Alex Schindler, Gian Andri Töndury
aa) Einberufungsrecht
Rz. 95
Gesellschafter, die zusammen mindestens 10 % des Stammkapitals vertreten, können unter schriftlicher Angabe des Zweckes die Einberufung der Gesellschafterversammlung verlangen (Art. 805 Abs. 5 Ziff. 2 i.V.m. Art. 699 f. OR).
bb) Einsichts- und Auskunftsrecht
Rz. 96
Ohne abweichende statutarische Regelung steht die Geschäftsführung allen Gesellschaftern zu. Die Gesellschafter haben somit aufgrund ihrer Stellung als Geschäftsführer umfassende Einsichtsrechte. Wird jedoch aufgrund der Statuten die Geschäftsführung an einzelne Geschäftsführer oder Dritte abgetreten, so besteht ein umfassendes Einsichts- und Auskunftsrecht der Gesellschafter, sofern die Gesellschaft keine Revisionsstelle hat (Art. 802 Abs. 2 OR). Unterliegt die Gesellschaft hingegen der Revision, so haben die nicht geschäftsführenden Gesellschafter ein Auskunftsrecht (Art. 802 Abs. 1 OR). Ein Einsichtsrecht besteht nur, soweit ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (Art. 802 Abs. 2 OR).
Besteht die Gefahr, dass ein Gesellschafter die erlangten Kenntnisse zum Schaden der Gesellschaft für gesellschaftsfremde Zwecke verwendet, darf die Auskunft bzw. die Einsichtnahme insoweit verweigert werden, als dies erforderlich ist. Verweigern die Geschäftsführer die Auskunft bzw. Einsicht, hat sich der Gesellschafter an die Gesellschafterversammlung zu wenden, welche in der Folge über die Erteilung/Nichterteilung der Auskunft bzw. Gewährung/Nichtgewährung der Einsicht zu entscheiden hat (Art. 802 Abs. 3 OR). Sollte die Gesellschafterversammlung die Auskunft oder Einsicht ungerechtfertigterweise verweigern, so muss der Gesellschafter zur Durchsetzung seines Anspruchs den Richter anrufen (Art. 802 Abs. 4 OR).
cc) Anfechtungsrecht
Rz. 97
Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, welche die gesetzlichen oder statutarischen Vorschriften verletzen, in unsachlicher Weise die Rechte der Gesellschafter entziehen oder beschränken, welche die Gesellschafter ungleich behandeln oder welche die Gewinnstrebigkeit der Gesellschaft ohne Zustimmung sämtlicher Gesellschafter aufheben, können von den Gesellschaftern angefochten werden (Art. 808c i.V.m. 706 f. OR).
Rz. 98
Gesellschafterbeschlüsse, welche schwere Verstöße gegen das geschriebene oder ungeschriebene Recht darstellen, insbesondere Beschlüsse, die das Recht auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung, das Mindeststimmrecht oder andere vom Gesetz zwingend gewährte Rechte der Gesellschafter entziehen oder beschränken oder die Grundstrukturen der GmbH missachten oder die Bestimmungen zum Kapitalschutz verletzen, sind nichtig.
dd) Austrittsrecht
Rz. 99
Jedem Gesellschafter steht es frei, bei Vorliegen wichtiger Gründe beim Gericht auf Bewilligung des Austritts zu klagen (Art. 822 Abs. 1 OR). Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn die wesentlichen Voraussetzungen persönlicher und sachlicher Natur, unter denen der Gesellschaftsvertrag eingegangen wurde, nicht mehr vorhanden sind, so dass die Erreichung des Gesellschaftszweckes verunmöglicht, wesentlich erschwert oder gefährdet ist und die Fortsetzung der Gesellschaft dem Gesellschafter nicht mehr zugemutet werden kann. Der Gesellschafter hat dabei Anspruch auf eine Abfindung, die dem wirklichen Wert seiner Stammanteile entspricht (Art. 825 OR).
Rz. 100
Falls andere Gesellschafter innerhalb von drei Monaten nach Zugang dieser Mitteilung ebenfalls auf Austritt aus wichtigem Grund klagen oder ein statutarisches Austrittsrecht ausüben, sind alle austretenden Gesellschafter im Verhältnis des Nennwertes ihrer Stammanteile gleich zu behandeln. Dies ist insbesondere in Bezug auf eine Abfindung bedeutsam. Wurden Nachschüsse geleistet, so ist deren Betrag dem Nennwert zuzurechnen (Art. 822a OR).
Rz. 101
Die Statuten können den Gesellschaftern zudem ein Recht auf Austritt einräumen und dieses von bestimmten Bedingungen abhängig machen (Art. 822 Abs. 2 OR). In diesem Fall können die Statuten die Abfindung abweichend regeln. Jedoch darf die Abfindung nicht willkürlich bemessen oder ausgeschlossen sein bzw. derart beschränkt werden, dass das Austrittsrecht faktisch nicht besteht.
ee) Verantwortlichkeitsansprüche
Rz. 102
Die Personen, welche die Verwaltung der Gesellschaft besorgen, sind für den Schaden verantwortlich, den sie durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung ihrer Pflichten verursachen (Art. 827 i.V.m. Art. 754 OR).
ff) Auflösungsrecht
Rz. 103
Die Gesellschafterversammlung kann die Auflösung der Gesellschaft beschließen (Art. 821 Ziff. 2 OR), wobei der Beschluss mindestens zwei Drittel der vertretenen Stimmen sowie die absolute Mehrheit des gesamten Stammkapitals auf sich vereinigen muss, mit dem ein ausübbares Stimmrecht verbunden ist (Art. 821 Abs. 1 Ziff. 2 i.V.m. Art. 808b Abs. 1 Ziff. 11 OR).
Des Weiteren kann ein einzelner Gesellschafter, unabhängig von seinem Stammanteil, bei Vorliegen von wichtigen Gründen die Auflösung der GmbH durch richterliches Urteil erzwingen (Art. 821 Abs. 3 OR).