I. Zuständigkeit für Kostenentscheidung nach Rücknahme des Mahnantrags
Rz. 129
Der BGH hat entschieden, dass nach Rücknahme des Mahnantrags für den Erlass einer Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die Zuständigkeit des für die Durchführung des streitigen Verfahrens zuständigen Gerichts besteht. An dieses ist nach Rücknahme des Mahnantrags das Verfahren vom Mahngericht zur Entscheidung über die Kosten abzugeben. Ausdrücklich hat der BGH erklärt, dass dies jedoch nur dann der Fall ist, wenn eine Partei – im entschiedenen Fall der Antragsteller – dies beantragt.
Es gilt daher wie folgt zu unterscheiden:
1. Antragsteller beantragt ausdrücklich die Durchführung des streitigen Verfahrens und nimmt den Mahnantrag zurück
Rz. 130
In diesem Fall gilt, dass das Gericht der Hauptsache für eine Kostenentscheidung zuständig ist. Auf Antrag des Antragstellers hat das Mahngericht die Sache an das für das streitige Verfahren zuständige Gericht abzugeben.
Rz. 131
Der Abgabeantrag kann hierbei sowohl ausdrücklich etwa durch entsprechendes Ankreuzen des sich im Mahnbescheidsvordruck befindlichen Kästchens als auch konkludent durch Zahlung des für die Durchführung des Streitverfahrens notwendigen Kostenvorschusses ergeben.
Rz. 132
Für das Festsetzungsverfahren bleibt es dann ebenfalls bei der Zuständigkeit des Streitgerichts. Dies ergibt sich unmittelbar aus der Formulierung des § 103 Abs. 1 S. 1 ZPO ("Gericht des ersten Rechtszuges").
2. Antragsteller beantragt ausdrücklich bzw. konkludent nicht die Durchführung des streitigen Verfahrens und nimmt den Mahnantrag zurück
Rz. 133
Fraglich ist, ob das Streitgericht für eine Kostenentscheidung auch dann zuständig ist, wenn der Antragsteller zwar den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gestellt, es allerdings ausdrücklich unterlassen hat, im Falle eines Widerspruchs die Sache an das Streitgericht abzugeben bzw. nach Aufforderung der Zahlung eines entsprechenden Kostenvorschusses diesen nicht leistet.
Rz. 134
Erledigt sich zwischenzeitlich das Verfahren durch Zahlung und wird daher der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids zurückgenommen, so ist zunächst für die direkte Anwendbarkeit der BGH-Entscheidung kein Raum. Ein ausdrücklicher bzw. konkludenter Abgabeantrag an das Gericht der Hauptsache liegt nämlich nicht vor. Bleibt daher in solchen Fällen doch das Mahngericht für eine Kostenentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO zuständig?
Rz. 135
Diese Frage lässt sich meines Erachtens nur aus der Begründung der zitierten BGH-Entscheidung beantworten. Denn nach Auffassung des BGH kommt eine Zuständigkeit des Mahngerichts nach Antragsrücknahme deshalb nicht in Betracht, weil im Mahnverfahren, das auf eine formalisierte Erledigung einer großen Anzahl von Verfahren angelegt ist, für eine Entscheidung aufgrund billigen Ermessens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach freigestellter mündlicher Verhandlung (§ 128 Abs. 4 ZPO) kein Raum ist.
Rz. 136
Diese Begründung ist zu übertragen, so dass es letztlich bei einer Zuständigkeit des Streitgerichts für den Erlass einer Kostenentscheidung und Festsetzung verbleibt.
3. Antragsgegner legt Widerspruch ein und der Antragsteller nimmt daraufhin den Antrag zurück
Rz. 137
Wird aufgrund des Widerspruchs das Mahnverfahren durch den Antragsteller zurückgenommen und daraufhin ein Abgabeantrag an das Gericht der Hauptsache gestellt, ist ebenfalls sowohl für den Erlass einer Kostenentscheidung als auch für die Kostenfestsetzung das angerufene Gericht der Hauptsache zuständig. Hierbei ist es unerheblich, ob der Abgabeantrag vom Antragsteller oder vom Widerspruch einlegenden Antragsgegner gestellt wird. Denn in seiner Begründung geht der BGH ausdrücklich davon aus, dass eine Partei den Antrag stellen muss.
Der Erstattungsanspruch des Beklagten, der nach Widerspruch gegen einen Mahnbescheid und im Anschluss an den klägerischen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens Klageabweisung beantragt, umfasst, wenn zu diesem Zeitpunkt eine Anspruchsbegründung nicht vorliegt, allerdings lediglich die verminderte Verfahrensgebühr nach VV 3101 aus dem Hauptsachestreitwert. Angesichts der vorliegenden prozessrechtlichen Situation, bei der nicht feststeht, ob das gerichtliche Verfahren tatsächlich durchgeführt wird, ist es dem Beklagten zuzumuten, mit der Stellung des Klageabweisungsantrages zuzuwarten, bis eine entsprechende Klagebegründung vorliegt. Vor diesem Zeitpunkt ist es dem Beklagten nicht möglich, sich inhaltlich mit dem Klageantrag und einer Begründung hierzu auseinanderzusetzen und das Verfahren durch einen entsprechenden Gegenantrag zu fördern. Die Argumentation der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die im Zeitraum vor Begründung einer Berufung lediglich die Erstattungsfähigkeit der verringerten Verfahrensgebühr anerkennt, ist auf die vorliegende Verfahrenssituation sinngemäß zu übertragen. Dass die Streitsache mit der Abgabe des Verfahrens an das Prozessgericht als rechtshängig gilt (§ 696 Abs. 3 ZPO), ändert nichts an der in jede...