Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Notwendigkeitsprüfung
Rz. 246
Die Erstattungsfähigkeit der Dokumentenpauschale in Strafsachen richtet sich gem. § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO wie in Zivilsachen nach § 91 Abs. 2 ZPO. Zu den notwendigen Auslagen eines Beteiligten gehören danach die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie nach § 91 Abs. 2 ZPO zu erstatten sind.
Weil bereits im Rahmen der Prüfung, ob eine Dokumentenpauschale nach Nr. 1 Buchst. a bis c angefallen ist, eine Notwendigkeitsprüfung vorzunehmen ist, ist diese auch in Strafsachen bei einer Auslagenentscheidung zu Lasten der Staatskasse oder eines anderen Beteiligten von diesen zu erstatten, wenn der Mandant sie seinem Verteidiger oder sonstigen Vertreter als gesetzliche Auslagen schuldet.
2. Behörden- und Gerichtsakten
Rz. 247
In Strafsachen wird es im Regelfall um die Erstattung der Dokumentenpauschale nach Nr. 1 Buchst. a für Kopien oder Ausdrucke aus Behörden- oder Gerichtsakten gehen. Diese ist erstattungsfähig, soweit ihre Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Strafsache geboten war (vgl. zum Aktenauszug für den Verteidiger Rdn 74 ff., zum Aktendoppel für den Mandanten Rdn 95 f.). Zur Erstattungsfähigkeit von Farbkopien der Behörden- oder Gerichtsakten vgl. Rdn 226.
3. Ex-ante-Betrachtung
Rz. 248
Bei der Frage, welche Kopien aus der Akte im Einzelfall erforderlich sind, ist der Zeitpunkt der Fertigung der Kopien durch den Rechtsanwalt maßgebend. Eine Ablehnung der Erstattung der Auslagen mit der Begründung, die Kopien seien nicht notwendig gewesen, kommt nur dann in Betracht, wenn schon zu diesem Zeitpunkt zweifelsfrei feststand, dass die abgelichteten Unterlagen für eine sachgerechte Verteidigung nicht benötigt werden. Im Zweifel ist von der Notwendigkeit auszugehen.
4. Ermessen des Rechtsanwalts
Rz. 249
Ein kleinlicher Maßstab ist unangebracht. Bei der Auswahl und dem Umfang der Kopien aus Behörden- und Gerichtsakten ist dem Anwalt vielmehr ein großzügiges Ermessen einzuräumen. Es ist einem Verteidiger nicht zuzumuten – insbesondere bei umfangreichen Verfahrensakten – jedes Blatt vorher einzeln zu lesen und auf seine Wertigkeit zu prüfen. Eine grobe Prüfung und vorläufige Bewertung reicht aus. Die Festlegung von bestimmten Quoten, etwa 25 % des Akteninhalts oder 5 % des Verteidigerhonorars, ist unzutreffend. Der Verteidiger kann auch nicht darauf verwiesen werden, sich handschriftliche Auszüge anzufertigen. Auch Kopien von eigenen Schriftstücken können erforderlich sein, etwa dann, wenn sich hierauf Vermerke des Richters oder des Staatsanwalts befinden. Ebenso können Kopien von Zustellungsurkunden erforderlich sein, wenn es um Fristen oder Wiedereinsetzung geht. Letztlich wird es auch hier immer auf den Einzelfall ankommen.