I. Überblick über das Gründungsverfahren
Rz. 14
Früher konnte eine schwedische Aktiengesellschaft entweder im sog. Sukzessivverfahren oder im sog. Simultanverfahren gegründet werden. Da das Sukzessivverfahren keine praktische Bedeutung mehr hatte, müssen seit dem 1.1.2006 alle Aktiengesellschaften im Simultanverfahren gegründet werden, d.h. sämtliche Gründungsmaßnahmen werden an ein und demselben Tag unternommen. Oft wird aber auch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gleich eine fertig registrierte Vorratsgesellschaft zu erwerben und mit der passenden, neuen Satzung zu versehen. Eine schwedische Aktiengesellschaft kann auch als Ein-Mann-Gesellschaft gegründet werden.
Rz. 15
Der erste Schritt zur Gründung einer Aktiengesellschaft ist die Errichtung einer Gründungsurkunde durch die zukünftigen Gesellschafter, die Gründer. Seit dem 1.8.2014 ist es nicht mehr erforderlich, dass der oder die Gründer eine besondere Anknüpfung an den EWR (z.B. Wohnsitz) haben. Sowohl natürliche als auch juristische Personen können Gründer einer Aktiengesellschaft sein.
Rz. 16
Zu der Gründungsurkunde gehört insbesondere die Satzung (bolagsordning) der zukünftigen Gesellschaft. Eine Beurkundung oder Beglaubigung durch einen öffentlichen Notar ist nicht vorgesehen und auch nicht üblich (die notarielle Beurkundung gibt es im schwedischen Gesellschaftsrecht nicht).
Rz. 17
In der Gründungsurkunde sind das Aktienkapital, der für jede Aktie zu zahlende Geldbetrag bzw. die vollständigen Namen und Personennummer (falls es keine gibt, das Geburtsdatum) sowie Postadressen der Verwaltungsratsmitglieder und ggf. des Abschlussprüfers anzugeben. Die gleichen Angaben müssen für die Vertreter dieser Personen aufgeführt werden. Das Mindestkapital für Privat-Aktiengesellschaften beträgt 25.000 SEK (ca. 2.500 EUR), für Publikums-Aktiengesellschaften 500.000 SEK (ca. 500.000 EUR) oder die entsprechenden Beträge in EUR. Soweit das Aktienkapital in EUR angegeben ist, kommt es auf den Tag der Unterzeichnung der Gründungsurkunde und den dann geltenden, von der Europäischen Zentralbank festgestellten amtlichen Wechselkurs an. Dieser wird bei der Eintragung der Gesellschaft vom Gesellschaftsregisteramt überprüft. Auch wenn zu einem späteren Bilanzstichtag der Wert des EUR gegenüber der Schwedischen Krone gesunken ist, führt das zu keiner Nachschusspflicht. Die Gründungsurkunde muss ggf. auch Angaben zu Sacheinlagen, Sonderbedingungen und die Einräumung von Sonderrechten beinhalten. Für den Fall, dass die Gesellschaft die Kosten für die Gründung der Gesellschaft tragen soll, muss dies ebenso angegeben werden.
Rz. 18
Der für jede Aktie zu zahlende Geldbetrag darf den Quotenanteil des Aktienkapitals nicht unterschreiten.
Rz. 19
Als Sacheinlage können nur Gegenstände, die von Nutzen für die Gesellschaft sind, dienen. Zukünftige Dienstleistungen oder das Versprechen, für die Gesellschaft Arbeitsleistungen zu erbringen, können nicht Gegenstand einer Sacheinlage sein.
Rz. 20
Die Gründer erklären durch Zeichnung und Zahlung der Aktien direkt auf der Gründungsurkunde die Übernahme der Aktien. Die Verpflichtung zur Übernahme der Aktien kann ausschließlich in dieser Form eingegangen werden. Andere Vorverträge, Vorgründungsprotokolle o.Ä. sind insoweit unwirksam. Das ist insbesondere bei komplexen Transaktionen zu beachten, wo diese Formvorschrift leicht übersehen wird. Sie hindert allerdings nicht die Parteien eines anderen Vertrags (der möglicherweise auch einem anderen als dem schwedischen Recht untersteht) daran, Schadensersatz für eine Vertragsverletzung zu verlangen.
Rz. 21
Wenn sämtliche Aktionäre die Gründungsurkunde unterzeichnet haben, gilt die Gesellschaft im Verhältnis zwischen den Gesellschaftern als gegründet. Nach Zeichnung und Zahlung aller Aktien muss die Gesellschaft innerhalb von sechs Monaten bei dem Gesellschaftsregisteramt zur Eintragung in das Gesellschaftsregister angemeldet werden. Die Gesellschaft ist erst dann voll rechtsfähig, wenn die Eintragung erfolgt ist. Die Eintragung darf erst erfolgen, wenn das gesamte Aktienkapital zuzüglich eines etwaigen in der Gründungsurkunde angegebenen Aufgeldes in voller Höhe auf ein für diesen Zweck neu eröffnetes Konto bei einem schwedischen Kreditinstitut oder einem Kreditinstitut innerhalb des EWR zu Händen des Verwaltungsrates eingezahlt worden ist. Über die eingezahlten Beträge darf erst verfügt werden, wenn sämtliche Gründer die Gründungsurkunde unterschrieben haben und das Aktienkapital vollständig einbezahlt worden ist. Über den Wert von Sacheinlagen muss eine Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers beim Gesellschaftsregisteramt eingereicht werden. Um die Aufbringung des Kapitals zu sichern, regelt das ABL bei der Gründung der Gesellschaft ein Aufrechnungsverbot gegen Einlageforderungen und ein Verbot der Zeichnung von Aktien zu einem niedrigeren Wert als deren Quotenanteil am Aktienkapital. Nur wenn sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind, wird die neue Gesellschaft in das Gesellschaftsregister eingetragen.