Rz. 89
Anders als das Testament bewirkt der Erbvertrag als zweiseitiges Rechtsgeschäft eine Bindung des Erblassers schon zu Lebzeiten.[115] Eine Aufhebung der Bindung ist durch contrarius actus der Vertragsparteien in der Form der einfachen Schriftlichkeit möglich (Art. 513 Abs. 1 ZGB).[116] Beim Vorliegen eines Willensmangels (Art. 469 ZGB), eines Enterbungsgrundes (Art. 513 Abs. 2 i.V.m. Art. 477 ZGB) oder bei Säumnis in der Erbringung einer Gegenleistung (Art. 514 ZGB) sieht das Gesetz sodann die Möglichkeit der einseitigen Aufhebung des Erbvertrages vor.[117]
Rz. 90
In der Praxis ist der Erbvertrag häufig als kombinierter "Ehe- und Erbvertrag" zwischen Ehegatten oder in der Form des Erbauskaufes – im Zuge dessen der Vertragspartner des Erblassers beim Erbgang außer Betracht fällt – anzutreffen.[118]
Rz. 91
Namentlich aus der Sicht des Erblassers ist sodann die Erbverpfründung nach Art. 521 Abs. 2 OR[119] interessant. Bei diesem Vertrag steht die Einsetzung als Erbe oder Vermächtnisnehmer in einem synallagmatischen Verhältnis zur lebenszeitlichen Gewährung von Unterhalt und Pflege durch den Vertragspartner des Erblassers. Die vom Gesetz ausdrücklich vorgesehene Erbzuwendung an einen am Vertragsschluss nicht beteiligten Dritten schließlich kommt vor allem dann vor, wenn Großeltern ihre Enkel als Erben einsetzen wollen.[120]
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