I. Voraussetzungen der Zusätzlichen Gebühr

1. Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (Anm. Abs. 1)

 

Rz. 5

Nach Anm. Abs. 1 entsteht die Zusätzliche Gebühr, wenn eine gerichtliche Entscheidung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergeht oder einer beabsichtigten Entscheidung ohne Hauptverhandlungstermin nicht widersprochen wird. Die Möglichkeit des Verzichts auf die mündliche Verhandlung und der Entscheidung durch Beschluss sieht § 59 BDG vor. Nach § 102 WDO besteht die Möglichkeit der Entscheidung durch Disziplinargerichtsbescheid, wenn der Betroffene dieser Vorgehensweise nicht widerspricht. Nur wenn solche Möglichkeiten durch die jeweiligen Verfahrensordnungen eröffnet sind, kann die Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 entstehen. Soweit eine mündliche Verhandlung oder Hauptverhandlung nach den jeweiligen Verfahrensordnungen oder wegen der ergänzenden Anwendung der StPO obligatorisch ist, kommt die Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 daher nicht in Betracht.

 

Rz. 6

Nach Anm. Abs. 2 erhält der Rechtsanwalt die Zusätzliche Gebühr nicht, wenn ein Beitrag zur Förderung des Verfahrens nicht ersichtlich ist. Bei der Zusätzlichen Gebühr nach Anm. Abs. 1 wird Anm. Abs. 2 aber keine Bedeutung haben. Vielmehr ist in der durch den Rechtsanwalt mitgeteilten Zustimmung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung oder im unterlassenen Widerspruch bzgl. der Entscheidung durch Disziplinargerichtsbescheid bereits die notwendige Förderung des Verfahrens zu sehen.

2. Entbehrlichkeit der mündlichen Verhandlung wegen anwaltlicher Mitwirkung (Anm. Abs. 2)

 

Rz. 7

Der Rechtsanwalt erhält die Zusätzliche Gebühr nach VV 6216 nicht nur in den in Anm. Abs. 1 genannten Fällen, sondern auch dann, wenn die mündliche Verhandlung oder Hauptverhandlung aus anderen Gründen entbehrlich wird. Die Zusätzliche Gebühr nach VV 6216 entsteht daher auch dann, wenn das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird oder das Gericht beschließt, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen. In diesen Fällen ist aber nach Anm. Abs. 2 erforderlich, dass der Rechtsanwalt einen Beitrag zur Förderung des Verfahrens, besser zur Vermeidung der Hauptverhandlung, geleistet hat.[4] Zu der Frage, wann dies der Fall ist, wird auf die Erläuterungen der Anm. zu VV 4141 verwiesen (siehe VV 4141 Rdn 11, 17 ff.).

[4] VG Berlin RVGreport 2011, 144.

II. Höhe der Zusätzlichen Gebühr (Anm. Abs. 3)

 

Rz. 8

Nach VV 6216 erhält der Rechtsanwalt, wenn durch seine anwaltliche Mitwirkung die mündliche Verhandlung entbehrlich wird, in Disziplinarverfahren oder berufsgerichtlichen Verfahren wegen Verletzung einer Berufspflicht eine Zusätzliche Gebühr in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr. Die Höhe der Zusätzlichen Gebühr richtet sich nach Anm. Abs. 3 S. 1 nach dem Rechtszug, in dem die Hauptverhandlung vermieden wurde. Für den Wahlanwalt bemisst sich die Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 3 S. 2 nach der Rahmenmitte.

 

Rz. 9

Die Zusätzliche Gebühr nach VV 6216 beträgt demnach für den Wahlanwalt:

außergerichtlich (VV 6203[5]): 203,50 EUR,
im ersten Rechtszug (VV 6203): 203,50 EUR,
im zweiten Rechtszug (VV 6207): 352 EUR,
im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (VV 6215): 649 EUR,
im dritten Rechtszug (VV 6211): 676,50 EUR,

und für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt:

außergerichtlich (VV 6203[6]): 163 EUR,
im ersten Rechtszug (VV 6203): 163 EUR,
im zweiten Rechtszug (VV 6207): 282 EUR,
im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (VV 6215): 519 EUR,
im dritten Rechtszug (VV 6211): 541 EUR.

Die Zusätzliche Gebühr entsteht neben und zusätzlich zu der Verfahrensgebühr des jeweiligen Rechtszugs.

[5] Siehe zum vergleichbaren Fall der VV 4141 LG Marburg 30.11.2018 – 4 Qs 52/18, AGS 2019, 61 = RVGreport 2019, 101.
[6] Siehe zum vergleichbaren Fall der VV 4141 LG Marburg 30.11.2018 – 4 Qs 52/18, AGS 2019, 61 = RVGreport 2019, 101.

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