I. Anwendungsbereich (Abs. 1)
Rz. 2
Nach Abs. 1 sind die Vorschriften von VV Teil 2 nur anzuwenden, soweit nicht die §§ 34 bis 36 etwas anderes bestimmen. Danach sind die Vorschriften von VV Teil 2 zunächst nicht anzuwenden für eine Tätigkeit als Berater, Gutachter oder Mediator.
Für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung) oder für eine Gutachtenerstellung, die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt, soll der Rechtsanwalt auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken, soweit in VV Teil 2 Abschnitt 1 keine Gebühren bestimmt sind (§ 34 Abs. 1 S. 1). Eine Pflicht zur Erwirkung oder auch nur zum Versuch der Erwirkung einer Gebührenvereinbarung besteht für den Rechtsanwalt jedoch nicht. Wenn keine Vereinbarung getroffen ist, erhält der Rechtsanwalt Gebühren nach den Vorschriften des BGB (§ 34 Abs. 1 S. 2). Die übrigen Gebührenvorschriften des RVG gelten nicht. Abzustellen ist stattdessen auf die übliche Vergütung, insbesondere i.S.v. § 612 Abs. 2 BGB. Fehlt es an einer Gebührenvereinbarung für eine Beratungstätigkeit und richten sich die Gebühren deshalb nach den Vorschriften des BGB, so besteht in § 34 Abs. 1 S. 3 der Höhe nach eine Gebührenbegrenzung, wenn der Auftraggeber Verbraucher ist. Für die Beratung eines Verbrauchers darf die Gebühr höchstens 250 EUR betragen, wobei § 14 Abs. 1 zu berücksichtigen ist. Entsprechendes gilt für die Ausarbeitung eines Gutachtens. Sogar nur 190 EUR darf die Höchstgebühr für ein erstes Beratungsgespräch mit dem Verbraucher betragen. Die Gebührenbegrenzungen von 250 EUR bzw. 190 EUR sind Höchstbeträge, keine Festbeträge. Ob die Höchstbeträge erreicht werden, ergibt sich erst aus der Gebührenbestimmung nach § 14 Abs. 1. Die Gebührenbegrenzung gilt nicht für eine Vereinbarung über die Vergütung für die Beratungstätigkeit. § 34 Abs. 1 S. 1 bezieht die Begrenzung ausschließlich auf den Fall einer fehlenden Gebührenvereinbarung. Die Gebühr für die Beratung oder für die Gutachtenerstellung ist auf eine Gebühr für eine sonstige Tätigkeit anzurechnen, die mit der Beratung zusammenhängt, wenn nicht ein anderes vereinbart ist (§ 34 Abs. 2). Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 34 verwiesen.
Rz. 3
Weiter sind die Vorschriften von VV Teil 2 nicht anzuwenden auf die Hilfeleistung in Steuersachen. Für die Hilfeleistung bei der Erfüllung allgemeiner Steuerpflichten und bei der Erfüllung steuerlicher Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten finden nach § 35 Abs. 1 die §§ 23 bis 39 StBVV i.V.m. §§ 10 und 13 StBVV entsprechende Anwendung. Auf die Erläuterungen zu § 35 wird verwiesen.
Rz. 4
Schließlich sind die Vorschriften von VV Teil 2 nicht anzuwenden auf die Tätigkeit des Rechtsanwalts in schiedsrichterlichen Verfahren nach dem Zehnten Buch der ZPO und in Verfahren vor dem Schiedsgericht nach § 104 ArbGG. Obwohl es sich insoweit nicht um gerichtliche Tätigkeiten handelt, sondern um außergerichtliche Tätigkeiten, entstehen für den Rechtsanwalt nach § 36 Gebühren in entsprechender Anwendung der Gebührentatbestände für den ersten Rechtszug und für die Rechtsmittelrechtszüge nach VV Teil 3 Abschnitt 1, 2 und 4. Auf die Erläuterungen zu § 36 wird verwiesen.
II. Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen (Abs. 2)
1. Allgemeines
Rz. 5
Zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens zählt das Recht auf ein faires Verfahren. Als ein unverzichtbares Element gewährleistet es dem Betroffenen, prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde selbstständig wahrnehmen und Übergriffe der im vorstehenden Sinn rechtsstaatlich begrenzten Rechtsausübung staatlicher Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligter angemessen abwehren zu können. Die einem fairen Verfahren immanente Forderung nach verfahrensmäßiger Selbstständigkeit des in ein justizförmiges Verfahren hineingezogenen Bürgers bei der Wahrnehmung ihm eingeräumter prozessualer Rechte und Möglichkeiten gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten gebietet es, auch dem Zeugen grundsätzlich das Recht zuzubilligen, einen Rechtsbeistand seines Vertrauens zu der Vernehmung hinzuzuziehen, wenn er das für erforderlich hält, um von seinen prozessualen Befugnissen selbstständig und seinen Interessen entsprechend sachgerecht Gebrauch zu machen. Das Rechtsstaatsprinzip zieht jedoch einem allgemeinen Recht des Zeugen auf Rechtsbeistand Grenzen. Es wäre mit dem Postulat der Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen, wirksamen Rechtspflege nicht vereinbar, den Rechtsbeistand des Zeugen in allen Fällen ohne Einschränkungen zuzulassen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt vielmehr eine Abwägung zwischen dem Anspruch des Zeugen und dem öffentlichen Interesse an der Effizienz des Prozesses und ähnlicher Verfahren, die die Behörden und Gerichte unter Abwägung aller persönlichen und tatsächlichen Umstände des Einzelfalles vorzunehmen haben. Für die Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes bedarf es daher stets einer besonderen rechtsstaatlichen Legitimation, die sich in unterschiedlicher Ausprägung aus der jeweiligen besonderen Lage des Zeugen, insbesondere aus den ihm im eigenen Inte...