Leitsatz

Im Rahmen eines zivilrechtlichen Verfahrens vor dem LG gegen ihren geschiedenen Ehemann hatte die Klägerin Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt, die ihr für den ersten Rechtszug ohne Anordnung von Ratenzahlungen bewilligt wurde. Gegen den PKH-Beschluss des LG legte die Staatskasse Beschwerde ein.

 

Sachverhalt

Die Klägerin verfolgte gegen den Beklagten, ihren geschiedenen Ehemann einen Zahlungsanspruch vor dem LG. Ihrer Klage wurde weitgehend stattgegeben. Mit Beschluss vom 9.8.2005 wurde ihr Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug ohne Anordnung von Ratenzahlungen bewilligt.

Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten erteilte dem Bezirksrevisor den Hinweis, dass die Klägerin Eigentümerin eines Grundstücks in Serbien sei, das einen Wert von mindestens 20.000,00 EUR bis 25.000,00 EUR habe. Der Bezirksrevisor legte daraufhin gegen den PKH-Beschluss des LG Beschwerde ein mit der Begründung, das Hausgrundstück könne zur Bestreitung der anfallenden Prozesskosten herangezogen werden, da es das der Klägerin zustehende Schonvermögen weit übersteige. Die Klägerin könne zur Deckung der Prozesskosten das Haus veräußern, beleihen oder vermieten. Die Behauptung der Klägerin, dass sie keine Mieteinnahmen aus dem Haus erziele und es zudem unverkäuflich sei, rechtfertige nicht, ihr Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu gewähren.

Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Hiergegen wurde vom Bezirksrevisor sofortige Beschwerde eingelegt, die das OLG für begründet hielt.

 

Entscheidung

Gem. § 115 Abs. 2 S. 1 ZPO hat die bedürftige Partei zur Finanzierung eines Prozesses ihr Vermögen einzusetzen, soweit ihr dies zumutbar ist. Nach § 90 Abs. 1 SGB XII, auf den § 115 Abs. 2 S. 2 ZPO Bezug nimmt, gehört zum einzusetzenden Vermögen das gesamte verwertbare Vermögen.

Das OLG ließ dahingestellt, inwieweit die Antragstellerin sich den bereits rechtskräftig titulierten, zu erwartenden Geldbetrag aus der Übertragung ihres hälftigen Miteigentumsanteils an der früheren Ehewohnung als gegenwärtigen Vermögenswert i.S.v. § 115 Abs. 2 S. 1 ZPO zurechnen lassen musste und wies darauf hin, dass in Rechtsprechung und Literatur divergierende Ansichten dazu vertreten werden, ob die Forderung, zu deren Durchsetzung Prozesskostenhilfe begehrt wird, im Rahmen der Vermögensprüfung zu berücksichtigen ist (bejahend OLG Nürnberg v. 11.4.1989 - 1 W 4258/88, FamRZ 1989, 995, m. zustimmender Anm. Büttner; Schoreit/Dehn, Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe, 8. Aufl. 2004, § 115 Rz 38, schlagen die Bestimmung zukünftiger Zahlungen analog § 120 Abs. 1 S. 2 ZPO; ebenso OLG Düsseldorf v. 27.2.1990 - 7 W 10/90, MDR 1990, 728 = FamRZ 1990, 765) oder ob es sich hierbei um künftiges Vermögen handelt, das lediglich im Rahmen des § 120 Abs. 4 ZPO zu berücksichtigen sein wird.

Der Klägerin im vorliegenden Fall stehe allerdings in Gestalt des Grundstücks in Serbien ein verwertbarer Vermögensgegenstand zu, der nicht zum Schonvermögen gem. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII gehöre. Es reiche nicht aus, wenn das im Eigentum der Partei stehende Haus gelegentlich genutzt wird. Ferienhäuser unterfallen nicht dem Schutz des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII und müssen zur Prozessfinanzierung eingesetzt werden.

Die Klägerin habe auch nicht dargetan, dass der Verkauf des Grundstücks für sie eine unzumutbare Härte bedeute. In ihrer Stellungnahme zur Beschwerde des Bezirksrevisors habe sie lediglich behauptet, das Haus sei unverkäuflich. Allerdings sei von ihr nicht im Einzelnen dargelegt worden, worauf sich ihre Annahme stütze.

Das Grundstück stelle jedenfalls ein bereits gegenwärtig zumutbar einzusetzendes Vermögen der Antragstellerin, auch wenn es bislang nicht veräußert worden sei. Der Antragstellerin bleibe freigestellt, das Haus entweder zu veräußern oder es als Kreditunterlage in Anspruch zu nehmen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2006, 5 W 66/05

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge