5.4.1 Normzweck
Dem Zusatzerbteil des Ehegatten bei Zugewinngemeinschaft (1/4) gem. § 1371 Abs. 1 BGB entspricht zugleich eine Minderung des Erbteils der Abkömmlinge. Anders als bei gemeinschaftlichen Abkömmlingen wird dies bei einseitigen Abkömmlingen nicht durch einen Unterhaltsanspruch gegen den überlebenden Ehegatten oder einen Erbteil nach dessen Tod ausgeglichen. Daher gibt § 1371 Abs. 4 BGB den Stiefkindern einen situationsabhängigen besonderen Anspruch auf Finanzierung der Ausbildungskosten.
5.4.2 Anspruchsvoraussetzungen
Vorausgesetzt ist, dass die Ehegatten in Zugewinngemeinschaft gelebt haben, der Güterstand durch den Tod aufgelöst worden ist und der überlebende Ehegatte gesetzlicher Erbe wurde, also in den Genuss des Zusatzerbteils gem. § 1371 Abs. 1 BGB gekommen ist. Der überlebende Ehegatte kann sich dem Anspruch durch Ausschlagung entziehen. § 1371 Abs. 4 BGB wird ebenfalls dadurch ausgeschlossen, dass der länger lebende Ehegatte auf Grund einer Verfügung von Todes wegen mit einer anderen Erbquote bedacht worden ist.
Anspruchsberechtigt sind alle erbberechtigten Abkömmlinge des vorverstorbenen Ehegatten, die nicht aus der durch den Tod aufgelösten Ehe stammen. Voraussetzung ist weiter, dass die Abkömmlinge kraft gesetzlicher Erbfolge Erben werden. Der Ausbildungsanspruch entfällt also, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen als Erbe oder Vermächtnisnehmer bedacht sind. Nicht begünstigt sind auch Abkömmlinge, die aus einem anderen Grund nicht Erbe werden.
Weitere Voraussetzung ist die Ausbildungsbedürftigkeit des Abkömmlings, d. h. dass dieser nicht in der Lage ist, die Kosten der Ausbildung selbst zu tragen. Er muss daher zunächst sowohl die Einkünfte aus seinem Eigenvermögen als auch den Stamm seines Vermögens einsetzen. Die Möglichkeit einer zumutbaren Erwerbstätigkeit schließt den Ausbildungsanspruch aus. Ob Unterhaltsansprüche gegen Dritte den Ausbildungsanspruch ausschließen, ist umstritten.
5.4.3 Inhalt und Umfang des Anspruchs
Geschuldet sind die Mittel zu einer angemessenen Ausbildung. Grundsätzlich sind unter den zu leistenden Mitteln Geldmittel zu verstehen. § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB ist zu beachten.
Wegen des Unterhaltscharakters können diesbezüglich die zu § 1610 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze herangezogen werden. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die einschlägigen Kommentierungen verwiesen.
Sind mehrere ausbildungsbedürftige Berechtigte vorhanden, haben sie grundsätzlich den gleichen Rang. Reicht das Zusatzviertel zur Anspruchserfüllung nicht aus, so sind die vorhandenen Mittel proportional nach den bestehenden Ausbildungsbedürfnissen zu verteilen. Entstehen Ausbildungsansprüche verschiedener Kinder erst mit zeitlicher Verzögerung, so muss der Stiefelternteil entsprechende Mittel für die später Bedürftigen zurückhalten.
Wegen der pauschalierenden Ausgleichsfunktion des Anspruchs sind bei der Bemessung des Umfangs die Lebens- und Vermögensverhältnisse des Verpflichteten nicht zu berücksichtigen. Sogar bei Gefährdung des eigenen Unterhalts hat der Stiefelternteil zu leisten, da § 1603 nicht entsprechend gilt.
Aus dem Wortlaut des § 1371 Abs. 4 BGB ergibt sich, dass der Anspruch der Höhe nach rechnerisch begrenzt ist auf den Wert dieses Viertels. Bewertungsstichtag für die erforderliche Wertberechnung ist analog § 2311 BGB der Erbfall. Der Wert des Zusatzviertels berechnet sich entsprechend den §§ 2311 – 2313 BGB aus dem Nettowert des Nachlasses, weshalb alle Erblasser- wie Erbfallschulden sich mindernd auswirken. Der Anspruch ist eine Nachlassverbindlichkeit. Folglich ist eine Beschränkung der Erbenhaftung nach den allgemein hierfür geltenden Vorschriften möglich (§ 1975 BGB).