Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Ausdrücklicher Auftrag
Rz. 18
Dem Anwalt muss für das Beschwerdeverfahren ein Auftrag erteilt worden sein, § 15 Abs. 1. Soweit er selbst den Beschwerdeführer vertritt, wird er in aller Regel einen ausdrücklichen Auftrag erhalten haben.
2. Konkludente Auftragserteilung
a) Beschwerdeführer
Rz. 19
In Betracht kommt jedoch auch ein konkludent erteilter Auftrag. Ergibt sich im Verlaufe des Verfahrens, dass der Anwalt gehalten ist, eine Beschwerde einzulegen, so kann von einem konkludenten Einverständnis und Auftrag des Mandanten ausgegangen werden.
Dies wird immer dann der Fall sein, wenn der Auftraggeber im Nachhinein die Tätigkeit des Anwalts genehmigt oder wenn die Beschwerde erfolgreich war. Dann ergibt sich bereits aus dem Verlauf des Beschwerdeverfahrens, dass dieses zur ordnungsgemäßen Erledigung des Auftrags erforderlich war. Die Auftragserteilung für das Beschwerdeverfahren kann deshalb ggf. auch in der allgemeinen Beauftragung zur Prozessführung gesehen werden. Letztlich wird es hier immer auf den Einzelfall ankommen. Abzustellen ist auf die objektive Betrachtungsweise aus Sicht des Mandanten, ob er ein wirtschaftliches oder rechtliches Interesse an dem Ausgang des Beschwerdeverfahrens hat.
Beispiel 1: Der Anwalt legt für den unterlegenen Beklagten Streitwertbeschwerde ein und erreicht eine Reduzierung des Streitwerts.
Hier ist von einem Einverständnis des Auftraggebers und damit von einem konkludenten Auftrag auszugehen. Die erfolgreiche Streitwertbeschwerde verringert die Kostenlast des Beklagten und gereicht ihm letztlich zum wirtschaftlichen Vorteil. Zumindest würde dem Anwalt hier ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zustehen.
Beispiel 2: Der Anwalt legt für den Beklagten Beschwerde gegen einen Aussetzungsbeschluss ein.
Sofern hier nicht besondere Gründe dafür sprechen, dass der Beklagte an einer beschleunigten Entscheidung interessiert ist, dürfte die Beschwerde gegen den Aussetzungsbeschluss nicht seinem Interesse entsprechen. Von einem konkludenten Auftrag dürfte daher nicht auszugehen sein.
b) Beschwerdegegner
Rz. 20
Wird der Anwalt für den Beschwerdegegner tätig, so wird es häufiger an einem ausdrücklichen Auftrag fehlen. Der Anwalt nimmt in der Praxis in aller Regel die Beschwerdeschrift entgegen und nimmt sogleich hierzu Stellung. Soweit vielfach in den Kommentaren und Entscheidungen zu lesen ist, bereits mit Entgegennahme der Beschwerdeschrift werde die Vergütung nach VV 3500 ausgelöst, ist dies unzutreffend. Erforderlich ist zunächst einmal ein Auftrag. Da der Anwalt vor Entgegennahme der Beschwerdeschrift den Auftraggeber über die eingelegte Beschwerde aber noch gar unterrichtet haben kann, wird er daher auch noch keinen Auftrag erhalten haben können.
Rz. 21
Lediglich in Ausnahmefällen, in denen eine Beschwerde zu erwarten ist und der Auftraggeber bereits prophylaktisch den Auftrag erteilt, sich gegen die zu erwartende Beschwerde zu verteidigen, kann mit Entgegennahme der Beschwerdeschrift die Vergütung nach VV 3500 ausgelöst werden. Es muss dann danach gefragt werden, ob der Anwalt aufgrund des generellen Auftrags davon ausgehen durfte, dass er auch für ein Beschwerdeverfahren beauftragt sei, also ob die Tätigkeit des Anwalts für den Beschwerdegegner im Einverständnis des Mandanten liegt und durch den generellen Verfahrensauftrag gedeckt ist. Es wird wiederum auf den Einzelfall ankommen. Von einem solchen konkludenten Auftrag ist auszugehen, wenn die Gegenseite Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss einlegt, mit der sie die Festsetzung weiterer Kosten begehrt oder die Absetzung zugunsten der Partei festgesetzter Kosten. Auch soweit der Anwalt die Beschwerde erfolgreich abwehrt und der Gegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat, wird man von einem konkludenten Auftrag, zumindest aber von einer Genehmigung, ausgehen können. Soweit kein erkennbares Interesse an dem Beschwerdeverfahren besteht, dürfte ein konkludenter Auftrag abzulehnen sein. Die Auftragserteilung für das Beschwerdeverfahren kann ggf. auch in der allgemeinen Beauftragung zur Prozessführung gesehen werden.
Beispiel: Die Gegenseite lehnt den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Soweit der der Beschwerdegegner an dem Ausgang des Verfahrens kein eigenes Interesse hat, wird er kaum dem Anwalt einen entsprechenden Auftrag erteilen.