Rz. 169
ÄB Kap. 6 § 1 regelt: "Was der Erblasser zu Lebzeiten einem Leibeserben gegeben hat, ist als Vorempfang auf dessen Erbe nach dem Erblasser anzusehen, wenn nichts anderes vom Erblasser angeordnet worden ist oder den Umständen nach als beabsichtigt angesehen werden muss. Ist der Empfänger ein Dritter, so hat eine Anrechnung nur zu erfolgen, wenn dies angeordnet wurde oder den Umständen nach zu dem Zeitpunkt, als der Vermögensgegenstand übergeben wurde, als beabsichtigt anzusehen war."
Rz. 170
Der Gesetzgeber geht also bei Abkömmlingen von der Vermutung aus, dass ein Ausgleich bei der Erbauseinandersetzung erfolgen soll. Dies gilt nicht nur für Geldzuwendungen oder Schenkungen von Vermögensgegenständen, sondern z.B. auch dann, wenn der Erblasser dem Abkömmling eine Darlehensforderung erlässt oder eine Schuld des Abkömmlings bezahlt, aber auch beim Verzicht auf eine Forderung gegen den Beschenkten, Verkauf zu einem offenbar zu niedrigen Preis oder bei der Bezahlung einer Schuld. Bei Abkömmlingen wird also die Schenkung als Vorschuss gesetzlich vermutet, bei Dritten wird vermutet, dass sie nicht angerechnet werden soll. Der Erblasser sollte daher bei der Zuwendung deutlich machen, dass ein Ausgleich nicht zu erfolgen hat, falls er dies will. Eine Zuwendung an einen Abkömmling, der im Zeitpunkt der Zuwendung nicht erbberechtigt wäre (z.B. Enkel, bei denen die Eltern noch leben), ist nicht ausgleichspflichtig, wenn er später beim Tode des Erblassers Erbe wird, es sei denn, dies ist ausdrücklich angeordnet.
Rz. 171
Als Wert wird der Wert im Zeitpunkt des Empfangs zugrunde gelegt, es sei denn, aus den Umständen ergibt sich etwas anderes (ÄB 6:3). Eine Erstattung – falls der Wert das dem Erben zustehende Erbe übersteigt – findet nicht statt, es sei denn, diese war ausdrücklich angeordnet (ÄB 6:4). Die Einsetzung als Berechtigter bei einer Lebensversicherung ist i.d.R. kein Vorschuss auf das Erbe, es sei denn, dies würde zu einer "Ungerechtigkeit gegenüber dem Ehegatten oder seinen Abkömmlingen führen".
Rz. 172
Ist der Empfänger nicht Abkömmling (bröstarvinge), sondern ein anderer gesetzlicher Erbe, muss er nur ausgleichen, wenn die Ausgleichung ausdrücklich angeordnet war oder sich dies aus den Umständen ergibt (ÄB 6:1).
Rz. 173
Bei der Berechnung, wie ausgeglichen werden soll, ist der Vorschuss zum übrigen Nachlass hinzuzurechnen und dann in gleiche Teile zu teilen (ÄB 6:5). Håkansson bringt folgendes Beispiel: Hat der Erblasser drei Söhne, von denen einer bereits 5.000 SEK erhalten hat, und beträgt der Nachlass 25.000 SEK, so wären 30.000 SEK durch drei zu teilen.
Rz. 174
"Hat ein Ehegatte einem gemeinsamen Leibeserben der Ehegatten aus seinem ehelichen Ausgleichsgut (giftorättsgods) einen Erbschaftsvorempfang gegeben, so hat die Anrechnung hierfür auf das Erbe nach dem zuerst verstorbenen Ehegatten zu erfolgen, und zwar ganz gleich, welcher Ehegatte den Vorschuss auf das Erbe gegeben hat. Wenn dieses Erbe nicht ausreicht, ist der Restbetrag auf das Erbe nach dem anderen Ehegatten anzurechnen. Dasselbe gilt, wenn ein überlebender Ehegatte dem Leibeserben des zuerst verstorbenen Ehegatten einen Erbschaftsvorempfang aus solchem Vermögen gegeben hat, das vom Erbrecht der Leibeserben gemäß dem 3. Kapitel § 2 umfasst wird" (ÄB 6:1, Abs. 2).
Rz. 175
Übliche Geschenke, Aufwendungen für Unterhalt und die Zahlung der Ausbildung durch die Eltern sind nicht auszugleichen (ÄB 6:2).
Rz. 176
Ist ein Vorausempfänger oder Abkömmling vor dem Erblasser verstorben, so sind seine Erben verpflichtet, aus ihrem Erbanteil den Vorausempfang auszugleichen (ÄB 6:6).