1. Anwendungsbereich

 

Rz. 12

Nach VV 4200 erhält der Verteidiger die Verfahrensgebühr für ein Verfahren über

1.

die Erledigung oder Aussetzung der Maßregel der Unterbringung

a) in der Sicherungsverwahrung,
b) in einem psychiatrischen Krankenhaus oder
c) in einer Entziehungsanstalt,
2. die Aussetzung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe oder einer lebenslangen Freiheitsstrafe oder
3. den Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung oder den Widerruf der Aussetzung einer Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung.
 

Rz. 13

Wird der Rechtsanwalt dem Untergebrachten im Überprüfungsverfahren nach § 67e StGB beigeordnet, richtet sich die Vergütung nach VV Teil 4 Abschnitt 2. Es handelt sich grundsätzlich nicht um eine Einzeltätigkeit i.S.v. VV Teil 4 Abschnitt 3.[8] Nur dann, wenn er mit Einzeltätigkeiten im Überprüfungsverfahren nach § 67e StGB beauftragt ist, gelten nicht die VV 4200 ff., sondern VV 4300 Nr. 3. Soweit VV 4300 Nr. 3 ausdrücklich auf das Verfahren nach § 67e StGB Bezug nimmt, muss die gesamte Vorschrift gelesen werden. Dort heißt es nämlich "Verfahrensgebühr für die Anfertigung und Unterzeichnung einer Schrift... in Verfahren nach § 67e StGB". Diese Gebühr betrifft also nur den Fall, dass der Anwalt ausschließlich damit beauftragt ist, in einem Verfahren nach § 67e StGB eine Schrift anzufertigen oder zu unterzeichnen. Geht der Auftrag bzw. die Bestellung jedoch darüber hinaus, sind die VV 4200 ff. anzuwenden.[9]

 

Rz. 14

Auch die Vergütung eines Rechtsanwalts im Verfahren über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung richtet sich nach VV 4200 ff. und nicht nach VV 4300 ff., wenn der Anwalt aufgrund des ihm erteilten Mandats als Verteidiger anzusehen ist. Das gilt auch dann, wenn er erst für das Verfahren über den Widerruf der Strafaussetzung mandatiert worden ist.[10]

 

Rz. 15

Das Verfahren über die Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer einer lebenslangen Freiheitsstrafe ist kostenrechtlich als Teil des Verfahrens über die Aussetzung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe oder einer lebenslangen Freiheitsstrafe nach VV 4200 Nr. 2 anzusehen.[11]

 

Rz. 16

Zu den Verfahren nach VV 4200 Nr. 3 zählt auch das Verfahren über die befristete Wiederinvollzugsetzung einer ausgesetzten Unterbringungsmaßregel nach §§ 63, 64 StGB (Krisenintervention gem. § 67h StGB). Es handelt sich kostenrechtlich um einen Teil des Verfahrens über den Widerruf der Maßregelaussetzung.[12]

[8] OLG Schleswig AGS 2005, 120 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2005, 70 = JurBüro 2005, 252; Burhoff/Volpert, RVG, VV 4200, Rn 9.
[9] OLG Schleswig AGS 2005, 120 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2005, 70 = JurBüro 2005, 252; KG AGS 2005, 393 = RVGreport 2005, 102 = JurBüro 2005, 251.
[10] OLG Frankfurt NStZ-RR 2005, 253; Burhoff/Volpert, VV 4200 Rn 6.
[11] KG AGS 2011, 542 = RVGreport 2011, 344 = JurBüro 2011, 590.

2. Die Gebühren

a) Keine Grundgebühr

 

Rz. 17

Eine Grundgebühr fällt in der Strafvollstreckung nicht an, unabhängig davon, ob der Anwalt bereits im vorangegangenen Strafverfahren tätig war oder nicht. Die Vorschrift der VV 4100 gilt nur innerhalb des Abschnitts 1, nicht aber auch für Abschnitt 2.[13] Der Anwalt kann daher nur Verfahrens- und Terminsgebühren verdienen.[14]

[13] KG RVGreport 2008, 463= JurBüro 2009, 83.
[14] OLG Schleswig AGS 2005, 120 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2005, 70 = JurBüro 2005, 252; KG AGS 2005, 393 = RVGreport 2005, 102 = JurBüro 2005, 251.

b) Verfahrensgebühr (VV 4200, 4201)

 

Rz. 18

Der Anwalt erhält zunächst einmal eine Verfahrensgebühr. Die Gebühr entsteht mit der ersten Tätigkeit, also in der Regel mit der Entgegennahme der Information (VV Vorb. 4 Abs. 2).

 

Rz. 19

Der Gebührenrahmen beläuft sich nach VV 4200 für den Wahlanwalt auf 66 EUR bis 737 EUR; die Mittelgebühr beträgt 401,50 EUR. Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt erhält eine Festgebühr i.H.v. 321 EUR.

 

Rz. 20

Befindet sich der Verurteilte nicht auf freiem Fuß, erhält der Verteidiger nach VV Vorb. 4 Abs. 4 die Gebühr mit Zuschlag (VV 4201). Der Gebührenrahmen beläuft sich dann auf 66 EUR bis 921 EUR; die Mittelgebühr beträgt 493,50 EUR. Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt erhält eine Festgebühr i.H.v. 395 EUR.

 

Rz. 21

Nach OLG Stuttgart[15] kommt im Überprüfungsverfahren nach § 67e StGB ein Haftzuschlag nicht in Betracht, wenn ein im psychiatrischen Krankenhaus Untergebrachter im gesamten Verfahrensabschnitt in einer betreuten Wohneinrichtung wohnt, in der seine Bewegungsfreiheit keinen Einschränkungen unterliegt. Nach OLG Jena[16] fällt der Haftzuschlag dagegen an, wenn sich ein Untergebrachter im Rahmen von Lockerungen in einem Übergangswohnheim befindet.

[15] AGS 2010, 429 = RVGreport 2010, 388 = Justiz 2010, 381.
[16] AGS 2009, 385 = NJW-Spezial 2009, 557.

c) Terminsgebühr (VV 4202, 4203)

 

Rz. 22

Neben den Verfahrensgebühren erhält der Verteidiger auch eine Terminsgebühr. In den Verfahren nach VV 4200 erhält der Verteidiger als Wahlanwalt gemäß VV 4202 eine Terminsgebühr i.H.v. 66 EUR bis 330 EUR; die Mittelgebühr beträgt 198 EUR. Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt erhält eine Festgebühr...

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