellen ein abgetrenntes Verfahren und das Ursprungsverfahren jeweils selbstständige Verfahren dar. Bei einer Verfahrenstrennung in der Hauptverhandlung hat dies zur Folge, dass vom Zeitpunkt der Trennung an auch eine gesonderte Terminsgebühr für das abgetrennte Verfahren entsteht. Im führenden Verfahren bleibt es dagegen bei einer Terminsgebühr.
Beispiel: Der Anwalt ist als Nebenklägervertreter tätig. Angeklagte sind A und B (Verfahren 1/21). In der Hauptverhandlung wird das Verfahren gegen den B als neues Verfahren (2/21) abgetrennt. Die Hauptverhandlung gegen B wird durchgeführt und B verurteilt. Das Verfahren gegen A wird ausgesetzt.
Im Verfahren 1/21 hat der Verteidiger eine Terminsgebühr verdient und ebenso im Verfahren 2/21, da es sich um zwei verschiedene Angelegenheiten nach § 15 handelt.
2. Weitere Hauptverhandlungstermine
a) Fortsetzungstermine
Rz. 20
Erstreckt sich die Hauptverhandlung über mehrere Tage, so erhält der Verteidiger für jeden weiteren Verhandlungstag eine zusätzliche Gebühr nach VV 4108. Voraussetzung ist, dass der Verteidiger an diesen Terminen auch teilnimmt oder bei Aufhebung erscheint (VV Vorb. 4 Abs. 3). Eine Differenzierung zwischen erstem Termin und Fortsetzungstermin – wie noch nach der BRAGO – findet nach dem RVG nicht mehr statt.
b) Erneute Hauptverhandlung
Rz. 21
Muss mit der Hauptverhandlung an einem anderen Tag erneut begonnen werden, gilt wiederum VV 4108. Für die erneute Hauptverhandlung gilt dieselbe Gebühr und derselbe Gebührenrahmen wie für die übrigen Hauptverhandlungstage. Einer speziellen Verweisung wie noch in § 83 Abs. 2 S. 2 BRAGO bedarf es nicht mehr, da das RVG alle Hauptverhandlungstermine gleich behandelt.
Rz. 22
Auch wenn die Gebühr der VV 4108 erneut entsteht, kann je nach Umfang für den zweiten Hauptverhandlungstermin allerdings eine geringere Gebühr anzusetzen sein, da der Verteidiger insoweit auf seine Vorbereitungen zur ersten Hauptverhandlung zurückgreifen kann. Hiervon kann jedoch nicht generell ausgegangen werden. Dies kommt vielmehr auf den Einzelfall an.
3. Höhe der Gebühr
Rz. 23
Ebenso wie nach bisherigem Recht findet eine Staffelung der Gebühren je nach Zuständigkeit des Gerichts statt. Der Anwalt erhält danach im Verfahren vor dem Amtsgericht:
a) |
als Wahlanwalt nach VV 4108 |
|
|
– |
Gebührenrahmen |
77,00 bis 528,00 EUR |
|
– |
Mittelgebühr |
302,50 EUR |
|
– |
wenn sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß befindet (VV 4109) |
|
|
|
– |
Gebührenrahmen |
77,00 bis 660,00 EUR |
|
|
– |
Mittelgebühr |
368,50 EUR |
b) |
als gerichtlich bestellter oder beigeordneter Anwalt |
|
|
– |
Festgebühr gem. VV 4108 |
242,00 EUR |
|
– |
wenn sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß befindet (VV 4109) |
|
|
|
– |
Festgebühr |
295,00 EUR |
|
– |
dauert die Verhandlung länger, erhält er neben den Gebühren nach VV 4108 oder VV 4109 eine zusätzliche Gebühr bei |
|
|
|
– |
mehr als fünf und bis acht Stunden (VV 4110) in Höhe von |
121,00 EUR |
|
|
– |
über acht Stunden (VV 4111) in Höhe von |
242,00 EUR. |
Rz. 24
Auszugehen ist grundsätzlich von der Mittelgebühr. Anhand der Kriterien des § 14 Abs. 1 ist dann eine höhere oder niedrigere Gebühr anzusetzen. Die Höchstgebühr kann bei langer Dauer gerechtfertigt sein oder auch bei einer Vielzahl von angeklagten Einzeltaten.