Rz. 24

Hinsichtlich der Form von letztwilligen Verfügungen erklärt das IPRG das Haager Testamentsübereinkommen[39] für anwendbar (Art. 93 Abs. 1 IPRG). Das Haager Testamentsübereinkommen gilt gem. Art. 93 Abs. 2 IPRG sinngemäß auch für die Form von Erbverträgen. Damit entspricht die Rechtslage nach schweizerischem IPR in Bezug auf die Formfrage weitgehend derjenigen unter der EuErbVO (vgl. insb. Art. 75 Abs. 1 Unterabs. 2 sowie Art. 27 EuErbVO).

 

Rz. 25

Gültigkeitsvoraussetzungen und Wirkungen eines Erbvertrages, der nur eine Partei als Erblasser verpflichtet, unterstehen grundsätzlich dem Recht am Wohnsitz des Erblassers zur Zeit des Vertragsabschlusses (Art. 95 Abs. 1 IPRG). Ein späterer Wohnsitzwechsel ist unbeachtlich.[40] Der Erblasser kann im Erbvertrag aber auch eine Rechtswahl zugunsten seines Heimatrechts treffen, indem er den ganzen Nachlass seinem Heimatrecht unterstellt (Art. 95 Abs. 2 IPRG).[41]

 

Rz. 26

Gegenseitige Verfügungen von Todes wegen, die den Nachlass mehrerer Personen betreffen (einschließlich Erbverträge sowie gemeinschaftliche und korrespektive Testamente[42]) müssen dem Wohnsitzrecht jedes Verfügenden entsprechen. Für die Bindungswirkung ist also die kumulative Zulässigkeit nach beiden Statuten erforderlich, wobei wiederum auf den Verfügungszeitpunkt abgestellt wird.[43] Alternativ können die Parteien die Verfügung ihrem gemeinsamen Heimatrecht unterstellen (Art. 95 Abs. 3 IPRG).[44] Indem Art. 95 Abs. 3 IPRG die Unterstellung unter das gemeinsame Heimatrecht der Verfügenden gestattet, wird implizit die Gültigkeit von gemeinschaftlichen und korrespektiven Testamenten anerkannt, die im Schweizer Recht problematisch sind.[45]

 

Rz. 27

In Bezug auf die Frage der Verfügungsfähigkeit sieht Art. 94 IPRG in favorem actus drei alternative Anknüpfungen vor. Danach kann eine Person von Todes wegen verfügen, wenn sie im Zeitpunkt der Verfügung nach dem Recht am Wohnsitz oder am gewöhnlichen Aufenthalt oder nach dem Rechte eines ihrer Heimatstaaten verfügungsfähig ist.

 

Rz. 28

Im Rahmen der geplanten IPRG-Revision sollen Art. 94 IPRG (anwendbares Recht in Bezug auf die Verfügungsfähigkeit) und Art. 95 IPRG (anwendbares Recht in Bezug auf Erbverträge und gegenseitige Verfügungen von Todes wegen) eine grundlegende Überarbeitung erfahren und den entsprechenden Bestimmungen der EuErbVO (Art. 2426 EuErbVO) weitgehend angeglichen werden.[46]

[39] Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anwendbare Recht (SR 0.211.312.1).
[40] Für das schweizerische IPR BGE 138 III 489 ff. E. 3.
[41] Dabei handelt es sich um eine Rechtswahlvereinbarung, nicht um eine professio iuris strictu sensu; vgl. Heini, ZK-IPRG, Art. 95 IPRG Rn 5.
[42] Vgl. dazu Rdn 88.
[43] Heini, ZK-IPRG, Art. 95 IPRG Rn 8; Schnyder/Liatowitsch, BSK-IPRG, Art. 95 IPRG Rn 5.
[44] Zur Auslegung von Art. 95 Abs. 3 IPRG vgl. BGE 138 III 489 ff. E. 3; nach h.L. ist Art. 95 Abs. 1 und 3 IPRG als Gesamtnormverweisung zu verstehen, so dass die Kollisionsnormen des Wohnsitzrechts des Erblassers berücksichtigt werden müssen, vgl. Heini, ZK-IPRG, Art. 95 IPRG Rn 10.
[45] Vgl. dazu Rdn 88.
[46] Bonomi, S. 170.

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