Rz. 96
Musste der Mandant auf die Anwaltsvergütung Umsatzsteuer zahlen, so kann er sie dennoch nicht erstattet verlangen, wenn und soweit er zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Die frühere Streitfrage ist durch die Neufassung des § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO seit längerem gesetzlich geregelt. Die zum Vorsteuerabzug berechtigte Partei erhält die an den Anwalt gezahlte Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzugs vom Finanzamt zurück, so dass sie lediglich einen durchlaufenden Posten darstellt. Die Partei wird letztlich mit der Umsatzsteuer nicht belastet, so dass sie diese auch nicht erstattet verlangen kann.
Rz. 97
Sofern eine Vorsteuerabzugsberechtigung nur zum Teil besteht, wird die Ersatzpflicht auch nur insoweit ausgeschlossen; im Übrigen kann die Partei die Umsatzsteuer erstattet verlangen.
Beispiel 1: Der Mandant, der teilweise umsatzsteuerpflichtige Tätigkeiten ausübt und zum Teil umsatzsteuerfreie Tätigkeiten, hat sich mit dem Finanzamt auf einen generellen Vorsteuerabzug von 10 % geeinigt.
Die Umsatzsteuer ist in Höhe von 9 % erstattungsfähig.
Beispiel 2: Der Mandant klagt aus einem Verkehrsunfall wegen Beschädigung seines betrieblich genutzten Pkw auf Zahlung von 6.000 EUR und darüber hinaus auf Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 EUR.
Auf die anteiligen Kosten der Schmerzensgeldforderung ist die Umsatzsteuer zu erstatten, da insoweit ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist. Aus den anteiligen Kosten der Schadensersatzforderung ist dagegen die Umsatzsteuer nicht erstattungsfähig.
Zahlt der Auftraggeber eine pauschalierte Umsatzsteuer, so ist die ihm von seinem Prozessbevollmächtigten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht erstattungsfähig. Nach a.A. ist die Umsatzsteuer erstattungsfähig, jedenfalls soweit die Erklärung nach § 155 FGO i.V.m. § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO vorliegt.
Rz. 98
Muss ein Dritter, der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, letztlich für die Prozesskosten aufkommen, so ist zu differenzieren:
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Ist die Partei Auftraggeber des Anwalts und damit Gebührenschuldner und hat sie nur einen Freistellungsanspruch gegen den Dritten, so kommt es ausschließlich auf die Vorsteuerabzugsberechtigung der Partei an, nicht auf die des Dritten. Ist die Partei zum Vorsteuerabzug berechtigt, so hat sie keinen Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer, so etwa im Falle der Rechtsschutzversicherung (siehe Rdn 137). Ist die Partei zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt, ist ihr die Umsatzsteuer zu erstatten, selbst wenn der eintrittspflichtige Dritte vorsteuerabzugsberechtigt ist. Der Dritte, der nur erstattet, ist nicht Leistungsempfänger i.S.d. UStG und kann daher den Vorsteuerabzug niemals geltend machen. |
Beispiel: Der zum Vorsteuerabzug berechtigte Beklagte wird auf Schadensersatz (Verletzung der Verkehrssicherungspflicht – Betriebs-Haftpflichtschaden) verklagt. Sein Haftpflichtversicherer beauftragt einen Anwalt mit der Abwehr der Ansprüche. Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.
Die Umsatzsteuer ist nicht zu erstatten. Der Versicherer stellt den Versicherten lediglich von seinen Kosten frei (§ 150 Abs. 1 S. 1 VVG). Alleine der Versicherte ist Auftraggeber und damit Gebührenschuldner und damit Leistungsempfänger i.S.d. UStG. Ist der Versicherte aber zum Vorsteuerabzug berechtigt, braucht der Versicherer auch nur netto freizustellen. In diesen Fällen ist eine Vorsteuerabzugsberechtigung des Schädigers damit weiterhin bei der Kostenerstattung zu berücksichtigen.
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Ist dagegen der Dritte Auftraggeber des Anwalts und damit Gebührenschuldner, so kommt es ausschließlich auf die Vorsteuerabzugsberechtigung des Dritten an. Die Partei macht in diesem Falle den Erstattungsanspruch im Wege der Prozessstandschaft geltend. Die Partei ist nicht Gebührenschuldner und damit nicht Leistungsempfänger i.S.d. UStG; folglich ist es unbeachtlich, ob sie zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. |
Beispiel: Der zum Vorsteuerabzug berechtigte Beklagte wird auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall verklagt. Sein Haftpflichtversicherer beauftragt einen Anwalt mit der Abwehr der Ansprüche. Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.
Die Umsatzsteuer ist zu erstatten. Der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Versicherer erteilt dem Anwalt den Auftrag nämlich in eigenem Namen und nicht im Namen des Versicherten. Alleine der Versicherer ist Auftraggeber und damit Gebührenschuldner. Er ist folglich Leistungsempfänger i.S.d. UStG. Ein Vorsteuerabzug kommt somit nicht in Betracht.
Rz. 99
Bei einer Betriebsaufgabe bleibt die Vorsteuerabzugsberechtigung der Partei unabhängig davon bestehen, ob der Betrieb zwischenzeitlich aufgegeben wurde oder nicht, wenn der Gegenstand des Rechtsstreits zur unternehmerischen Tätigkeit zählt. Umsatzsteuerzahlungen des Kostengläubigers an den eigenen Anwalt sind auch in diesen Fällen grundsätzlich nicht erstattungsfähig, es sei denn, die erforderliche Nachveranlagung gegenüber dem Fiskus schlägt fehl oder erscheint aussichtslos. Der Aufwand der Nachveranlagung ist dem Kostenerstattungsgläubiger zumutb...