Rz. 169

Der Konkurs einer GmbH kann infolge Überschuldung, durch Insolvenzerklärung sowie nach vorgängiger Betreibung eintreten. Im Zusammenhang mit allfälligen Nachschusspflichten ist hier zu erwähnen, dass mit Eintritt des Konkurses ausstehende Nachschüsse fällig werden (Art. 795a Abs. 3 OR). Bestehen statutarische Nachschusspflichten, so haften austretende Gesellschafter während drei Jahren weiter und müssen daher grundsätzlich ihren Pflichten auch dann nachkommen, wenn die Gesellschaft während dieser Frist in Konkurs fällt (Art. 795d OR).

1. Überschuldung

 

Rz. 170

Zeigt die letzte Jahresbilanz, dass die Hälfte des Stammkapitals und der gesetzlichen Reserven nicht mehr durch genügende Aktiven gedeckt ist (sog. Kapitalverlust) oder eine Überschuldung (das Fremdkapital ist nicht mehr durch genügende Aktiven gedeckt, d.h. die Schulden können nicht mehr aus Gesellschaftsaktiven bezahlt werden) vorliegt, so muss die Geschäftsführung unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einberufen und Sanierungsmaßnahmen beantragen (Art. 820 Abs. 1 OR i.V.m. Art. 725 OR). Falls begründete Besorgnis einer Überschuldung besteht, muss eine Zwischenbilanz erstellt werden. Die Zwischenbilanz wird zu Fortführungs- und zu Veräußerungswerten oder Liquidationswerten erstellt. Die Zwischenbilanz ist durch die Revisionsstelle zu prüfen. Hat die Gesellschaft keine Revisionsstelle eingesetzt, so erfolgt die Prüfung durch einen zu diesem Zweck eingesetzten zugelassenen Revisor. Liegt gemäß Zwischenbilanz tatsächlich eine Überschuldung vor, müssen die Geschäftsführer umgehend den Richter benachrichtigen, sofern kein rechtsgültiger Rangrücktritt von Gesellschaftsgläubigern mindestens in der Höhe der Überschuldung vorliegt oder konkrete Aussichten auf eine Sanierung der Gesellschaft bestehen (Art. 820 Abs. 1 OR i.V.m. Art. 725 Abs. 2 OR). Bestehen statutarische Nachschusspflichten, so können diese – im Sinne einer Sanierungsmaßnahme – abgerufen werden und es kann, falls die Überschuldung dadurch beseitigt wird, ebenfalls von der Benachrichtigung des Richters abgesehen werden. Wird der Richter in Zusammenhang mit einer Überschuldung angerufen, kann der Konkurs ohne vorgängige Betreibung eröffnet werden (Art. 192 SchKG).

 

Rz. 171

Mit der Revision des Obligationenrechts von 2016 werden die Vorschriften zu Kapitalverlust und Überschuldung erneuert. Diese neuen Bestimmungen treten voraussichtlich im Jahr 2022 in Kraft:

Droht die Gesellschaft zahlungsunfähig zu werden, muss die Geschäftsführung die notwendigen Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit und, soweit erforderlich, weitere Sanierungsmassnahmen treffen oder der Gesellschafterversammlung zu beantragen. Nötigenfalls ist ein Gesuch um Nachlassstundung einzureichen (Art. 820 i.V.m. Art. 725 Abs. 2 nOR). Zeigt die letzte Jahresrechnung, dass die Aktiven nach Abzug der Verbindlichkeiten die Hälfte der Summe aus Aktienkapital, Kapitalreserve und gesetzlicher Gewinnreserve nicht mehr decken (sog. Kapitalverlust), so hat die Geschäftsführung die notwendigen Massnahmem zur Beseitigung des Kapitalverlusts und, soweit erforderlich, weitere Sanierungsmassnahmen zu treffen oder der Gesellschafterversammlung zu beantragen. Soweit keine Revisionsstelle besteht, muss die letzte Jahresrechnung vor ihrer Genehmigung einer eingeschränkten Revision unterzogen werden (Art. 820 i.V.m. Art. 725a Abs. 1 und 2 nOR). Besteht begründete Besorgnis einer Überschuldung, ist ein Zwischenabschluss zu Fortführungs- und Veräusserungswerten zu erstellen. Dieser Abschluss ist durch einen zugelassenen Revisor zu prüfen. Ergibt sich aus dem Zwischenabschluss eine Überschuldung, ist der Richter zu benachrichtigen, wenn die Gesellschaftsgläubiger nicht im Ausmass der Überschuldung im Range zurücktreten und ihre Forderungen stunden oder eine begründete Aussicht besteht, dass die Überschuldung spätestens innert 90 Tage behoben werden kann (Art. 820 i.V.m. Art. 725b nOR).

2. Insolvenzerklärung

 

Rz. 172

Die GmbH kann die Konkurseröffnung selber beantragen, indem sie sich beim Gericht für zahlungsunfähig erklärt (Art. 191 SchKG). Zur Abgabe der Insolvenzerklärung ist jeder vertretungsberechtigte Geschäftsführer berechtigt, sofern die Geschäftsführung nicht von sämtlichen Gesellschaftern ausgeübt wird. Diese Form der Konkurseröffnung kommt in der Praxis weit weniger häufig vor als die Konkurseröffnung infolge Überschuldung.

3. Vorgängige Betreibung

 

Rz. 173

Ist die Gesellschaft mit der Begleichung von Forderungen in Verzug, so steht es jedem Gläubiger frei, die GmbH zu betreiben. Die GmbH unterliegt grundsätzlich der Konkursbetreibung (Generalexekution). Falls es sich um eine pfandgesicherte Forderung handelt, kann auch eine Betreibung auf Pfandverwertung eingeleitet werden (Spezialexekution).

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