I. Allgemeines
Rz. 48
Die Vorschrift des Abs. 3 S. 1 gibt an, wie die nach VV 7003 bis 7006 zu berechnenden Reisekosten zu verteilen sind, wenn eine Geschäftsreise in mehreren Angelegenheiten gleichzeitig durchgeführt wird. Sie regelt nicht, welche Vergütung dem Anwalt für die Ausführung von Geschäftsreisen zusteht; dies ergibt sich vielmehr aus VV 7003 bis 7006.
Rz. 49
Nimmt der Anwalt anlässlich einer Geschäftsreise am Zielort oder unterwegs auch einen privaten Termin wahr, so ist keine anteilige Aufteilung der Reiskosten nach Abs. 3 S. 1 vorzunehmen, weil die Reise nicht mehreren abrechenbaren Geschäften gedient hat.
II. Berechnung
Rz. 50
Wird eine Geschäftsreise für mehrere Angelegenheiten durchgeführt – unabhängig davon, ob auch für mehrere Auftraggeber oder für denselben –, so sind die gesamten Reisekosten grundsätzlich gemäß Abs. 3 S. 1 verhältnismäßig aufzuteilen. Dies gilt insbesondere für sog. Rundreisen, bei denen für mehrere Auftraggeber auf einer Reise mehrere Ziele angefahren werden.
Rz. 51
Jeder Auftraggeber haftet bei einer solchen gemeinsamen Geschäftsreise nur für seinen Anteil und nicht etwa für die Kosten, die entstanden wären, wenn der Anwalt allein für ihn gereist wäre. Eine Haftung der Auftraggeber als Gesamtschuldner oder nach § 7 Abs. 2 S. 1 kommt hier nicht in Betracht, da der Anwalt nicht in derselben Angelegenheit tätig wird.
Rz. 52
Bei der Berechnung des auf die jeweilige Angelegenheit entfallenden Anteils ist in folgenden Schritten vorzugehen:
1. |
Zunächst sind die tatsächlichen (erstattungsfähigen) Gesamtkosten zu berechnen. |
2. |
Sodann sind die fiktiven Einzelreisekosten zu ermitteln, die angefallen wären, wenn der Anwalt die Reisen für jeden Mandanten einzeln durchgeführt hätte. |
3. |
Schließlich muss noch die Summe der Kosten der fiktiven einzelnen Reisen errechnet werden. |
4. |
Alsdann werden die fiktiven Einzelreisekosten des Mandanten mit der Summe der tatsächlichen erstattungsfähigen Reisekosten multipliziert und durch den Gesamtbetrag aller fiktiven Reisekosten dividiert. Es gilt also folgende Formel: |
Fiktive Einzelreisekosten des Mandanten x tatsächliche erstattungsfähige Gesamtreisekosten |
Summe aller fiktiven Einzelreisekosten |
Beispiel 1: Der Anwalt hat seine Kanzlei in Köln. Für Mandant A fährt er zum LG Bonn und anschließend für Mandant B zum LG Koblenz. Das LG Bonn liegt 30 km von der Kanzlei entfernt, das LG Koblenz 120 km, die Entfernung zwischen LG Bonn und LG Koblenz beträgt 100 km. Es ergibt sich folgende Berechnung:
(1) Tatsächliche erstattungsfähige Gesamtreisekosten
Fahrtkosten, VV 7003 ([30 + 100 + 120 km] x 0,42 EUR/km) |
105,00 EUR |
Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, VV 7005 Nr. 2 |
50,00 EUR |
Gesamt |
155,00 EUR |
(2) Fiktive Einzelreisekosten
Mandant A:
Fahrtkosten, VV 7003 (2 x 30 km x 0,42 EUR/km) |
25,20 EUR |
Abwesenheitspauschale bis 4 Stunden, VV 7005 Nr. 1 |
30,00 EUR |
Gesamt |
55,20 EUR |
Mandant B:
Fahrtkosten, VV 7003 (2 x 120 km x 0,42 EUR/km) |
100,80 EUR |
Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, VV 7005 Nr. 2 |
50,00 EUR |
Gesamt |
150,80 EUR |
|
|
(3) Summe der fiktiven Einzelreisekosten (55,20 EUR + 150,80 EUR =) |
206,00 EUR |
(4) Anteilige Kosten
Mandant A hat zu zahlen: 55,20 EUR x 155,00 EUR ./. 206,00 EUR |
= 41,53 EUR |
Mandant B hat zu zahlen: 150,80 EUR x 155,00 EUR ./. 206,00 EUR |
= 113,47 EUR |
Gesamt (Kontrolle) |
155,00 EUR |
Rz. 53
Einfach ist die Berechnung, wenn der Anwalt in mehreren Angelegenheiten zum selben Termin fährt. Dann entstehen die Reisekosten nur einmal. Sie sind dann durch die Anzahl der Angelegenheiten (unabhängig von der Anzahl der Mandanten) zu dividieren. So sind die Reisekosten bei zwei Angelegenheiten zu halbieren, bei drei Angelegenheiten zu dritteln etc.
Rz. 54
Komplizierter ist die Abrechnung bei sog. Rundreisen (vgl. Rdn 50). Hier können zudem Kosten anfallen, die der Anwalt bei einzelner Betrachtung der Reise an sich nicht erstattet verlangen könnte (z.B. Übernachtungskosten), die aber bei einer Gesamtbetrachtung letztlich zur Vermeidung anderer Kosten geführt haben.
Beispiel 2: Der Anwalt hat seine Kanzlei in Köln. Für Mandant A nimmt er am 10.9. an einem Termin in Frankfurt teil. Von dort fährt er weiter nach Freiburg, wo er übernachtet (100 EUR) und am nächsten Tag für Mandant B vor dem LG an einem Verhandlungstermin teilnimmt. Von dort fährt er dann wieder nach Köln zurück. Es ergibt sich folgende Berechnung (Entfernungen: Köln – Frankfurt 200 km; Frankfurt – Freiburg 250 km; Freiburg – Köln 440 km):
(1) Tatsächliche Gesamtreisekosten
Fahrtkosten, VV 7003 ([200 + 250 + 440 km] x 0,42 EUR/km) |
373,80 EUR |
2 Abwesenheitspauschalen über 8 Stunden, VV 7005 Nr. 3 |
160,00 EUR |
Übernachtungskosten |
160,00 EUR |
Gesamt |
693,80 EUR |
(2) Fiktive Einzelreisekosten
Mandant A:
Fahrtkosten, VV 7003 (2 x 200 km x 0,42 EUR/km) |
168,00 EUR |
Abwesenheitspauschale 4 bis 8 Stunden, VV 7005 Nr. 2 |
50,00 EUR |
Gesamt |
218,00 EUR |
Mandant B:
Fahrtkosten, VV 7003 (2 x 440 km x 0,42 EUR/km) |
369,60 EUR |
Abwesenheitspauschale über 8 Stunden, VV 7005 Nr. 3 |
80,00 EUR |
Gesamt |
44... |