I. Verfahrensgebühr (VV 6211)
1. Die Gebühr
Rz. 8
Nach VV 6211 erhält der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit in gerichtlichen Disziplinarverfahren oder berufsgerichtlichen Verfahren wegen Verletzung einer Berufspflicht im dritten Rechtszug eine Verfahrensgebühr i.H.v. 132 EUR bis 1.221 EUR (Mittelgebühr 676,50 EUR). Die Höhe der Gebühr setzt der Rechtsanwalt im Einzelfall nach § 14 fest. Zur Zubilligung der Höchstgebühr siehe BDG. Ist der Rechtsanwalt gerichtlich bestellt oder beigeordnet, beträgt die Verfahrensgebühr 541 EUR.
Rz. 9
Nach VV Vorb. 6 Abs. 2 entsteht die Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Auf die Erläuterungen zu VV Vorb. 6 Abs. 2 wird verwiesen (siehe VV Vorb. 6 Rdn 2). Mit der Verfahrensgebühr nach VV 6211 wird die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts im gerichtlichen Verfahren des dritten Rechtszugs außerhalb einer Hauptverhandlung abgegolten. Auf die Erläuterung von VV Vorb. 6.2 Abs. 1 wird verwiesen (siehe VV Vorb. 6.2 Rdn 16 ff.).
Rz. 10
Neben der Verfahrensgebühr nach VV 6211 entsteht aber die Grundgebühr nach VV 6200, soweit diese bis dahin noch nicht entstanden ist. War der Rechtsanwalt bereits in einem außergerichtlichen Verfahren i.S.v. Anm. Abs. 2 zu VV 6202 oder in einem weiteren, der Überprüfung der Verwaltungsentscheidung dienenden außergerichtlichen Verfahren i.S.v. Anm. Abs. 1 zu VV 6202 tätig und hat der Rechtsanwalt sogar an außergerichtlichen Anhörungsterminen und außergerichtlichen Terminen zur Beweiserhebung teilgenommen und den Auftraggeber im gerichtlichen Verfahren des ersten und des zweiten Rechtszugs vertreten, so entsteht die Verfahrensgebühr nach VV 6211 neben und zusätzlich zu den für die genannten Tätigkeiten in VV 6201 bis 6210 bestimmten Gebühren.
Rz. 11
Weiterhin kann die Terminsgebühr nach VV 6212 und für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt die Zusatzgebühren nach VV 6213 und 6214 zusätzlich zur Verfahrensgebühr nach VV 6211 entstehen. Wird die mündliche Verhandlung durch die Mitwirkung des Rechtsanwalts entbehrlich, so kann auch zusätzlich zur Verfahrensgebühr nach VV 6211 die Zusatzgebühr nach VV 6216 in Höhe der Verfahrensgebühr nach VV 6211 entstehen.
2. Die Anrechnung nach Anm. zu VV 6215
Rz. 12
Ist dem Verfahren des dritten Rechtszugs ein erfolgreiches Verfahren über eine Nichtzulassungsbeschwerde vorausgegangen, so ist die dort verdiente Verfahrensgebühr der VV 6215 auf die der VV 6211 anzurechnen (Anm. zu VV 6215). Diese bisher übersehene Anrechnungsregelung ist mit dem 2. KostRMoG zum 1.8.2013 eingefügt worden.
Rz. 13
Beispiel: Der Anwaltsgerichtshof hat die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Dagegen legt der Anwalt nach § 145 Abs. 3 S. 1 BRAO beim BGH Nichtzulassungsbeschwerde ein, die erfolgreich ist. Anschließend vertritt er den Mandanten im Verfahren der Revision vor dem BGH und nimmt an der Hauptverhandlung teil.
Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde, das nach § 17 Nr. 9 eine gesonderte Angelegenheit ist, erhält der Anwalt die Verfahrensgebühr nach VV 6215. Im anschließenden Revisionsverfahren erhält er eine Verfahrensgebühr nach VV 6211 und eine Terminsgebühr nach VV 6212. Die Verfahrensgebühr des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ist nach Anm. zu VV 6215 anzurechnen.
Ausgehend von der Mittelgebühr ist wie folgt zu rechnen:
I. Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
1. |
Verfahrensgebühr, VV 6215 |
|
649,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
669,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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127,11 EUR |
Gesamt |
|
796,11 EUR |
II. Revisionsverfahren vor dem BGH
1. |
Verfahrensgebühr, VV 6211 |
|
676,50 EUR |
2. |
gem. Anm. zu VV 6215 anzurechnen |
|
– 649,00 EUR |
3. |
Terminsgebühr, VV 6212 |
|
368,50 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
416,00 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
79,04 EUR |
Gesamt |
|
495,04 EUR |
II. Terminsgebühren (VV 6212, 6213, 6214)
1. Terminsgebühr (VV 6212)
Rz. 14
Nach VV 6212 erhält der Rechtsanwalt eine Terminsgebühr i.H.v. 132 EUR bis 605 EUR (Mittelgebühr 368,50 EUR) je Verhandlungstag. Die Terminsgebühr entsteht nach VV Vorb. 6 Abs. 3 S. 1 für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Der Rechtsanwalt erhält die Terminsgebühr auch, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet (VV Vorb. 6 Abs. 3 S. 2). Dies gilt nicht, wenn er rechtzeitig von der Aufhebung oder Verlegung des Termins in Kenntnis gesetzt worden ist (VV Vorb. 6 Abs. 3 S. 3). Die Höhe der Gebühr setzt der Rechtsanwalt im Einzelfall nach § 14 Abs. 1 fest. Zur Zubilligung der Höchstgebühr siehe BDG. Ist der Rechtsanwalt gerichtlich bestellt oder beigeordnet, beträgt die Terminsgebühr 294 EUR.
Rz. 15
Der Rechtsanwalt erhält die Terminsgebühr je Verhandlungstag, und zwar grundsätzlich jeweils aus dem gleichen Gebührenrahmen. Die Terminsgebühr ist also unabhängig davon, ob es sich um den ersten Hauptverhandlungstag handelt oder um einen Fortsetzungstermin.
2. Zusatzgebühr für mehr als fünf und bis acht Stunden Hauptverhandlung (VV 6213)
Rz. 16
Nach VV 6213 erhält der gerichtlich bestell...