1. Allgemeines
Rz. 66
In Abs. 5 sind vier Tätigkeitsbereiche des Anwalts geregelt, die jeweils eigene Gebührenangelegenheiten (§ 15 Abs. 1) darstellen und für die eine gesonderte Vergütung entsteht. Es handelt sich um
▪ |
die Verfahren über die Erinnerung und die Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss (Abs. 5 Nr. 1, 1. Alt.), |
▪ |
die Verfahren über die Erinnerung und die Beschwerde gegen den Kostenansatz (Abs. 5 Nr. 1, 2. Alt.), |
▪ |
die Verfahren in Zwangsvollstreckungssachen (Abs. 5 Nr. 2, 1. Alt.) und |
▪ |
Beschwerdeverfahren gegen bestimmte Entscheidungen (Abs. 5 Nr. 2, 2. Alt.). |
Rz. 67
Diese Tätigkeiten werden weder durch die Grundgebühr noch durch die Verfahrenspauschgebühren der VV 4104 ff. abgegolten; VV Vorb. 4.1 gilt insoweit nicht. Der Anwalt erhält vielmehr nach Abs. 5 gesonderte Gebühren, und zwar auch dann, wenn er im vorangegangenen Verfahren als Verteidiger oder Vertreter eines anderen Beteiligten (Privatkläger, Nebenkläger) tätig war.
Rz. 68
Die Vergütung selbst ist nicht in Abs. 5 geregelt. Die Vorschrift verweist für diese gesonderten Angelegenheiten vielmehr auf die Gebühren nach VV Teil 3.
2. Regelungsgehalt
a) Erinnerung oder Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss (Abs. 5 Nr. 1, 1. Alt.)
aa) Kostenfestsetzung
Rz. 69
Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede die strafrechtliche Verfolgung einstellende Entscheidung muss gleichzeitig darüber befinden, wer die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Beteiligten zu tragen hat. Auch ein Vergleich, etwa im Privatklageverfahren, kann als Kostengrundentscheidung in Betracht kommen. Auf Grund dieser Kostenentscheidung wird dann gemäß § 464b StPO vom Rechtspfleger (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 RPflG) der jeweils zu erstattende Betrag festgesetzt.
Rz. 70
Die Tätigkeit im Kostenfestsetzungsverfahren sowie die Tätigkeit im Verfahren auf Erlass einer Kostenentscheidung, einschließlich eines Ergänzungs- oder Berichtigungsantrags und der Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung (§ 464 Abs. 3 StPO), gehören noch zu den Aufgaben des Anwalts im Ausgangsverfahren und werden daher durch Gebühren der VV 4104 ff. abgegolten (VV Vorb. 4.1 Abs. 2; § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 13).
Rz. 71
Gleiches gilt für ein Verfahren auf Festsetzung des Streitwertes nach §§ 32 oder 33 (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3).
Rz. 72
Soweit der Anwalt ausschließlich mit der Tätigkeit im Kostenfestsetzungsverfahren beauftragt ist, mit dem Erwirken einer Kostenentscheidung oder mit einer Kostenbeschwerde, gilt insoweit VV 4302 Nr. 2 (bislang § 91 Nr. 1 BRAGO). Die gegenteilige Auffassung von Hartmann, es gelte insoweit VV 3403 (bislang § 56 Abs. 1 BRAGO), ist abzulehnen, da Abs. 5 Nr. 1 die Gebühren des VV Teil 3 ausdrücklich nur für die Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren anordnet. Die Gegenauffassung würde darüber hinaus zu dem kuriosen Ergebnis führen, dass der Anwalt bei einer hohen Kostenerstattungsforderung mehr an Gebühren erhielte als der Verteidiger im vorangegangenen Verfahren, da VV 3403 im Gegensatz zu den VV 4100 ff. keinen Höchstbetrag vorsieht.
bb) Erinnerung, Beschwerde
Rz. 73
Gegen die Kostenfestsetzung ist seit der Änderung des RPflG durch das Dritte Gesetz zur Änderung des RPflG vom 6.8.1998 gemäß § 11 Abs. 1 RPflG dasjenige Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist. Die früher gegebene Durchgriffserinnerung ist abgeschafft. Dies wiederum bedeutet, dass gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss in Strafsachen grundsätzlich die sofortige Beschwerde nach § 304 Abs. 1 StPO gegeben ist, wobei wiederum umstritten ist, ob die Beschwerdefrist nach § 311 Abs. 2 StPO eine Woche oder gemäß § 464b S. 3 StPO i.V.m. §§ 104 Abs. 3, 577 Abs. 2 S. 1 ZPO zwei Wochen beträgt.
Rz. 74
Voraussetzung für die Zulässigkeit der Beschwerde ist, dass ein Beschwerdewert von 200 EUR überschritten wird (§ 304 Abs. 3 StPO). Über die Beschwerde entscheidet das Beschwerdegericht, sofern der Rechtspfleger nicht abhilft. Eine weitere Beschwerde ist nicht gegeben. Auch kommt in Strafsachen – im Gegensatz zu den zivilrechtlichen Angelegenheiten – die Rechtsbeschwerde nicht in Betracht.
Rz. 75
Ist der Beschwerdewert nicht erreicht, so ist wie bisher die Erinnerung gegeben (§ 11 Abs. 2 RPflG). Über die Erinnerung entscheidet der Rechtspfleger, soweit er ihr abhilft. Anderenfalls legt er sie dem Instanzrichter vor, der abschließend und unanfechtbar entscheidet.
Rz. 76
Hilft der Rechtspfleger der Erinnerung ab, so kann hiergegen wiederum eine erneute Erinnerung eingelegt werden. Auch dieser Erinnerung kann der Rechtspfleger abhelfen. Anderenfalls muss er die Sache dem Richter vorlegen.