Prof. Dr. Stephan Wolf, Bettina Spichiger
I. Güterrecht
1. Überblick über die Güterstände
Rz. 17
Das ZGB kennt drei Güterstände: die Errungenschaftsbeteiligung (Art. 196–220 ZGB), die Gütergemeinschaft (Art. 221–246 ZGB) und die Gütertrennung (Art. 247–251 ZGB). Für die güterrechtliche Zuordnung von Beteiligungen an Gesellschaften bestehen grundsätzlich keinerlei Sonderregeln.
Rz. 18
Gemäß Art. 181 ZGB unterstehen die Ehegatten dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, sofern sie nicht mittels Ehevertrages (siehe Rdn 54 ff.) etwas anderes vereinbart haben und auch der außerordentliche Güterstand der Gütertrennung nicht eingetreten ist.
Rz. 19
Die Gütertrennung beruht entweder auf vertraglicher Grundlage oder tritt beim Vorliegen außerordentlicher Umstände von Gesetzes wegen (Art. 118 Abs. 1 und Art. 188 ZGB) oder auf gerichtliche Anordnung hin (Art. 176 Abs. 1 Ziff. 3, Art. 185 und Art. 189 ZGB; vgl. auch Art. 276 ZPO) ein. Der materielle Gehalt der Gütertrennung ist dabei immer derselbe, unabhängig von deren Eigenschaft als vertraglicher oder als außerordentlicher Güterstand. Lediglich die Modalitäten der Aufhebung sind unterschiedlich geregelt.
Rz. 20
Die Gütergemeinschaft ist demgegenüber ausschließlich vertraglicher Güterstand.
Rz. 21
Über die vom geltenden ZGB vorgesehenen Güterstände hinaus können übergangsrechtlich auch die Güterstände des ZGB von 1907 anwendbar sein.
2. Errungenschaftsbeteiligung
a) Vermögen und Schulden
Rz. 22
Die Errungenschaftsbeteiligung kennt kein eheliches Vermögen. Das voreheliche Vermögen verbleibt wie das während der Dauer des Güterstandes anfallende Vermögen dem jeweiligen Ehegatten und wird entweder seiner Errungenschaft (Art. 197 ZGB) oder seinem Eigengut (Art. 198 f. ZGB) zugeordnet. Die ins Eigengut fallenden Vermögenswerte ergeben sich aus der abschließenden gesetzlichen Umschreibung in Art. 198 ZGB. Alle anderen Vermögensobjekte sind – vorbehaltlich einer ehevertraglichen Ausweitung des Eigenguts (vgl. Art. 199 ZGB; siehe hierzu Rdn 56) – als Errungenschaft zu qualifizieren. Die Errungenschaft erfasst sämtliche, während der Dauer des Güterstandes entgeltlich erworbenen Vermögenswerte; die Aufzählung in Art. 197 Abs. 2 ZGB hat lediglich beispielhaften Charakter. Bleibt zwischen den Ehegatten oder im Verhältnis eines Ehegatten zu einem Dritten unbewiesen, ob ein Vermögensgegenstand zum Mannes- oder zum Frauengut gehört, wird gem. Art. 200 Abs. 2 ZGB Miteigentum beider Ehegatten angenommen. Kann lediglich über die Massenzuordnung eines Vermögenswerts innerhalb des Frauen- oder Mannesguts kein rechtsgenüglicher Beweis erbracht werden, statuiert Art. 200 Abs. 3 ZGB eine Vermutung zugunsten der Errungenschaft.
Rz. 23
Durch die Errungenschaftsbeteiligung werden keine gemeinschaftlichen Schulden der Ehegatten begründet. Vielmehr haftet jeder Ehegatte für seine vor oder während der Ehe eingegangenen Verbindlichkeiten alleine und mit seinem gesamten Vermögen (vgl. Art. 202 ZGB). Eine Schuld belastet diejenige Vermögensmasse, mit welcher sie sachlich zusammenhängt, im Zweifel aber die Errungenschaft (Art. 209 Abs. 2 ZGB). Für die Bestimmung des engsten sachlichen Zusammenhangs sind Entstehungsgrund und -zeitpunkt sowie Zweck und Inhalt der Schuld maßgebend.