3.2.3.1 Grundsätzliches zur Erbengemeinschaft
Die Entstehung der Erbengemeinschaft erfolgt kraft Gesetzes. Sie entsteht allein aufgrund der Tatsache, dass der Erblasser mehrere Erben hinterlässt. Den Erben steht die Nachlassverwaltung gemeinschaftlich zu, § 2038 Abs. 1 BGB. Die Nachlassverwaltung umfasst alle Maßnahmen, die zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung des Nachlasses sowie zur Gewinnung der Nutzungen und Bestreitung der laufenden Verbindlichkeiten erforderlich oder geeignet sind.
Für die Willensbildung innerhalb der Erbengemeinschaft gilt grundsätzlich (bei Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung) das Mehrheitsprinzip, wobei sich die Stimmen nach der Größe der Erbteile berechnen (§ 2038 Abs. 2, § 745 Abs. 1 Satz 2 BGB). Etwas anderes gilt nur bei Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung gem. § 2038 Abs. 1 Satz 1 BGB (Einstimmigkeitsprinzip) und bei so genannten Notmaßnahmen, § 2038 Abs. 1 Satz 2 HS 2 BGB (Einzelverwaltung).
Die Erbengemeinschaft ist kein eigenständiges Rechtssubjekt. Sie ist nicht parteifähig i. Satz d. § 50 ZPO.
Die Erbengemeinschaft endet mit der Auseinandersetzung.
3.2.3.2 Vertretung des Minderjährigen
Sind Minderjährige an einer Erbengemeinschaft beteiligt, so stellen sich bei Rechtsgeschäften, die für diese im Zuge der Verwaltung und Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft vorzunehmen sind, stets zwei Fragen:
Zunächst ist zu prüfen, ob die Eltern als die gesetzlichen Vertreter des Kindes dieses vertreten können, § 1643 BGB i. V. m. § 1821 BGB oder § 1822 BGB oder ausnahmsweise von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen sind und deshalb einen Ergänzungspfleger bestellt werden muss, § 1629 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 1795, 1909 BGB.
Anschließend ist zu untersuchen, ob die Eltern bzw. der Ergänzungspfleger für das konkrete Rechtsgeschäft einer gerichtlichen Genehmigung bedürfen.
Praxishinweis zur Zuständigkeit:
Sofern die Eltern den Minderjährigen vertreten, erteilt das für den Wohnsitz des Minderjährigen zuständige Familiengericht die erforderlichen Genehmigungen.
Bei Vertretung durch einen Vormund oder einen Ergänzungspfleger wurden bisher erforderliche Genehmigungen durch das Vormundschaftsgericht erteilt. Hierfür ist seit 1.9.2009 gem. § 151 Nr. 4 und Nr. 5 FamFG das Familiengericht zuständig.
Umstritten war die Zuständigkeit für die Bestellung des Ergänzungspflegers: In diesen Fällen war es bislang zur Vermeidung von Verzögerungen notwendig, sich vor Antragstellung beim zuständigen Amtsgericht nach der aktuellen Praxis zu erkundigen. Das ist ab 1.9.2009 entbehrlich: Gemäß § 151 Nr. 5 FamFG ist für die Bestellung eines sonstigen Vertreters für einen Minderjährigen (Vormund, Ergänzungspfleger) das Familiengericht zuständig.
3.2.3.2.1 Ausschluss der Vertretungsmacht der Eltern bzw. eines Vormunds
Ist der gesetzliche Vertreter eines Minderjährigen an dessen Vertretung verhindert, ist nach § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB für die Wahrnehmung der in Betracht kommenden Angelegenheit ein Ergänzungspfleger zu bestellen, soweit hierfür ein Bedürfnis besteht. Unter den Begriff der Verhinderung fallen nach allgemeiner Auffassung tatsächliche als auch rechtliche Verhinderungen. Die in der erbrechtlichen Praxis häufigsten Fälle einer solchen Verhinderung sind das Vorliegen eines Vertretungsausschlusses nach (§ 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB i. V. m.) §§ 1795, 1796 BGB und § 181 BGB. Ist bei einem Elternteil ein Ausschlussgrund gegeben, so ist die gesetzliche Vertretung des Kindes durch den anderen Elternteil auf Grund des Gesamtvertretungsprinzips gem. § 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich ebenfalls ausgeschlossen.
Die Vorschrift des § 181 BGB findet keine Anwendung, wenn das Rechtsgeschäft dem Kind lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Rechtlich vorteilhaft in diesem Sinne bedeutet, dass das Geschäft für den Minderjährigen keinerlei Rechtsnachteil bringen darf. Auf eine wirtschaftliche Betrachtung kommt es dagegen nicht an.
Im Zusammenhang mit den Vertretungsverboten nach §§ 181, 1795 BGB hat sich in Rechtsprechung und Literatur inzwischen folgende Leitlinie herausgebildet: Nicht ausreichend für den Ausschluss der Vertretungsmacht der Eltern ist, dass diese neben ihren Kindern an einem Vertragsschluss beteiligt sind und lediglich parallele Erklärungen abgeben; das heißt, wenn die Beteiligten auf derselben Seite des Rechtsgeschäfts auftreten.
Anders zu beurteilen ist dies bei zusammengesetzten Rechtsgeschäften, bei denen der gesetzliche Vertreter nur in Einzelpunkten zugleich Erklärender und Erklärungsempfänger ist. In einem solchen Fall unterliegt der Vertreter dem Vertretungsverbot in allen behandelten Teilen, wenn diese nach dem Willen der Beteiligten einheitlich miteinander stehen und fallen sollen. Dies gilt insbesondere bei der Erbauseinandersetzung und der Erbteilsübertragung.
Beispiel
Im Rahmen der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft, bestehend aus drei minderjährigen Kindern und einem Elternteil, soll ein Nachlassgrundstück im Wege eines Kaufvertrages an einen Dritten übertragen werden.
Da es sich dabei um eine Verfügung über Grundbesitz handelt, ist zwar eine familiengerichtliche Genehmigung des...