Prof. Dr. Stephan Wolf, Andrea Dorjee-Good
Rz. 33
Die für die erbrechtliche Auseinandersetzung zuständigen Schweizer Gerichte und Behörden befassen sich im Falle des Todes eines verheirateten Erblassers grundsätzlich auch mit der güterrechtlichen Auseinandersetzung (Art. 51 Abs. 1 lit. a nIPRG i.V.m. Art. 65a ff. IPRG)., Aus Schweizer Sicht ist die güterrechtliche Auseinandersetzung der erbrechtlichen Auseinandersetzung vorgelagert, d.h. beim Tod einer verheirateten Person ist zunächst die güterrechtliche Auseinandersetzung vorzunehmen, woraus sich der Nachlass ergibt, der alsdann den Gegenstand der Erbteilung bildet. Entsprechend ist es unerlässlich, im Rahmen der Nachlassplanung jeweils auch die güterrechtlichen Aspekte zu berücksichtigen.
Die nachfolgenden Ausführungen zum Güterrecht gelten sinngemäß für die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare (Art. 65a IPRG). Kennt das anwendbare Recht keine Regeln über die eingetragene Partnerschaft, so ist dessen Eherecht anwendbar (Art. 65c IPRG).
Rz. 34
Die güterrechtlichen Verhältnisse unterstehen grundsätzlich dem von den Ehegatten gewählten Recht (Art. 52 Abs. 1 IPRG). Die Rechtswahlmöglichkeiten sind gesetzlich allerdings beschränkt auf das gemeinsame gegenwärtige oder zukünftige Wohnsitzrecht (Art. 52 Abs. 2 lit. a IPRG), das Recht des Ortes der Eheschließung (lit. b) und das Heimatrecht eines jeden Ehegatten (lit. c). Art. 53 Abs. 1 IPRG verlangt für die Gültigkeit der Rechtswahl die Schriftform. Vorbehältlich der Formfrage untersteht die Gültigkeit der Rechtswahl den Bestimmungen der gewählten Rechtsordnung. Die Rechtswahl kann jederzeit getroffen oder geändert werden und wirkt mangels gegenteiliger Anordnung der Ehegatten auf den Zeitpunkt der Eheschließung zurück.
Rz. 35
Bei Fehlen einer Rechtswahl unterstehen die güterrechtlichen Verhältnisse im Sinne einer "Anknüpfungsleiter" dem Recht desjenigen Staates, in dem die Ehegatten beide gleichzeitig ihren Wohnsitz haben bzw. ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz hatten, und subsidiär ihrem gemeinsamen Heimatrecht (Art. 54 Abs. 1 und 2 IPRG). Für den seltenen Fall, dass die Ehegatten nie gleichzeitig Wohnsitz im gleichen Staat hatten und auch über keine gemeinsame Staatsangehörigkeit verfügen, gilt die Gütertrennung des schweizerischen Rechts (Art. 54 Abs. 3 IPRG). Art. 55 Abs. 1 IPRG statuiert sodann die Wandelbarkeit des Güterrechtsstatuts, indem beim Wechsel des Wohnsitzes das Recht des neuen Staates rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eheschließung anwendbar ist. Die Ehegatten können aber schriftlich die Rückwirkung ausschließen (Art. 55 Abs. 1 IPRG). Haben die Ehegatten einen Ehevertrag abgeschlossen, bleibt für einen Statutenwechsel kein Raum (Art. 55 Abs. 2 IPRG); das Gleiche gilt, wenn die Ehegatten die Weitergeltung des früheren Rechts schriftlich vereinbart haben (Art. 55 Abs. 2 IPRG).