Rz. 152
Das ZGB enthält keinen thematischen Abschnitt über die eheähnliche Lebensgemeinschaft und auch punktuelle Vorschriften sind nur vereinzelt anzutreffen.[238] Dank der durch Richterrecht (vgl. Art. 1 Abs. 2 ZGB) geschaffenen Regeln steht das Zusammenleben von Paaren außerhalb der Ehe aber nicht generell im rechtsfreien Raum. Nach der früheren Rspr. des Bundesgerichts ist unter einem Konkubinat eine auf Dauer oder jedenfalls auf längere Zeit ausgerichtete, umfassende Lebensgemeinschaft von zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts mit grundsätzlichem Ausschließlichkeitscharakter zu verstehen. Diese Lebensgemeinschaft enthält eine geistig-seelische, eine körperliche sowie eine wirtschaftliche Komponente und wird deshalb auch als Wohn-, Tisch- und Bettgemeinschaft umschrieben. Die einzelnen Aspekte des Zusammenlebens haben aber insofern keinen absoluten Charakter, als in jedem Einzelfall eine Würdigung der gesamten Umstände des Zusammenlebens vorzunehmen ist. Leben die Partner in einer festen und ausschließlichen Zweierbeziehung und leisten sie einander Treue und umfassenden Beistand, bejaht das Bundesgericht das Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft denn auch beim Fehlen der Geschlechtsgemeinschaft oder der wirtschaftlichen Komponente.[239] Aufgrund der gewandelten gesellschaftlichen Verhältnisse in Bezug auf die unterschiedlichen Formen des Zusammenlebens und wegen des in der Bundesverfassung statuierten Diskriminierungsverbots (Art. 8 Abs. 2 BV) wird von der Lehre zunehmend eine Ausweitung des Begriffs des Konkubinats im engeren Sinne auf gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften postuliert. Dieser Forderung scheint das Bundesgericht in seiner neuesten Rspr. nachzukommen.[240] De lege lata sind gleichgeschlechtliche Paare denn auch regelmäßig denselben Rechtsregeln unterworfen wie heterosexuelle Konkubinate.[241]
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