I. Geschäftsführung
Rz. 108
Das schwedische Aktiengesellschaftsrecht kennt als exekutives Leitungsorgan zunächst nur den Verwaltungsrat (styrelse) der Gesellschaft, wobei dieser bei kleineren Gesellschaften auch nur aus einem Mitglied bestehen kann. Darüber hinaus kann die Gesellschaft aber auch von einem Geschäftsführenden Direktor (verkställande direktör – VD) geführt werden. Dieser kann, muss aber nicht Mitglied des Verwaltungsrates sein. Ausgangspunkt ist jedoch, dass nur der Verwaltungsrat die umfassende Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht hat.
II. Verwaltungsrat
Rz. 109
Obwohl nach dem Grundgedanken des ABL der Verwaltungsrat das Leitungsorgan der Gesellschaft ist, nimmt er auch Beratungs- und Kontrollfunktionen wahr. Verglichen mit dem deutschen Recht liegen die Funktionen des Verwaltungsrates zwischen denen des Vorstands und des Aufsichtsrates. Gerade bei kleineren Gesellschaften, die keinen Geschäftsführenden Direktor haben, gleichen die Aufgaben des Verwaltungsrates doch sehr denen des deutschen Vorstands oder Geschäftsführers. Bei größeren Gesellschaften, insbesondere bei den an der Börse notierten Aktiengesellschaften, liegt der Schwerpunkt der Aufgaben des Verwaltungsrates mehr auf der Kontrolle des Tagesgeschäfts und den grundlegenden, strategischen Vorgaben für die Geschäftspolitik. Entscheidend ist jedoch, dass nach Kap. 8 § 4 ABL der Verwaltungsrat vor allem für die folgenden zwei Fragestellungen Sorge zu tragen hat. Einmal muss die Gesellschaft personell so organisiert sein, dass sie ihre Aufgaben tatsächlich erfüllen kann und dass es im Unternehmen wirksame Kontrollfunktionen gibt. Der Verwaltungsrat muss sich also regelmäßig den Organisationsplan des Unternehmens ansehen und ihn jeweils den aktuellen Anforderungen des Geschäftsbetriebs anpassen. Zum anderen muss der Verwaltungsrat die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft steuern. Dazu gehören die Sorge um ein geeignetes Berichtswesen, ein Buchführungs- und Controllingsystem, so dass ein jeweils aktuelles Bild der Kosten- und Umsatzentwicklung sowie eine kaufmännische Liquiditätsplanung gewährleistet sind.
Rz. 110
Der Verwaltungsrat besteht aus einem oder mehreren Mitgliedern. Bei der Publikums-AB muss der Verwaltungsrat aus mindestens drei Mitgliedern zusammengesetzt sein. Die Anzahl der Verwaltungsratsmitglieder ist in der Satzung zu regeln. Sind es weniger als drei Mitglieder, müssen Stellvertreter bestellt werden.
Rz. 111
Das Mandat des Verwaltungsratsmitgliedes ist höchstpersönlich und kann weder delegiert noch übertragen werden. Stellvertreter müssen daher grundsätzlich nicht ernannt werden, es sei denn, die Satzung schreibt vor, dass der Verwaltungsrat aus weniger als drei Mitgliedern bestehen soll. Bestellte Stellvertreter sind dann auch im Gesellschaftsregister einzutragen. Die gesetzlichen Vorschriften über die ordentlichen Verwaltungsratsmitglieder sind auf den Stellvertreter entsprechend anzuwenden.
Rz. 112
Wenn Stellvertreter bestellt worden sind, sind diese immer zu den Sitzungen des Verwaltungsrates einzuladen, wenn ein ordentliches Verwaltungsratsmitglied an der Teilnahme verhindert ist. Die Tatsache, dass ein Verwaltungsratsmitglied aus Befangenheitsgründen an einer Entscheidung nicht teilnehmen darf, hat nicht zur Folge, dass ein Stellvertreter einberufen wird und für ihn abstimmen darf. Soweit möglich, sollen dem Stellvertreter vor der Beschlussfassung ausreichende Unterlagen zur Verfügung gestellt werden.
Rz. 113
Bis Mitte 2014 war es gesetzlich vorgeschrieben, dass der Verwaltungsrat für seine Arbeit eine schriftliche Geschäftsordnung zu beschließen hat (styrelsens arbetsordning). In der Geschäftsordnung sollen Regelungen über die Verteilung der Aufgaben unter den Mitgliedern, die Häufigkeit der Verwaltungsratssitzungen und ggf. die Teilnahme und Ladung der Stellvertreter, u.U. auch über das Teilnahmerecht Dritter niedergelegt werden. Für die Nichteinführung einer Geschäftsordnung waren allerdings keine Sanktionen vorgesehen.
Seit dem 1.8.2014 muss sich der Verwaltungsrat einer privaten AB keine schriftliche Geschäftsordnung mehr geben und auch die interne Aufgabenverteilung unter den Mitgliedern des Verwaltungsrats muss nicht mehr zwingend schriftlich festgehalten werden. Der Verwaltungsrat der Publikums-AB muss jedoch auch weiterhin für seine Arbeit eine schriftliche Geschäftsordnung feststellen. In der Geschäftsordnung sollen Regelungen über die Verteilung der Aufgaben unter den Mitgliedern, die Häufigkeit der Verwaltungsratssitzungen und ggf. die Teilnahme und Ladung der Stellvertreter und die Voraussetzungen für das Teilnahmerecht Dritter niedergelegt werden. Für die Nichteinführung einer Geschäftsordnung ist jedoch nach wie vor keine direkte Sanktion vorgesehen. Das Fehlen einer Geschäftsordnung (auch bei einer privaten AB) kann jedoch haftungsrechtliche Bedeutung bekommen, und zwar bei der Beurteilung der Frage, ob eine ordnungsgemäße Geschäftsverteilung und Organisation der Geschäftsleitung v...