Leitsatz

a) Ein Mieter, der aufgrund einer unerkannt unwirksamen Endrenovierungsklausel Schönheitsreparaturen in der Mietwohnung vornimmt, führt damit kein Geschäft des Vermieters, sondern wird nur im eigenen Rechts- und Interessenkreis tätig, weil er eine Leistung erbringen will, die rechtlich und wirtschaftlich Teil des von ihm für die Gebrauchsüberlassung an der Wohnung geschuldeten Entgelts ist.

b) Der nach § 818 Abs. 2 BGB geschuldete Wertersatz, den der Vermieter an einen Mieter zu leisten hat, der die Mietwohnung vor seinem Auszug aufgrund einer unwirksamen Endrenovierungsklausel in Eigenleistung renoviert hat, bemisst sich üblicherweise nur nach dem, was der Mieter billigerweise neben einem Einsatz an freier Zeit als Kosten für das notwendige Material sowie als Vergütung für die Arbeitsleistung seiner Helfer aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis aufgewendet hat oder hätte aufwenden müssen.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

c) Der Vermieter verstößt gegen eine vorvertragliche Rücksichtspflicht, wenn er anlässlich der Vermietung einen Formularvertrag mit unwirksamen Klauseln verwendet. Bei schuldhaftem Verstoß hat der Mieter Anspruch auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss.

(Leitsatz des Redaktion)

 

Normenkette

BGB §§ 241 Abs. 2, 276 Abs. 1, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 539 Abs. 1

 

Kommentar

Der Mietvertrag enthielt folgenden handschriftlichen Eintrag: "Die Wohnung wird dem Mieter renoviert übergeben (Erstbezug). Bei Beendigung des Mietverhältnisses erfolgt die Übergabe in renoviertem Zustand."

Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese Regelung individualvertraglich vereinbart wurde oder ob es sich hierbei um eine vom Vermieter auch bei anderen Mietverhältnissen verwendete Klausel handelt.

Das Mietverhältnis endete nach 7-jähriger Mietzeit. Der Mieter hat die Wand- und Deckenflächen vor der Rückgabe an den Vermieter geweißt. Der Mieter vertritt die Ansicht, dass die mietvertragliche Renovierungsklausel unwirksam ist. Er nimmt den Vermieter deshalb auf Ersatz der für das Weißen entstandenen Kosten in Höhe von 1.620 EUR in Anspruch. Die Instanzgerichte haben die Klage abgewiesen.

Anmerkung

Der BGH prüft einen möglichen Ersatzanspruch des Mieters unter drei Gesichtspunkten:

1. Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss

Der BGH führt zunächst aus, dass ein Vermieter gegen eine vorvertragliche Rücksichtspflicht verstößt, wenn er anlässlich der Vermietung einen Formularvertrag mit unwirksamen Klauseln verwendet. Diese Ansicht wird auch in der mietrechtlichen Literatur vertreten (Blank, FS für Derleder 2005, S. 189, 198; Börstinghaus, WuM 2005, 675; Lehmann-Richter, WuM 2005, 747; Sternel, ZMR 2008, 501). Dies entspricht einem allgemeinen Grundsatz, der auch in anderen Rechtsgebieten gilt (BGH, Urteil v. 8.10.1987, VII ZR 358/86, NJW 1988, 197 – Baubetreuervertrag; BGH, Urteil v. 28.5.1984, III ZR 63/83, NJW 1984, 2816 – Sparkassenvertrag). Daraus folgt, dass der Vermieter zum Ersatz der Renovierungsaufwendungen verpflichtet sein kann, wenn der Mieter im Vertrauen auf die Wirksamkeit einer Renovierungsklausel Schönheitsreparaturen ausführt. Wie allgemein haftet der Vermieter aber nur bei Verschulden.

Im Entscheidungsfall kam es mithin darauf an,

(1) ob die Endrenovierungsklausel unwirksam ist und

(2) ob den Vermieter wegen der Verwendung der Klausel ein Verschuldensvorwurf trifft.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine individual vereinbarte Endrenovierungsklausel wirksam (BGH, Urteil v. 14.1.2009, VIII ZR 71/08, NJW 2009, 1075); eine Formularklausel ist dagegen unwirksam (BGH, Urteil v. 12.9.2007, VIII ZR 316/06, NJW 2007, 3776). Für die Abgrenzung kommt es nicht darauf an, ob die Klausel vorgedruckt ist oder ob sie handschriftlich eingefügt wurde (§ 305 Abs. 1 S. 2 BGB). Maßgeblich ist allein, ob der Vermieter die Absicht hat, eine solche Klausel mehrfach zu verwenden. Vorliegend war dieser Punkt ungeklärt. Nach Ansicht des BGH war insoweit keine weitere Aufklärung erforderlich, weil es jedenfalls am Verschulden fehlt. Dem Vermieter könne es nicht als Verschulden angelastet werden, wenn er nicht erkannt hat, dass "solche handschriftlich hinzugesetzten Regelungen als vorformulierte Vertragsbestimmungen nach § 305 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB zu werten sein können, mit der Folge, dass ihre Wirksamkeit strengeren Anforderungen unterliegt".

2. Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 539 BGB

In einem weiteren Punkt der Entscheidung befasst sich der BGH mit der Frage, ob der Mieter bei einer nicht geschuldeten Renovierung Anspruch auf Aufwendungsersatz aus § 539 BGB in Verbindung mit den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 S. 1, 670 BGB) hat. Diese Vorschriften setzen voraus, dass der Mieter mit der Renovierung ein Geschäft "für einen anderen" – hier: für den Vermieter – besorgt. Dies wird in Rechtsprechung und Literatur teils bejaht (LG Wuppertal, Urteil v. 23.8.2007, 9 S 478/06, WuM 2007, 567; Blank, PiG 75 (2006), S. 17, 23; Dötsch, NZM 2007, 275, 279; Sternel, NZM 2007, 545, 54...

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