Leitsatz

Eine in Formularmietverträgen über Wohnraum enthaltene Klausel, wonach es dem Mieter obliegt, die Schönheitsreparaturen "ausführen zu lassen", benachteiligt den Mieter unangemessen und ist deshalb unwirksam, wenn sie bei kundenfeindlichster Auslegung dem Mieter dadurch die Möglichkeit der kostensparenden Eigenleistung nimmt, dass sie als Fachhandwerkerklausel verstanden werden kann.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB §§ 305c Abs. 2, 307 Abs. 1, 535 Abs. 1

 

Kommentar

Die Entscheidung betrifft einen im Jahr 1963 abgeschlossenen Formularmietvertrag über eine Wohnung, der hinsichtlich der Schönheitsreparaturen folgende Klausel enthält: "Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen ... in der Wohnung ausführen zu lassen ..."

Das Mietverhältnis endete im Jahr 2007. Der Vermieter nimmt den Mieter auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen in Anspruch. Der BGH hatte zu entscheiden, ob die Schönheitsreparaturen durch die fragliche Klausel wirksam auf den Mieter übertragen wurden.

1. Als Prüfungsmaßstab kommen die §§ 307 und 305c Abs. 2 BGB in Betracht. Eine Formularklausel ist unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ist eine Klausel mehrdeutig, so gilt die dem Verwender nachteiligste Auslegung (§ 305c Abs. 2 BGB). Die genannten Regelungen gelten seit dem 1.1.2002. In der Zeit vom 1.4.1977 bis zum 31.12.2001 galt das Gesetz zur Regelung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGBG), dessen §§ 9 Abs. 1 und 5 im Wesentlichen den §§ 307, 305c Abs. 2 BGB entsprechen. Vor dem 1.4.1977 war das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht gesetzlich geregelt. Jedoch war bereits damals anerkannt, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen eng auszulegen sind und dass Unklarheiten zulasten des Verwenders gehen. Dies wurde damit begründet, dass sich der "Unterwerfungswille" des Vertragspartners nur auf solche Bedingungen bezieht, mit denen "billiger- und gerechterweise" zu rechnen ist (BGH, Urteil v. 29.9.1960, II ZR 25/59 unter Ziff. 2, NJW 1961 S. 212). Hieraus leitet der BGH ab, dass auch Altmietverträge, die vor dem 1.4.1977 abgeschlossen wurden, nach den §§ 305c Abs. 2, 307 BGB zu beurteilen sind.

2. Nach § 545 Abs. 1 ZPO in der bis 31.8.2009 geltenden Fassung konnten im Revisionsverfahren nur solche Vorschriften überprüft werden, "deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt". Nach der ab 1.9.2009 geltenden Neufassung der Vorschrift kommt es nur noch darauf an, ob "die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht". Der BGH führt hierzu aus, dass Formularklauseln und Allgemeine Geschäftsbedingungen wie Rechtsnormen zu behandeln sind, da bei ihnen "ungeachtet der Frage, ob sie über den räumlichen Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung finden, ein Bedürfnis nach einheitlicher Handhabung besteht".

3. Die sog. Fachhandwerkerklausel ("Der Mieter hat die Schönheitsreparaturen durch Fachhandwerker ausführen zu lassen.") ist bei der Wohnraummiete unwirksam (OLG Stuttgart, Urteil v. 19.8.1993, 8 REMiet 2/92, WuM 1993 S. 528; Langenberg in: Schmidt-Futterer, § 538 BGB Rdn. 86; Sternel, Mietrecht aktuell (2009), Rdn. IX 55; Kraemer, NZM 2003 S. 417, 419; Blank/Börstinghaus, Miete, § 535 BGB Rdn. 367; Heinrichs, WuM 2005 S. 155; Kinne, ZMR 2003 S. 8). Der BGH schließt sich dieser Ansicht an. Maßgeblich hierfür sind im Wesentlichen zwei Erwägungen: Zum einen entspricht es der Verkehrssitte, dass der Mieter Schönheitsreparaturen in kostensparender Eigenarbeit ausführen darf. Zum anderen gilt, dass auch der Vermieter nach der gesetzlichen Regelung (§ 535 Abs. 1 BGB) nicht verpflichtet ist, die Arbeiten an Fachhandwerker zu vergeben, weil er lediglich "eine fachgerechte Ausführung in mittlerer Art und Güte" schuldet.

4. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, wie sich die Verwendung der Fachhandwerkerklausel auf die Renovierungspflicht auswirkt. Nach dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 19.8.1993 (8 REMiet 2/92, WuM 1993 S. 528) ist zwar die Fachhandwerkerklausel unwirksam; jedoch ergreife die Unwirksamkeit nicht die gesamte Klausel, sondern nur den Klauselteil "durch Fachhandwerker" (ebenso Langenberg in: Schmidt-Futterer, § 538 BGB Rdn. 86; Sternel, Mietrecht aktuell (2009), Rdn. IX 55; Kraemer, NZM 2003 S. 417, 419). Nach anderer Ansicht ist die gesamte Klausel unwirksam (Blank/Börstinghaus, Miete, § 535 BGB Rdn. 367; Heinrichs, WuM 2005 S. 155; Kinne, ZMR 2003 S. 8). Der BGH folgt dieser Ansicht. Er begründet es mit der Erwägung, dass mit der Streichung der Worte "ausführen zu lassen" kein sprachlich sinnvoller Klauselrest verbleibt.

5. Der Vermieter hat in dem Revisionsverfahren vortragen lassen, dass die im Streitfall verwendete Formulierung nicht wörtlich und schon gar nicht zwingend im Sinne einer Fachhandwerkerklausel zu verstehen sei. Dies räumt der BGH ein; er führt jedoch zu Recht aus, dass nach der Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB) ...

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