Alex Schindler, Gian Andri Töndury
Rz. 87
Das wichtigste Vermögensrecht ist das Recht der Gesellschafter auf Dividende, d.h. auf die anteilsmäßige Zuweisung des Gewinns. Ausgeschüttet werden dürfen Dividenden jedoch nur aus dem Bilanzgewinn (Art. 798 OR). Der Bilanzgewinn ist der Jahresgewinn unter Berücksichtigung von Gewinn- oder Verlustvorträgen und der Zuweisung an die gesetzlichen und statutarischen Reserven bzw. der Auflösung der hierfür vorgesehenen Reserven (Art. 798 Abs. 2 OR). Mit der am 23.11.2016 beschlossenen Revision des Obligationenrechts werden die Vorschriften über Dividenden, Zwischendividenden, Bauzinsen und Tantiemen aufgehoben. Stattdessen wird auf die Vorschriften des Aktienrechts verwiesen (Art. 798 nOR; diese Gesetzesänderung wird voraussichtlich im Jahr 2022 in Kraft treten).
Rz. 88
Neben den gesetzlichen und statutarischen Reserven können weitere, von der Generalversammlung beschlossene zusätzliche Reserven den Bilanzgewinn und damit die Dividenden schmälern (beschlussmäßige Reserven). Solche beschlussmäßigen Reserven sind zulässig, wenn sie zu Wiederbeschaffungszwecken oder mit Rücksicht auf das dauernde Gedeihen der GmbH oder der Ausrichtung einer möglichst gleichmäßigen Dividende notwendig sind (Art. 801 i.V.m. Art. 674 OR). Damit wird der Gesellschafterversammlung im Ergebnis ein großes Ermessen bei der Festsetzung der Dividenden eingeräumt, welches das Recht des Gesellschafters auf Dividende erheblich einschränkt und seine Grenze nur im offensichtlichen Rechtsmissbrauch findet.
Rz. 89
Die Dividenden sind im Verhältnis des Nennwerts der Stammanteile festzusetzen. Wenn Nachschüsse geleistet wurden, so ist deren Betrag für die Bemessung der Dividenden dem Nennwert zuzurechnen (Art. 798 Abs. 3 OR). Die Statuten können von dieser Regel abweichen und vorsehen, dass die Dividenden unabhängig vom Kapitaleinsatz berechnet werden. Solche abweichenden Regeln finden beispielsweise Anwendung, wenn ein Gesellschafter vor allem seine Arbeitsleistung in das Unternehmen einbringt. Diese Regelung wird aufgrund der Revision des Obligationenrechts von 2016 voraussichtlich im Jahr 2022 aufgehoben.
Der Dividendenbeschluss erfolgt durch die Gesellschafterversammlung (Art. 804 Abs. 2 Ziff. 5 OR). Er verschafft den Gesellschaftern eine obligatorische Forderung gegenüber der Gesellschaft.
Rz. 90
Neben den Dividenden ist auch die Ausrichtung von sog. Bauzinsen zulässig. Bauzinsen sind Zinsen, welche im noch nicht profitablen Anfangsstadium des Unternehmensaufbaus ausnahmsweise auf dem Stammkapital ausbezahlt werden dürfen. Diese Regelung stellt eine Ausnahmebestimmung zum grundsätzlichen Verbot von Zinszahlungen auf dem Stammkapital dar und ist nur in engen Grenzen zulässig (Art. 676 OR, aufgrund der Revision des Obligationenrechts von 2016 voraussichtlich ab dem Jahr 2022 Art. 798 nOR i.V.m. Art. 676 Abs. 1 OR). Bauzinse haben in der Praxis nur eine geringe Bedeutung.
Rz. 91
Ein weiteres Vermögensrecht ist schließlich das Bezugsrecht der Gesellschafter bei der Kapitalerhöhung. Das Bezugsrecht kann nur im Rahmen des Kapitalerhöhungsbeschlusses mit derselben qualifizierten Mehrheit beschränkt werden, wenn wichtige Gründe vorliegen und niemand in unsachlicher Weise begünstigt oder benachteiligt wird (siehe hierzu Rdn 63).
Rz. 92
Schließlich steht dem Gesellschafter das Recht auf einen anteilsmäßigen Liquidationserlös bei Auflösung der Gesellschaft zu.
Rz. 93
Weitere vermögensrechtliche Ansprüche, wie beispielsweise ein Mitbenutzungsrecht gesellschaftseigener Anlagen, können sich aus den Statuten ergeben.