Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
I. Allgemeines
Rz. 66
Die Vorschriften der VV 3500, 3513 regeln auch die Vergütung des Anwalts, der ausschließlich in einem Verfahren über eine Erinnerung (§ 573 Abs. 1 ZPO, § 11 Abs. 2 RPflG) beauftragt ist, also in einem Verfahren auf Änderung einer Entscheidung eines beauftragten oder ersuchten Richters oder eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 573 Abs. 1 ZPO) oder eines Rechtspflegers (§ 11 Abs. 2 RPflG).
Rz. 67
Hinsichtlich der Gebühren ist zu differenzieren: Handelt es sich um eine Rechtspflegererinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG oder um eine Erinnerung in der Kostenfestsetzung, so liegt grundsätzlich immer eine gesonderte Angelegenheit vor (§ 18 Abs. 1 Nr. 3), die eine gesonderte Vergütung nach VV 3500, 3513 auslöst. Ausgenommen ist hier allerdings die Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 2). Handelt es sich dagegen um eine Erinnerung nach § 573 ZPO, ist wiederum zu differenzieren: Soweit der Anwalt bereits als Prozessbevollmächtigter beauftragt ist oder als Bevollmächtigter eines anderen Verfahrens, das sich nach den Vorschriften des VV Teils 3 richtet (z.B. Mahnverfahren), erhält er keine gesonderte Vergütung nach VV 3500. Seine Tätigkeit gehört dann vielmehr zum Rechtszug und wird durch die dort verdienten Gebühren abgegolten (§ 18 Abs. 1 Nr. 3; § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5). Nur soweit der Anwalt ausschließlich mit der Erinnerung beauftragt ist, gelten für ihn wiederum die VV 3500, 3513.
Rz. 68
Die frühere Streitfrage, ob auch für Erinnerungen und Anträge auf gerichtliche Entscheidung gegen die Kostenfestsetzung eine gesonderte Gebühr anfällt, wenn die Festsetzung nicht vom Rechtspfleger, sondern vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen worden ist, hat sich mit dem 2. KostRMoG zum 1.8.2013 erledigt, da die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 3 dahingehend geändert worden ist, dass alle Erinnerungen gegen die Kostenfestsetzung eine eigene Angelegenheit darstellen.
Rz. 69
Der Anwendungsbereich der VV 3500 auf Erinnerungen, die sich nicht gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers richten, ist in der Praxis unbedeutend, da der Anwalt in aller Regel schon im Ausgangsverfahren beauftragt ist und das Erinnerungsverfahren damit für ihn zum Rechtszug zählt (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5).
II. Regelungsgehalt
1. Anwendungsbereich
a) Erinnerung gem. § 573 ZPO, § 11 Abs. 2 RPflG
Rz. 70
Die Vorschrift der VV 3500 erfasst sowohl die Erinnerungsverfahren nach § 573 Abs. 1 ZPO als auch nach § 11 Abs. 2 RPflG. Für andere Verfahren zur Abänderung der Entscheidung eines beauftragten oder ersuchten Richters, eines Rechtspflegers oder eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gilt die Vorschrift nicht.
b) § 181 GVG und § 4 Abs. 3 JVEG
Rz. 71
VV 3500 ist auch auf Beschwerden nach § 181 GVG gegen die Verhängung eines Ordnungsmittels anwendbar. Das Gleiche gilt für die Beschwerde nach § 4 Abs. 3 JVEG (siehe dazu auch Rdn 11).
c) §§ 158, 159 GVG
Rz. 72
Nicht anwendbar ist VV 3500 auf das Verfahren nach § 159 Abs. 2 GVG vor dem OLG gegen die Ablehnung oder Stattgabe (§ 158 Abs. 2 GVG) eines Rechtshilfeersuchens, da auch insoweit nicht das Verfahren nach § 573 Abs. 1 ZPO oder § 11 Abs. 2 RPflG gegeben ist. Hier richtet sich die Vergütung nach VV 3403, im Beschwerdeverfahren nach § 159 Abs. 3 GVG; vor dem BGH ist dagegen wieder VV 3500 anzuwenden.
d) Erinnerung gem. § 766 ZPO gegen Vollstreckungsmaßnahme
Rz. 73
Hinsichtlich der Erinnerungen in Vollstreckungsverfahren gilt § 19 Abs. 2 Nr. 2. Vollstreckungserinnerungen nach § 766 ZPO (gegen Vollstreckungsmaßnahmen) gehören immer zur jeweiligen Vollstreckungsmaßnahme (§ 18 Abs. 1 Nr. 1), unabhängig davon, ob sie sich gegen eine Entscheidung oder Maßnahme des Rechtspflegers oder anderer Vollstreckungsorgane richtet (etwa gegen eine Maßnahme des Gerichtsvollziehers). Die VV 3500 ff. sind nicht anwendbar; die Tätigkeit des Anwalts wird hier vielmehr durch die Gebühren nach VV 3309 abgegolten Siehe hierzu auch ausf. VV 3309 Rdn 178 ff.
Rz. 74
Nur dann, wenn der Anwalt ausschließlich mit der Erinnerung beauftragt ist, richtet sich die Vergütung nach den VV 3500 ff. Allerdings entstehen dann die Gebühren nicht in Höhe von 0,5, sondern nur in Höhe von 0,3 (§ 15 Abs. 6; siehe auch VV 3513 Rdn 2).
Beispiel: Der Anwalt wird ausschließlich mit der Erinnerung nach § 766 ZPO beauftragt, ohne auch im zugehörigen Vollstreckungsverfahren beauftragt zu sein (Wert: 3.000 EUR).
Die Erinnerung ist in VV 3500 geregelt und löst eine 0,5-Verfahrensgebühr aus. Die Hauptsache, nämlich das Zwangsvollstreckungsverfahren, ist in VV 3309 geregelt und löst lediglich eine 0,3-Verfahrensgebühr aus. Da die Erinnerung hier mit zum Verfahren zählt (§ 19 Abs. 2 S. 2), kann der Anwalt nicht höhere Gebühren verdienen als in der Hauptsache. Es entsteht zwar die Verfahrensgebühr nach VV 3500; diese ist jedoch nach § 15 Abs. 6 zu kürzen. Zu rechnen ist wie folgt:
1. |
0,3-Verfahrensgebühr, VV 3500 (Wert: 3.000 EUR) (gekürzt nach § 15 Abs. 6 i.V.m. VV 3309) |
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66,60 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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13,32 EUR |
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Zwischensumme |
79,92 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
15,18 EUR |
Gesamt |
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95,10 EUR |