Prof. Dr. Stephan Wolf, Bettina Spichiger
a) Vermögen und Schulden
Rz. 26
Bei der Gütergemeinschaft ist zwischen dem Eigengut jedes Ehegatten und dem Gesamtgut zu unterscheiden. Während das Eigengut – wie bei der Errungenschaftsbeteiligung – Eigentum des jeweiligen Ehegatten bleibt, gehört das Gesamtgut als eheliches Vermögen beiden Ehegatten ungeteilt (Art. 222 Abs. 2 ZGB) und zwar zu Gesamteigentum i.S.v. Art. 652 ff. ZGB. Der Umfang des Gesamtguts hängt davon ab, welches Modell der Gütergemeinschaft die Ehegatten gewählt haben. Mangels anderslautender Regelung umfasst das Eigengut gem. Art. 225 Abs. 2 ZGB lediglich die Gegenstände zum ausschließlichen persönlichen Gebrauch eines Ehegatten und die Genugtuungsansprüche. Hinzu kommen Zuwendungen Dritter in das Eigengut (Art. 225 Abs. 1 ZGB) sowie Ersatzanschaffungen für Eigengut. Bleibt unbewiesen, ob ein Vermögenswert zum Gesamtgut oder zum Eigengut eines Ehegatten gehört, wird Gesamtgut vermutet (Art. 226 ZGB).
Rz. 27
Bei der Haftung der Ehegatten gegenüber Dritten ist zwischen Voll- und Eigenschulden zu unterscheiden. Vollschulden entstehen in den von Art. 233 ZGB abschließend umschriebenen Tatbeständen; sie führen zur Haftung des Schuldnerehegatten mit seinem Eigengut und dem Gesamtgut. Für alle anderen Schulden haftet ein Ehegatte grundsätzlich nur mit seinem Eigengut und der wertmäßigen Hälfte des Gesamtguts (Art. 234 ZGB). Wie die Schulden bei Auflösung des Güterstandes unter den Ehegatten bzw. zwischen den Eigengütern und dem Gesamtgut aufzuteilen sind, ergibt sich aus Art. 238 Abs. 2 ZGB. Danach belastet eine Schuld diejenige Vermögensmasse, mit welcher sie zusammenhängt, im Zweifel aber das Gesamtgut.
b) Verwaltung, Nutzung und Verfügung
Rz. 28
Über das jeweilige Eigengut besteht innerhalb der gesetzlichen Schranken eine alleinige Verwaltungs-, Nutzungs- und Verfügungskompetenz jedes Ehegatten (Art. 232 Abs. 1 ZGB; siehe hierzu Rdn 24). Das Gesamtgut dagegen ist im Interesse der ehelichen Gemeinschaft zu verwalten (Art. 227 Abs. 1 ZGB). In den Schranken der ordentlichen Verwaltung kann jeder Ehegatte die Gemeinschaft verpflichten und über das Gesamtgut verfügen. Außerhalb dieser Schranken müssen die Ehegatten entweder gemeinsam oder der eine mit Zustimmung des anderen tätig werden (Art. 227 Abs. 2, Art. 228 ZGB). Zur ordentlichen Verwaltung gehört jede notwendige und zweckmäßige Handlung, sofern sie von untergeordneter Bedeutung ist. Eine weiterreichende Verwaltungsbefugnis sieht Art. 229 ZGB für denjenigen Ehegatten vor, der mit Gesamtgutmitteln einen Beruf ausübt oder ein Gewerbe betreibt. Überschreitet ein Ehegatte seine Verwaltungsbefugnis und wird der Dritte nicht – gestützt auf Art. 228 Abs. 2 ZGB oder aufgrund der sachenrechtlichen Bestimmungen – in seinem guten Glauben geschützt, ist das Verfügungsgeschäft unwirksam oder es entsteht eine Eigenschuld.
c) Auflösung des Güterstandes
Rz. 29
Die güterrechtliche Auseinandersetzung erfolgt grundsätzlich unabhängig vom Grund der Güterstandsauflösung nach denselben Regeln, so dass auf die Ausführungen in Rdn 110 ff. verwiesen werden kann. Der Auflösungsgrund wirkt sich aber wegen der unterschiedlichen Festlegung des Auflösungszeitpunktes (vgl. Art. 236 ZGB) auch auf das zu teilende Substrat aus. Wird die Gütergemeinschaft durch den Tod eines Ehegatten, durch Verschollenerklärung oder die Wahl eines anderen Güterstandes aufgelöst, ist das Gesamtgut hälftig auf die Ehegatten bzw. deren Erben aufzuteilen (Art. 241 Abs. 1 ZGB). Bei Scheidung, Trennung, Ungültigerklärung oder Eintritt der Gütertrennung nimmt demgegenüber jeder Ehegatte vom Gesamtgut zurück, was unter der Errungenschaftsbeteiligung sein Eigengut wäre; lediglich das verbleibende Gesamtgut wird hälftig geteilt (Art. 242 ZGB). In diesen Fällen wird die Gütergemeinschaft somit von Gesetzes wegen zur Errungenschaftsgemeinschaft. Schließlich ergeben sich auch Unterschiede bei der Durchführung der Teilung (siehe im Einzelnen Rdn 110 ff.).