Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Überblick
Rz. 41
Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI über die Anwendung des Grundsatzes der Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen für dieses Verfahren im RVG gesonderte Gebührentatbestände eingeführt. Die Gebührentatbestände finden sich in VV Teil 6 Abschnitt 1. Für das Bewilligungsverfahren vor dem Bundesamt für Justiz nach §§ 86 ff. IRG gilt VV 6100.
2. Anwaltsvergütung – Überblick
a) Angelegenheit
Rz. 42
Wird der Anwalt in einem Verfahren auf Bewilligung der Vollstreckung ausländischer Geldsanktionen beauftragt, so erhält er hierfür eine gesonderte Vergütung nach den VV 6100 ff. Seine Tätigkeit ist nicht durch eventuelle Gebühren im vorausgegangenen ausländischen Straf- oder Bußgeldverfahren mit abgegolten. Vielmehr sind die deutschen Verfahren über die Bewilligung der Vollstreckung nach den §§ 86 ff. IRG gesonderte gebührenrechtliche Angelegenheiten i.S.d. § 15.
b) Vollstreckung
Rz. 43
Durch die Gebühren der VV 6100 ff. wird auch die nachfolgende Vollstreckung abgegolten. Dafür entstehen keine gesonderten Gebühren, da es sich insoweit nicht um eine gesonderte Angelegenheit i.S.d. § 15 handelt. Teilweise wird nach VV Vorb. 2.3 Abs. 1 von einem besonderen Verwaltungszwangsverfahren und damit einer besonderen gebührenrechtlichen Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1) ausgegangen (Anwendbarkeit von Vorschriften des OWiG, des JGG und des JBeitrG), in der die Gebühren nach VV 3309 f. (Gegenstandswert § 25) anfallen.
3. Vertretung vor dem Bundesamt für Justiz
a) Verfahrensgebühr VV 6100
Rz. 44
Vertritt der Anwalt den Mandanten im Bewilligungsverfahren vor dem Bundesamt für Justiz (§§ 87 ff. IRG), so handelt es sich zwar um eine außergerichtliche Tätigkeit. Diese richtet sich jedoch nicht nach VV Teil 2 Abschnitt 3, da die Vorschriften nach VV Teil 2 Abschnitt 3 in Straf- und Bußgeldsachen grundsätzlich ausgeschlossen sind (VV Vorb. 2.3 Abs. 2), sondern es entsteht die Verfahrensgebühr VV 6100.
b) Höhe
Rz. 45
Für die Vertretung gegenüber dem Bundesamt für Justiz erhält der Anwalt nach VV 6100 eine Verfahrensgebühr in Höhe von 55 EUR bis 374 EUR. Die Mittelgebühr beträgt 214,50 EUR. Ist der Anwalt vom Bundesamt für Justiz zum Beistand bestellt worden, erhält er eine Festgebühr in Höhe von 172 EUR aus der Staatskasse (§ 59a Abs. 2).
c) Abgeltungsbereich
Rz. 46
Die Verfahrensgebühr der VV 6100 deckt gem. VV Vorb. 6 Abs. 2 die gesamte Tätigkeit im Verfahren vor dem Bundesamt für Justiz ab. Die Gebühr entsteht bereits mit der ersten Tätigkeit, in der Regel der Entgegennahme der Information. Im gerichtlichen Verfahren entsteht die Verfahrensgebühr VV 6100.
d) Keine Terminsgebühr
Rz. 47
Abgegolten mit der Gebühr sind auch eventuelle Besprechungen mit dem Bundesamt für Justiz Behörde. Eine gesonderte Terminsgebühr sieht das RVG im Verfahren vor dem Bundesamt nicht vor, da solche Termine nicht vorgeschrieben und nicht üblich sind.
e) Gebührenbemessung
Rz. 48
Von einer Staffelung der Gebühren nach der Höhe der Sanktion, wie etwa bei den Gebühren nach VV Teil 5, hat der Gesetzgeber abgesehen. Die Höhe der Sanktion kann daher allenfalls im Rahmen des § 14 Abs. 1 bei der Bestimmung der im Einzelfall maßgebenden Gebühr von Bedeutung sein.
Beispiel: Der Anwalt vertritt den Mandanten in einem Bewilligungsverfahren vor der Behörde. Die Behörde bewilligt die Vollstreckung.
Der Anwalt erhält folgende Vergütung:
1. |
Verfahrensgebühr, VV 6100 |
|
214,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
234,50 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
44,55 EUR |
Gesamt |
|
279,05 EUR |
4. Erstinstanzliche Verfahren vor dem Amtsgericht
a) Gebührenrechtliche Angelegenheit
Rz. 49
Im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren erhält der Anwalt Gebühren nach den VV 6101, 6102. Das gerichtliche Verfahren stellt gegenüber dem Verfahren vor dem Bundesamt für Justiz eine selbstständige Angelegenheit dar, in der die Gebühren erneut entstehen (§ 15 Abs. 2; vgl. auch §§ 17 Nr. 11 und 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1).
b) Zwei verschiedene Verfahren
Rz. 50
In Betracht kommen zwei erstinstanzliche Verfahren, nämlich
▪ |
das Verfahren, das auf den Einspruch nach § 87f Abs. 4 IRG gem. § 87g ff. IRG folgt, und |
▪ |
das Verfahren auf gerichtliche Entscheidung über die Umwandlung der Entscheidung eines anderen Mitgliedstaates durch das Gericht nach § 87i IRG. |
Rz. 51
Die Gebühren in diesen gerichtlichen Verfahren können nur einmal anfallen. Beide Verfahren schließen sich gegenseitig aus, da die Bewilligungsentscheidung der Behörde nach einer Entscheidung des Gerichts gem. § 87i Abs. 6 IRG unanfechtbar ist.
c) Auslagen
Rz. 52
Hinzu kommen Auslagen und Umsatzsteuer. Da das Verfahren vor dem Gericht eine eigene selbstständige Angelegenheit ist, entsteht auch eine gesonderte Postpauschale. Der frühere Streit über die doppelte Postentgeltpauschale (VV 7002) für vorgerichtliches und gerichtliches Verfahren, der in Straf- und Bußgeldsachen bestand, ist auf dieses Verfahren nicht übertragbar.
d) Verfahrensgebühr VV 6101
Rz. ...