Rz. 130

Eine Ehe kann nach schwedischem Recht nur durch Tod oder Scheidung aufgelöst werden (ÄktB 1:5). Eine andere Form der Auflösung gibt es nicht. Auch wenn es sich z.B. herausstellt, dass einer der Partner noch verheiratet war, bedeutet dies nicht die automatische Ungültigkeit der neuen Ehe – aber natürlich gibt dies die Möglichkeit der Scheidung.[104]

Die heute geltenden gesetzlichen Bestimmungen über die Scheidung befinden sich im 3. Kapitel des Ehegesetzbuches. Sie bauen auf dem Gedanken auf, dass der Wille eines Ehegatten, die Ehe aufzulösen, respektiert werden muss. Eine Begründung für den Scheidungsantrag müsse nicht gegeben werden. Der Gesetzgeber möchte aber erreichen, dass ein Scheidungsbegehren nicht übereilt gestellt wird; insbesondere wenn minderjährige Kinder vorhanden sind.

 

Rz. 131

Sind sich die Parteien einig und hat keiner der Ehegatten das Sorgerecht für Kinder unter 16 Jahren, die bei ihm wohnen, kann die Ehe sofort geschieden werden.[105] Wenn die Eheleute sich einig sind, können sie gemeinsam die Scheidung beim zuständigen tingsrätt beantragen. Hierzu wird von den Gerichten ein Scheidungsformular bereitgehalten (abrufbar im Internet[106]), das die Ehegatten zur gemeinsamen Beantragung der Ehescheidung verwenden können.

 

Rz. 132

Ist bei einer Eheschließung ein zwingendes Ehehindernis (z.B. Verbot der Bigamie, Minderjährigkeit von Ehegatten) nicht beachtet worden bzw. ist die Ehe unter Zwang zustande gekommen oder wurde gegen das Verbot der Eheschließung zwischen Verwandten der auf- und absteigenden Linie und zwischen Geschwistern verstoßen, so hat jeder Ehegatte das Recht auf sofortige Ehescheidung (ohne Einhaltung einer Überlegungszeit). In diesen Fällen kann ein Ehescheidungsprozess – ggf. auch gegen den Willen der Eheleute – ebenfalls von einem Staatsanwalt initiiert werden (ÄktB 5:5 Abs. 3).

 

Rz. 133

Will nur ein Ehegatte die Scheidung, muss er auf dem Klageweg die Scheidung beantragen (ÄktB 5:2 und 14:4). Dem Antrag auf Scheidung ist ein Auszug aus dem Melderegister, von der Steuerbehörde des Wohnsitzes, an dem einer der Eheleute oder beide gemeldet sind, beizufügen. Anwaltszwang besteht nicht.

 

Rz. 134

Der Scheidungsantrag ist beim tingsrätt einzureichen, bei dem der eine der Ehegatten seinen Wohnsitz (hemvist) hat. Hat keiner der Eheleute seinen Wohnsitz in Schweden, ist das tingsrätt in Stockholm zuständig. Ist der Aufenthaltsort eines Ehepartners unbekannt oder hält dieser sich im Ausland auf und kann ihm dort die Klage oder andere Schriftstücke nicht zugestellt werden oder unterlässt er es, einen Vertreter im Verfahren für sich zu bestellen, so kann ein Treuhänder (god man) für ihn im Verfahren über die Ehescheidung vom Gericht bestellt werden (ÄktB 18:1). Für Sorgerechtsverfahren gilt dies nicht und auch nicht, wenn ausländisches Recht angewendet werden muss.[107] Nimmt ein Ehegatte den gestellten Scheidungsantrag zurück, so prüft das Gericht gleichwohl, ob nicht der andere die Scheidung wünscht (ÄktB 14:11).

 

Rz. 135

Das Gesetz sieht bei streitigen Scheidungen eine sog. Überlegungszeit (betänketid) vor, die sechs Monate beträgt. Bei einverständlich beantragter Scheidung sieht das Gesetz die Überlegungszeit von sechs Monaten in nur zwei Fällen vor (ÄktB 5:1):

wenn einer der Ehegatten mit einem eigenen Kind unter 16 Jahren, dessen Sorge ihm übertragen ist, zusammenlebt. Dabei muss es sich nicht um ein gemeinsames Kind handeln. Dies gilt nicht, wenn die Eheleute seit mindestens zwei Jahren schon getrennt leben (ÄktB 5:4);
wenn kein Kind vorhanden ist, aber beide Eheleute eine Überlegungszeit begehren.
 

Rz. 136

Die Überlegungszeit beginnt im Falle des Scheidungsbegehrens beider Ehegatten mit der Einreichung des Antrags durch beide Ehegatten. Fordert nur einer die Scheidung, beginnt sie mit der Zustellung des Antrags an den anderen Ehegatten (ÄktB 5:3). Eine Güteverhandlung schreibt das Gesetz nicht vor. Nach schwedischem Recht ist es nicht erforderlich, dass die Eheleute während der Überlegungszeit getrennt leben.[108]

 

Rz. 137

Auf Antrag eines Ehegatten kann das Gericht anordnen, dass es den Eheleuten verboten ist, sich bis zur Rechtskraft des Urteils zu besuchen (ÄktB 14:7). Auch sind interimistische Beschlüsse möglich über die Frage, wer einstweilen in der gemeinsamen Wohnung verbleiben kann, zu Fragen des Unterhalts bis zur Scheidung und bezüglich der Sorge und des Unterhalts für die Kinder. Bei Einschaltung und mit Genehmigung der Sozialbehörde können die meisten Folgesachen einvernehmlich auch außergerichtlich durch behördlich administrierten Vertrag gelöst werden. Ein solcher Vertrag ist dann einem gerichtlichen Titel gleich.[109]

 

Rz. 138

Eine sofortige Scheidung erfolgt bei den auflösenden Ehehindernissen jedoch nur auf Antrag eines Ehegatten oder ggf. des Staatsanwalts (ÄktB 5:5), so z.B. wenn einer der Ehegatten noch in einer früheren Ehe verheiratet oder ein registrierter Partner ist.

 

Rz. 139

Nachdem mindestens sechs Monate verstrichen sind, soll das Scheidungsurteil verkündet wer...

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