Bei Tod eines Ehegatten während eines laufenden Scheidungsverfahrens verliert der überlebende Ehegatte sein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht nach § 1933 BGB unter folgenden Voraussetzungen:
- wenn zur Zeit des Erbfalls die materiellen Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und
- der Erblasser selbst die Scheidung beantragt hat oder
- dem Scheidungsantrag des länger lebenden Ehegatten zugestimmt hat.
Der Verlust des Ehegattenerbrechts tritt gem. § 1933 Satz 2 BGB auch dann ein, wenn der Erblasser berechtigt war, einen Antrag auf Eheaufhebung (§§ 1313 ff. BGB) zu stellen und einen solchen Antrag gestellt hat.
Betreiben beide Ehegatten die Scheidung, verlieren beide ihre gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechte. Stellt jedoch nur einer der Ehegatten Scheidungsantrag und verhält sich der andere passiv oder widerspricht der Scheidung, so verliert nur der Scheidungsunwillige seine gesetzlichen Erbrechte, nicht aber der Ehegatte, der das Scheidungsverfahren betreibt.
Praxishinweis:
Der Mandant ist auf diesen einseitigen Erbrechtsausschluss ausdrücklich hinzuweisen. Diese Ungleichbehandlung der Eheleute kann dadurch vermieden werden, dass der Mandant seinerseits der Scheidung zustimmt, besser noch einen eigenen Scheidungsantrag stellt. Folgt der Mandant diesem Ratschlag nicht, ist er sofort zu veranlassen, eine eigene Verfügung von Todes wegen zu errichten, mit der wenigstens das gesetzliche Erbrecht des die Scheidung betreibenden Ehegatten ausgeschlossen werden kann.
Formelle Voraussetzung für den Verlust des Ehegattenerbrechts ist, dass der Scheidungsantrag vor dem Tod des Erblassers zugestellt worden ist(§ 124 Satz 2 FamFG i. V. m. § 253 Abs. 1 ZPO). Die Zustellung des Antrags nach dem Tod des Erblassers ist dafür nicht ausreichend. Die Rückwirkungsfiktion des § 167 ZPO gilt nicht, da es in einem solchen Fall weder um eine Fristwahrung zur Erhaltung eines Rechts noch um die Hemmung der Verjährung geht. Ebenso genügt die bloße Einreichung des Antrags trotz des Umstands, dass der Antragsteller auf den Zeitpunkt der Zustellung keinen Einfluss nehmen kann, nicht.
Bei Rücknahme des Scheidungsantrags durch den Antragsteller entfällt die Wirkung des § 1933 BGB, sofern die Rücknahme vor dem Tod des Erblassers erfolgt ist.
Ist ein Scheidungsantrag wirksam zurückgenommen, ist das Verfahren als nicht rechtshängig geworden anzusehen. Das hat zur Folge, dass auch die Zustimmung des Erblassers zur Scheidung ihre Wirkung verliert (§ 269 Abs. 3 ZPO).
Diese Rechtsfolge (Wiederaufleben des Ehegattenerbrechts des die Scheidung betreibenden Ehegatten) kann dadurch verhindert werden, dass der Mandant einen eigenen Scheidungsantrag stellt.
Derjenige, der sich, z. B. im Rahmen einer Erbenfeststellungsklage oder in einem Erbscheinsverfahren auf den Ausschluss des Ehegattenerbrechts beruft, muss die Voraussetzungen des § 1933 BGB einschließlich der Scheidungsvoraussetzungen im Sinne der §§ 1565 ff. BGB darlegen und beweisen. Innerhalb eines solchen Verfahrens ist dann unter anderem die Begründetheit eines Scheidungsantrags von dem erkennenden Gericht als Vorfrage zu klären.