Rz. 72
Nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO sind Kosten, eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen oder dort wohnhaften Anwalts für Geschäftsreisen, die er im Rahmen des Prozesses wahrzunehmen hat, immer zu erstatten.
Rz. 73
Das gilt zu allererst für den am Ort des Gerichts ansässigen Anwalt für auswärtige Termine, etwa einen auswärtigen Beweistermin.
Beispiel: Vor dem LG Köln wird Klage aus einem Verkehrsunfall erhoben. Die Parteien beauftragen jeweils Kölner Anwälte. Das LG Köln führt eine Beweisaufnahme an der Unfallstelle in Erftstadt durch (Entfernung 25 km), an der die Anwälte teilnehmen.
Die Reisekosten der Kölner Anwälte sind nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO erstattungsfähig.
Rz. 74
Die Erstattungsfähigkeit ist nach dem eindeutigen Wortlaut auch dann gegeben, wenn der Anwalt zwar im Gerichtsbezirk niedergelassen ist, aber nicht am Ort des Gerichts seine Kanzlei hat. Der Partei steht es frei, einen Anwalt aus dem Gerichtsbezirk zu wählen. Eine Notwendigkeitsprüfung hinsichtlich der Reisekosten findet nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht statt.
Beispiel: Vor dem LG Köln wird Klage aus einem Verkehrsunfall erhoben. Beide Parteien wohnen in Köln. Der Beklagte beauftragt jedoch einen Anwalt aus Erftstadt (25 km entfernt, aber noch LG-Bezirk Köln).
Da der Erftstädter Anwalt im Bezirk des LG Köln niedergelassen ist, sind seine Reisekosten nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO erstattungsfähig.
Das gilt auch dann, wenn die Partei selbst Anwalt ist. Sie ist weder verpflichtet, sich selbst zu vertreten, noch ist sie verpflichtet, einen ortsansässigen Anwalt zu beauftragen.
Rz. 75
Nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO sind ebenfalls solche Reisekosten zu erstatten, die nach einer Verweisung des Rechtsstreits entstehen, wenn dadurch die Kosten eines weiteren Anwalts an dem Gericht, an das verwiesen worden ist, erspart werden.
Beispiel: Die vor dem LG Köln verklagte Partei beauftragt einen Kölner Anwalt mit der Abwehr der Klage. Das Verfahren wird ohne mündliche Verhandlung an das LG Bonn verwiesen.
Die Fahrtkosten des Kölner Anwalts sind in Höhe der Kosten, die durch die Einschaltung eines Bonner Anwalts zusätzlich entstanden wären (1,3-Verfahrensgebühr zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer), erstattungsfähig und selbst bei einem Unterliegen des Beklagten vom Kläger zu tragen (§ 281 ZPO).
Rz. 76
Nach OLG München ist die Partei sogar verpflichtet, von der Bestellung eines Anwalts am Empfangsgericht abzusehen, wenn die Fahrtkosten des bisherigen Prozessbevollmächtigten geringer liegen als die Kosten eines zweiten Anwalts.