5.1 Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten
5.1.1 Anspruchsgrundlagen
§ 1586b BGB regelt den Übergang der Unterhaltsverpflichtung des geschiedenen Ehegatten auf den Erben. Dies gilt ab der Scheidung, aber auch schon dann, wenn der überlebende Ehegatte von seinem Erbrecht wegen der Beantragung der Scheidung oder Aufhebung der Ehe bereits ausgeschlossen, die Ehe aber noch nicht rechtskräftig geschieden ist, vgl. § 1933 BGB.
Die Unterhaltspflicht kann auch auf den Erbes-Erben übergehen, denn die Zahl der Erbfälle soll keinen Einfluss auf den Zugriff des Nachlasses des Unterhaltspflichtigen haben. Sinn und Zweck der Vorschrift ist der Schutz des nicht erb- und pflichtteilsberechtigten Ehegatten bei fortdauernder Bedürftigkeit.
Der Unterhaltsanspruch gegen den Erben ist Nachlassverbindlichkeit. Trotzdem bleibt er seiner Rechtsnatur nach ein familienrechtlicher Anspruch. Da der geschiedene Ehegatte als Folge der Scheidung nicht mehr am Nachlass des anderen beteiligt ist, muss – als Nachwirkung der Ehe – der Unterhalt als Anspruch über den Tod des Pflichtigen hinaus bestehen.
Bei dem Verfahren über Unterhalt gegen die Erben handelt es sich um eine Familiensache, für die das Familiengericht zuständig ist, § 111 Nr. 8, § 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG.
5.1.2 Anspruchsvoraussetzungen
Der Anspruchsteller muss bedürftig i. S. d. Unterhaltsrechts (§ 1569 Satz 1 BGB) sein, denn sonst besteht schon tatbestandsmäßig kein Unterhaltsanspruch, der sich gegen den Nachlass richten könnte.
Somit sind der Bedarf gem. § 1578 BGB und die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten gem. § 1577 BGB zu berücksichtigen.
Danach bestimmt sich der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (nachehelicher Unterhalt).
Die ehelichen Lebensverhältnisse, die den "Lebensverhältnissen der Ehegatten" in § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechen, richten sich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Der Zweck der Bedarfsbestimmung ist zu berücksichtigen.
Die Frage nach der Bedürftigkeit entspricht dem Prinzip der Eigenverantwortung, dass Geschiedene ihre Einkünfte ebenso wie ihr Vermögen zunächst einsetzen müssen, bevor sie ihren geschiedenen Ehegatten in Anspruch nehmen dürfen.
Auf die Leistungsfähigkeit des Erblassers oder des Erbens kommt es gem. § 1586b Abs. 1 Satz 2 BGB nicht an. Denn die Haftung des Pflichtigen unterliegt nicht den Beschränkungen des § 1581 Abs. 1 Satz 2 BGB. Unerheblich ist der Wegfall des Einkommens des Erblassers; denn dieser hat keinen eigenen Bedarf mehr zu stillen und auch die übrigen Unterhaltsverpflichtungen sind gem. den § 1615 Abs. 1, § 1360a Abs. 3, § 1361 Abs. 4 BGB erloschen.
Da der Unterhaltsanspruch auf den fiktiven Pflichtteil beschränkt ist, den der geschiedene Ehegatte hätte, wäre die Ehe nicht geschieden worden, darf der fiktive Pflichtteilsanspruch nicht aus anderen Gründen entfallen sein. Danach wäre die Anwendung von § 1586b BGB beispielsweise dann ausgeschlossen, wenn der Berechtigte auf seinen Pflichtteil (§ 2346 Abs. 2 BGB) oder vorbehaltlos auf das gesetzliche Erbrecht (§ 2346 Abs. 1 BGB) verzichtet hat.
Nach der Entstehung des Unterhaltsanspruchs ist die Beseitigung des Pflichtteilsanspruchs weiterhin auch durch Erlassvertrag (§ 397 BGB) möglich.
Gemäß § 1586b Abs. 2 BGB ist der Güterstand, in dem die Ehegatten gelebt haben, für die Berechnung des Pflichtteils ohne Bedeutung, weil auch der Unterhaltsanspruch unabhängig von ihm ist.
Der Auskunftsanspruch des unterhaltspflichtigen Erblassers gegen den geschiedenen Ehegatten geht unverändert auf den Erben über, um diesem die Überprüfung der fortbestehenden Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten zu ermöglichen. Dagegen ist der gegen den Erben gerichtete Auskunftsanspruch des Berechtigten ein anderer als der gegen den Erblasser gerichtete: Da es weder auf die Leistungsfähigkeit des Erblassers noch auf diejenige des Erben ankommt, steht dem Unterhaltsberechtigten lediglich ein Auskunftsanspruch über die Höhe des fiktiven Pflichtteils zu.
Der Erbe kann sich, da die Unterhaltspflicht unverändert auf ihn übergeht, auch auf § 1579 BGB berufen (insbesondere auch auf § 1579 Nr. 7 BGB).
Rückständige Unterhaltsansprüche werden von § 1586b BGB nicht erfasst. Dies sind gewöhnliche Nachlassverbindlichkeiten gem. § 1967 BGB und als solche neben dem laufenden Unterhalt gegen den Nachlass durchzusetzen.
5.1.3 Höhe des Unterhalts
Die Höhe der übergegangenen Ansprüche richtet sich nach dem Bedarf (§ 1578 BGB) und der Bedürftigkeit (§ 1577 BGB) des Unterhaltsberechtigten unter Fortschreibung der ehelichen Lebensverhältnisse.
Änderungen an der Höhe des monatlichen Unterhalts können sich daraus ergeben, dass durch den Tod des Verpflichteten andere Unterhalte, insbesondere Kindesunterhalte, wegfallen. Außerdem kann sich durch die Zahlung einer Geschiedenen-Witwenrente nach § 46 Abs. 3 SGB VI oder andere, das Einkommen des Berechtigten erhöhende, laufende Zahlungen den Unterhaltsanspruch ermäßigen.
Der geschiedene Ehegatte kann vom...