Prof. Dr. Stephan Wolf, Andrea Dorjee-Good
1. Einsetzung
Rz. 126
Das Gesetz sieht zur Verwaltung des Nachlasses – welche an sich in erster Linie den Erben zusteht (vgl. Art. 602 Abs. 2 ZGB) – drei mögliche Amtsträger vor:
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den Erbschaftsverwalter, |
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den Erbenvertreter und |
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den Willensvollstrecker. |
Rz. 127
Während der Erbschaftsverwalter in den von Art. 554 ZGB erwähnten Fällen und der – in der Praxis selten anzutreffende – Erbenvertreter gem. Art. 602 Abs. 3 ZGB auf Antrag eines Erben behördlich eingesetzt werden, kann ein Willensvollstrecker als Person seines Vertrauens durch den Erblasser letztwillig bestimmt werden (Art. 517 Abs. 1 ZGB). Soweit ein Willensvollstrecker vorhanden ist, besteht für die Ernennung eines Erbschaftsverwalters oder eines Erbenvertreters grundsätzlich kein Raum, weil deren Aufgaben in den gesetzlichen Kompetenzen des Testamentsvollstreckers bereits enthalten sind.
2. Beginn und Ende des Willensvollstreckeramtes
Rz. 128
Nach dem Tod des Erblassers wird der Willensvollstrecker von der zuständigen Behörde von Amtes wegen über seinen Auftrag in Kenntnis gesetzt, und er hat innerhalb von 14 Tagen Annahme oder Ablehnung des Auftrags zu erklären (Art. 517 Abs. 2 ZGB).
Rz. 129
Die Beendigung des Willensvollstreckeramtes ist gesetzlich nicht geregelt; insbesondere besteht keine zeitliche Schranke für die Dauer der Willensvollstreckung. Ordentlicherweise endet sie ipso iure mit der Erfüllung der übertragenen Aufgaben und der Vorlage der Schlussabrechnung; eine behördliche Entlassung aus dem Amt ist nicht erforderlich. Wenn der Erblasser das Mandat zeitlich befristet oder unter eine Resolutivbedingung gestellt hat, endet es aufgrund der Verfügung von Todes wegen. Von Gesetzes wegen erlischt das Amt mit dem Verlust der Handlungsfähigkeit (Art. 517 Abs. 1 ZGB). Schließlich kann der Willensvollstrecker sein Amt in analoger Anwendung der Bestimmungen des Auftragsrechts (Art. 394 ff. OR) jederzeit und ohne Angabe eines Grundes beenden. Die Erben ihrerseits können das Mandat des Willensvollstreckers nicht kündigen. Sie sind bei gegebenen Voraussetzungen auf die aufsichtsrechtliche Entlassung des Willensvollstreckers verwiesen.
3. Inhalt der Willensvollstreckung
Rz. 130
Der Willensvollstrecker ist gewissermaßen das Verbindungsglied zwischen dem Erblasser und den Erben; so verstanden sind seine Pflichten und Befugnisse auf das Ziel der Überführung des Nachlasses vom einen auf ein anderes bzw. mehrere andere Rechtssubjekt(e) ausgerichtet. Der Willensvollstrecker hat den Willen des Erblassers zu vertreten, die Erbschaft zu verwalten, die Schulden des Erblassers zu bezahlen, die Vermächtnisse auszurichten und die Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen (Art. 518 Abs. 2 ZGB). Es bleibt dem Erblasser unbenommen, die Kompetenzen des Willensvollstreckers anders zu umschreiben. Dabei kann er den Kreis der gesetzlich umschriebenen Aufgaben nicht erweitern, sondern nur einschränken. Die Willensvollstreckung ist ein persönlich auszuführendes Amt. Während der Dauer der Willensvollstreckung ist den Erben das Recht zur Verwaltung des Nachlasses entzogen (vgl. Art. 602 Abs. 2 ZGB). Der Willensvollstrecker hat Anspruch auf eine angemessene Vergütung für seine Tätigkeit (Art. 517 Abs. 3 ZGB).
Rz. 131
Der Willensvollstrecker handelt in fremder Sache zum Zweck der ordnungsgemäßen Durchführung des Erbganges. Dabei hat er nicht allein dem rechtsgültig ausgedrückten Willen des Erblassers zum Durchbruch zu verhelfen, sondern sich auch an die objektiv geltenden Normen zu halten. An Weisungen der Erben ist der Willensvollstrecker grundsätzlich nicht gebunden. Der Willensvollstrecker ist in diesem Sinne nicht Vertreter von Partikularinteressen des Erblassers oder der Erben und es kommt ihm weder im Streit um die Gültigkeit einer Verfügung von Todes wegen (Art. 519 f. ZGB) noch im Rahmen der Herabsetzungs- oder Teilungsklage (Art. 604 ZGB) ...