Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
I. Allgemeines
1. Überblick
Rz. 224
Zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Dokumentenpauschalen existiert eine nicht mehr überschaubare Rechtsprechung, die sich teilweise nicht recht nachvollziehen lässt.
Hinzu kommt, dass es bei der Frage der Erstattungsfähigkeit von Dokumentenpauschalen grds. um Einzelfallentscheidungen geht, die einen konkreten Fall betreffen und sich häufig nicht in generelle Regeln umsetzen lassen.
Die Frage der prozessualen Erstattungspflicht des Gegners des Auftraggebers/Mandanten stellt sich nur für Kopien und Ausdrucke, die ein gerichtliches Verfahren betreffen. Denn die gerichtliche Kostenentscheidung erfasst nur die Kosten des Rechtsstreits.
2. Entstehung und Erstattungsfähigkeit
a) Nr. 1 Buchst. a bis c
Rz. 225
Es ist stets zunächst festzustellen, ob eine Dokumentenpauschale nach VV 7000 angefallen ist, der Rechtsanwalt sie also von seinem Mandanten fordern kann. Kann der Rechtsanwalt sie dem Mandanten nicht berechnen, stellt sich die Frage der Erstattung durch den dem Mandanten ersatzpflichtigen Gegner nicht. Erst wenn die Dokumentenpauschale angefallen ist, stellt sich im nächsten Schritt die Frage, ob diese auch erstattungsfähig ist. Hierbei ist Folgendes zu berücksichtigen:
Die Dokumentenpauschale nach Nr. 1 Buchst. a, b und c entsteht nur, wenn die Kopien oder Ausdrucke
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zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten waren, |
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aufgrund einer Rechtsvorschrift oder nach Aufforderung durch das Gericht oder die Behörde gefertigt worden sind oder |
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zur notwendigen Unterrichtung bestimmt waren. |
Hieraus ergibt sich, dass bereits bei der Prüfung der Entstehung der Dokumentenpauschale in den Fällen der Nr. 1 Buchst. a bis c eine (gewisse) Notwendigkeitsprüfung anzustellen ist. Die Anforderungen für den Anfall der Dokumentenpauschale ("geboten") sind etwas niedriger als die für die Erstattungsfähigkeit erforderliche Notwendigkeit.
b) Farbkopien und Farbausdrucke
Rz. 226
Bei Farbkopien oder Farbausdrucken, die eine Dokumentenpauschale i.H.v. 1 EUR bzw. 0,30 EUR statt 0,50 EUR bzw. 0,15 EUR bei Schwarz-Weiß-Kopien oder Schwarz-Weiß-Ausdrucken auslösen (siehe Rdn 44), wird sich im Rahmen der Prüfung der Erstattungsfähigkeit häufig die Frage stellen, ob es ausgereicht hätte, von einem farbigen Original eine Schwarz-Weiß-Kopie anzufertigen. In Strafsachen wird sich deshalb die Frage stellen, ob der Verteidiger wie das Gericht und die Staatsanwaltschaft Anspruch auf eine farbige Kopie der Strafakte hat.
Rz. 227
Eine Kopie oder ein Ausdruck liegt nur vor, wenn das Original reproduziert wird. Ist das Original farbig, darf es auch dessen Reproduktion sein, was in Strafsachen die Erstattungsfähigkeit auch der farbig kopierten Akte, auch aus Gründen der Waffengleichheit, nahelegt. Allerdings entsteht z.B. bei Kopien oder Ausdrucken zur Unterrichtung des Auftraggebers (Nr. 1 Buchst. c) die Dokumentenpauschale nur für Kopien oder Ausdrucke zur notwendigen Unterrichtung. Wenn hier unterstellt wird, dass eine Unterrichtung des Auftraggebers durch Schwarz-Weiß-Kopien oder Schwarz-Weiß-Ausdrucke ausreichend ist, können die Kopien und Ausdrucke nur nach den geringeren Sätzen in Rechnung gestellt werden und erstattungsfähig sein.
c) Entstehung bedingt Erstattungsfähigkeit
Rz. 228
Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat die unterliegende Partei im Zivilprozess die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO sind die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten. Vergleichbare Regelungen finden sich auch in anderen Verfahrensordnungen, vgl. z.B. § 162 VwGO, § 193 SGG, § 139 FGO.
Rz. 229
Wenn deshalb nach der durch Nr. 1 Buchst. a bis c geforderten Prüfung, ob die Herstellung der Kopien geboten war, die Entstehung der Dokumentenpauschale bejaht wird, folgt aus § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, dass diese im Regelfall auch vom Erstattungspflichtigen zu erstatten ist. Schuldet der Mandant seinem Rechtsanwalt die Dokumentenpauschale als gesetzliche Auslage, muss auch von deren Erstattungsfähigkeit ausgegangen werden. Wird die Erstattung von Dokumentenpauschalen verlangt, ist somit allein zu prüfen, ob der Prozessbevollmächtigte gegenüber der von ihm vertretenen Partei Anspruch auf deren Ersatz hat. Waren z.B. Kopien aus Behörden- oder Gerichtsakten zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten, ist im Regelfall die hierdurch nach Nr. 1 Buchst. a angefallene Dokumentenpauschale als notwendige Position im Rahmen der Kostenerstattung durch den Gegner zu erstatten (aber vgl. Rdn 58). Für die Prüfung der Erstattungsfähigkeit de...