Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Anwendungsbereich
a) Erinnerung gem. § 573 ZPO, § 11 Abs. 2 RPflG
Rz. 70
Die Vorschrift der VV 3500 erfasst sowohl die Erinnerungsverfahren nach § 573 Abs. 1 ZPO als auch nach § 11 Abs. 2 RPflG. Für andere Verfahren zur Abänderung der Entscheidung eines beauftragten oder ersuchten Richters, eines Rechtspflegers oder eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gilt die Vorschrift nicht.
b) § 181 GVG und § 4 Abs. 3 JVEG
Rz. 71
VV 3500 ist auch auf Beschwerden nach § 181 GVG gegen die Verhängung eines Ordnungsmittels anwendbar. Das Gleiche gilt für die Beschwerde nach § 4 Abs. 3 JVEG (siehe dazu auch Rdn 11).
c) §§ 158, 159 GVG
Rz. 72
Nicht anwendbar ist VV 3500 auf das Verfahren nach § 159 Abs. 2 GVG vor dem OLG gegen die Ablehnung oder Stattgabe (§ 158 Abs. 2 GVG) eines Rechtshilfeersuchens, da auch insoweit nicht das Verfahren nach § 573 Abs. 1 ZPO oder § 11 Abs. 2 RPflG gegeben ist. Hier richtet sich die Vergütung nach VV 3403, im Beschwerdeverfahren nach § 159 Abs. 3 GVG; vor dem BGH ist dagegen wieder VV 3500 anzuwenden.
d) Erinnerung gem. § 766 ZPO gegen Vollstreckungsmaßnahme
Rz. 73
Hinsichtlich der Erinnerungen in Vollstreckungsverfahren gilt § 19 Abs. 2 Nr. 2. Vollstreckungserinnerungen nach § 766 ZPO (gegen Vollstreckungsmaßnahmen) gehören immer zur jeweiligen Vollstreckungsmaßnahme (§ 18 Abs. 1 Nr. 1), unabhängig davon, ob sie sich gegen eine Entscheidung oder Maßnahme des Rechtspflegers oder anderer Vollstreckungsorgane richtet (etwa gegen eine Maßnahme des Gerichtsvollziehers). Die VV 3500 ff. sind nicht anwendbar; die Tätigkeit des Anwalts wird hier vielmehr durch die Gebühren nach VV 3309 abgegolten Siehe hierzu auch ausf. VV 3309 Rdn 178 ff.
Rz. 74
Nur dann, wenn der Anwalt ausschließlich mit der Erinnerung beauftragt ist, richtet sich die Vergütung nach den VV 3500 ff. Allerdings entstehen dann die Gebühren nicht in Höhe von 0,5, sondern nur in Höhe von 0,3 (§ 15 Abs. 6; siehe auch VV 3513 Rdn 2).
Beispiel: Der Anwalt wird ausschließlich mit der Erinnerung nach § 766 ZPO beauftragt, ohne auch im zugehörigen Vollstreckungsverfahren beauftragt zu sein (Wert: 3.000 EUR).
Die Erinnerung ist in VV 3500 geregelt und löst eine 0,5-Verfahrensgebühr aus. Die Hauptsache, nämlich das Zwangsvollstreckungsverfahren, ist in VV 3309 geregelt und löst lediglich eine 0,3-Verfahrensgebühr aus. Da die Erinnerung hier mit zum Verfahren zählt (§ 19 Abs. 2 S. 2), kann der Anwalt nicht höhere Gebühren verdienen als in der Hauptsache. Es entsteht zwar die Verfahrensgebühr nach VV 3500; diese ist jedoch nach § 15 Abs. 6 zu kürzen. Zu rechnen ist wie folgt:
1. |
0,3-Verfahrensgebühr, VV 3500 (Wert: 3.000 EUR) (gekürzt nach § 15 Abs. 6 i.V.m. VV 3309) |
|
66,60 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
13,32 EUR |
|
Zwischensumme |
79,92 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
15,18 EUR |
Gesamt |
|
95,10 EUR |
e) Erinnerung gem. § 732 ZPO gegen Vollstreckungsklausel
Rz. 75
Im Verfahren über die Erinnerung gegen Erteilung einer Vollstreckungsklausel ist VV 3500 anzuwenden. Es entsteht eine 0,5-Gebühr nach VV 3500.
f) Erinnerung im Mahnverfahren
Rz. 76
Ferner ist VV 3500 auch nicht auf den Widerspruch gegen einen Mahnbescheid anzuwenden (siehe Rdn 16). Hier gilt die spezielle Vorschrift der VV 3307. Gleiches gilt für den Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid. Anzuwenden ist die Vorschrift dagegen, wenn sich der Antragsteller mit der Erinnerung gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides wehrt.
2. Mehrere Erinnerungen
Rz. 77
Wird gegen dieselbe Entscheidung von verschiedenen Beteiligten jeweils Erinnerung oder Anschlusserinnerung eingelegt, so liegt insgesamt nur eine Angelegenheit vor. Es entsteht nur eine Gebühr aus dem Gesamtwert (§§ 22 Abs. 1, 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. § 45 Abs. 2 GKG).
Rz. 78
Hilft der Rechtspfleger der Erinnerung ab, so kann hiergegen – also gegen die Abhilfeentscheidung – wiederum von dem Erinnerungsgegner Erinnerung eingelegt werden. Auch dieser Erinnerung kann der Rechtspfleger abhelfen. Anderenfalls muss er die Sache dem Richter vorlegen. In beiden Fällen handelt es sich um eine neue Angelegenheit, sodass die Gebühren nach VV 3500, 3513 zweimal anfallen. Die Vorschrift des § 16 Nr. 10 steht dem nicht entgegen. Die Vorschrift gilt nur, wenn gegen dieselbe Kostenfestsetzung mehrere Erinnerungen eingelegt werden. Der Abhilfebeschluss stellt dagegen einen neuen selbstständigen Festsetzungsbeschluss dar, der selbstständig anfechtbar ist.
Rz. 79
Im Erinnerungsverfahren gilt § 21 Abs. 1 nicht, da das Erinnerungsverfahren keine neue Instanz eröffnet. Also auch dann, wenn der Instanzrichter die Sache zur erneuten Entscheidung an den Rechtspfleger zurückgibt, entstehen hier keine weiteren Gebühren.
Rz. 80
Entscheidet das Erstgericht irrtümlich, weil es von einer Erinnerung ausgeht, obwohl eine Beschwerde gegeben ist, und wird gegen diese Entscheidung nunmehr sofortige Beschwerde eingelegt, so liegen zwei Angelegenheiten vor (§ 15 Abs. 2). Es entsteht...