1. Anwendungsbereich
Rz. 9
Abs. 2 betrifft nur Fälle der Vertretung mehrerer Gläubiger, die verschiedene Forderungen in demselben Verfahren geltend machen. Dabei liegt stets eine verschiedene Angelegenheit vor, so dass die Gebühren jeweils gesondert entstehen. Die Vorschrift verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die Vorschriften des § 7 Abs. 1 und § 22 Abs. 2 mit VV 1008.
Dasselbe gilt bei Vertretung mehrerer auftraggebender, von einem Verfahren nach dem StaRUG betroffener Gläubiger oder am Schuldner beteiligter Personen mit unterschiedlichen Forderungen, Rechten oder Beteiligungen. Dies löst somit ebenfalls jeweils gesonderte Gebühren nach VV 3317 aus.
Rz. 10
Keine Anwendung findet Abs. 2 daher in folgenden Fällen:
1. Mehrere Gläubiger/unterschiedliche Forderungen/verschiedene Verfahren.
Beispiel: Der Anwalt wird für die Gläubiger A, B und C wegen jeweils eigener Forderungen in selbstständigen Insolvenzverfahren gegen X, Y und Z tätig.
Die Gebühren werden für jedes Verfahren nach Unterabschnitt 5 getrennt berechnet.
2. Mehrere Gläubiger/dieselbe Forderung/dasselbe Verfahren (z.B. Miterben, Gesamtgläubiger).
Beispiel: Gesamtgläubiger machen eine Darlehensforderung im Insolvenzverfahren gegen S geltend.
§ 7 Abs. 1 mit VV 1008 ist anzuwenden.
3. Mehrere Gläubiger/dieselbe Forderung/verschiedene Verfahren.
Beispiel: Gesamtgläubiger machen dieselbe Forderung in dem Insolvenzverfahren betreffend den Gesamtschuldner X sowie in dem gesonderten Insolvenzverfahren betreffend den Gesamtschuldner Y geltend.
Die Gebühren werden für jedes Verfahren gesondert berechnet, wobei jedoch in jedem Verfahren § 7 Abs. 1 mit VV 1008 anzuwenden ist.
4. Derselbe Gläubiger/mehrere Forderungen/dasselbe Verfahren.
Beispiel: Der Gläubiger macht in dem Insolvenzverfahren gegen S zwei verschiedene Forderungen geltend, wobei es gleichgültig ist, ob diese in einem inneren Zusammenhang stehen.
§ 22 findet Anwendung.
5. Derselbe Gläubiger/eine oder mehrere Forderung(en)/verschiedene Verfahren.
Beispiel: Der Anwalt vertritt den Gläubiger im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft und auch in dem gesonderten Insolvenzverfahren über das Vermögen des persönlich haftenden Gesellschafters.
Die Gebühren werden für jedes Verfahren gesondert berechnet, wobei in jedem Verfahren ggf. § 22 Anwendung findet.
6. Derselbe Auftraggeber in unterschiedlicher Verfahrensbeteiligung.
Beispiel: In einem Nachlassinsolvenzverfahren (§§ 315 ff. InsO) vertritt der Anwalt den Schuldner (Erben), der gleichzeitig gemäß § 326 InsO Insolvenzgläubiger ist.
Es handelt sich nicht um mehrere Aufträge, sondern um einen Auftrag, wobei im Hinblick auf die unterschiedlichen Verfahrenspositionen § 22 zur Anwendung kommt.
2. Regelungsgehalt
Rz. 11
In seinem Anwendungsbereich – ein Anwalt wird für mehrere Auftraggeber hinsichtlich unterschiedlicher Forderungen in demselben Verfahren tätig (vgl. Rdn 9 f.) – führt Abs. 2 dazu, dass der Rechtsanwalt für jeden Auftrag seine Gebühren einschließlich der jeweiligen Auslagen gesondert in Rechnung stellen kann. Es tritt also weder eine Erhöhung gemäß § 7 mit VV 1008 ein, noch kommt es zu einer Wertaddition gemäß § 22. Eine Mithaft der anderen Auftraggeber kommt nur für Auslagen in Betracht, die sich nicht auf den jeweiligen Auftrag aufteilen lassen; insoweit brauchen die Auslagen auch nur einmal bezahlt zu werden.
3. Gegenstandswert
Rz. 12
Der Gegenstandswert ist gesondert für jeden Auftrag nach Maßgabe der §§ 28–29a zu ermitteln.