Leitsatz

Räumt eine geänderte Gemeinschaftsordnung dem jeweiligen Eigentümer eines Wohnungseigentums zwar das Recht ein, näher bezeichnete Flächen allein als Kfz-Stellplatz zu nutzen, wird diese Änderung aber nicht verdinglicht, müssen Sondernachfolger und sonstige dinglich Berechtigte das nur schuldrechtliche Sondernutzungsrecht nicht gegen sich gelten lassen – mit der Folge, dass zur Eintragung nunmehr auch deren Bewilligung erforderlich ist.

 

Normenkette

§§ 5 Abs. 4, 8, 10, 15

 

Das Problem

  1. B ist Wohnungseigentümer in einer Mehrhausanlage. Seinem Wohnungseigentum Nr. 120 steht nach der ursprünglichen Gemeinschaftsordnung kein Sondernutzungsrecht zu. Unter dem 21.1.2009 wird beim Notar eine Änderung der Gemeinschaftsordnung beurkundet, mit der alle damaligen Wohnungseigentümer einverstanden sind. Dem jeweiligen Eigentümer des Wohnungseigentums Nr. 120 wird das Recht eingeräumt, mehrere näher bezeichnete Flächen als Kfz-Stellplatz zu gebrauchen. Die Eintragung in die Grundbücher soll auf "gesondertes Ersuchen" an den amtierenden Notar erfolgen. So ein Ersuchen gibt es aber nicht.
  2. Am 2.8.2016 beantragt B unter Bezugnahme auf die Urkunde vom 21.1.2009, die damals ausgegebenen Sondernutzungsrechte seinem Wohnungseigentum zuzuordnen und die Zuordnung in das Grundbuch einzutragen. Das Grundbuchamt meint, dem Antrag müssten (auch) die Wohnungseigentümer zustimmen, die seit dem Vertrag vom 21.1.2009 ihr Wohnungseigentum erworben hätten. Ferner müssten die dinglich Berechtigten in Abteilung III zustimmen.
  3. Gegen diese Entscheidung wendet sich B mit seiner Beschwerde, mit der er weiterhin die Zuordnung der Sondernutzungsrechte beantragt. Ohne Erfolg!
 

Die Entscheidung

  1. Das Amtsgericht habe den Antrag zu Recht zurückgewiesen. B berufe sich ohne Erfolg auf die Erklärung in der notariellen Urkunde vom 21.1.2009. Zwar hätten die damaligen Eigentümer unter Ziffer II. des Vertrages dem jeweiligen Eigentümer des Wohnungseigentums Nr. 120 ein Sondernutzungsrecht an den 3 Stellplätzen eingeräumt und auch eine "entsprechende Eintragung in die betroffenen Grundbücher (...) bewilligt und beantragt". Der Antrag habe aber nur auf gesondertes Ersuchen der Vertragsparteien an den amtierenden Notar gestellt werden sollen. Ein solches sei nicht gestellt worden. Dementsprechend seien die Sondernutzungsrechte auch nicht in das Grundbuch eingetragen worden.
  2. Die Sondernutzungsrechte wären zwar zunächst wirksam vereinbart worden, seien aber mangels Eintragung nicht "verdinglicht" worden. Nachfolgende Eigentümer und sonstige dinglich Berechtigten müssten diese nicht gegen sich gelten lassen (Hinweis u.a. auf KG v. 5.6.1996, 24 W 2592/95, NJW-RR 1997 S. 205). Dies habe zur Folge, dass zur Eintragung von Sondernutzungsrechten nunmehr auch deren Bewilligung erforderlich sei.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Nicht im Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrechte werden als schuldrechtliche Sondernutzungsrechte bezeichnet. Inhaltlich unterscheiden sich "schuldrechtliche" und "dingliche" Sondernutzungsrechte grundsätzlich nicht. Schuldrechtliche Sondernutzungsrechte besitzen allerdings eine unterschiedliche Wirkung gegenüber Sondernachfolgern. Ein schuldrechtliches Sondernutzungsrecht geht nämlich nach herrschender Meinung wie jede andere schuldrechtliche Vereinbarung grundsätzlich in dem Augenblick unter, in dem ein neuer Erwerber nach einer Veräußerung durch Eintragung im Grundbuch Mitglied des Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft geworden ist – es sei denn, der Erwerber tritt in die Vereinbarung ein.
  2. Soll – wie im Fall – ein schuldrechtliches Sondernutzungsrecht verdinglicht werden, müssen der Eintragung gemäß § 19 GBO sämtliche Wohnungseigentümer in der Form des § 29 GBO und unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 Sätze 2 und 3 WEG, auch dinglich Berechtigte, zustimmen (Hügel/Elzer, WEG, 2. Auflage 2018, § 13 Rn. 50).

Was ist für den Verwalter wichtig?

Normalerweise steht in der Wohnungseigentumsanlage fest, welchem Wohnungseigentum ein Sondernutzungsrecht zugeordnet ist. Ferner haben die Wohnungseigentümer in der Regel nicht den Willen, die vorhandenen Zuordnungen zu verändern. Eine solche Änderung ist freilich jederzeit möglich. Der Verwalter sollte insoweit wissen, dass es keine Beschlusskompetenz gibt, zu bestimmen, welches Wohnungseigentum ein Sondernutzungsrecht haben soll. Ferner sollte er wissen, dass die Wohnungseigentümer zu diesem Zweck einen Vertrag schließen müssen. Schließlich sollte er wissen, dass diese vertragliche Regelung beim Wechsel im Eigentum eines Wohnungseigentums "hinfällig" wird, wenn die Wohnungseigentümer eine entsprechende Vereinbarung nicht verdinglichen. Dies muss – wie der Fall zeigt – so zeitnah erfolgen, dass alle Vertragschließenden sich in Form des § 29 GBO und – sofern notwendig – die dinglich Berechtigten erklären können, bevor es zu einer Rechtsnachfolge bei einem Wohnungseigentum kommt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2017, I-3 Wx 46/17

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